Samstag, 23. Mai 2020

Jeremia 35 und 36

Ich bin an der Bibel durchlesen. Zur Zeit bin ich im Buch des Propheten Jeremia. Diese zwei Kapitel behandeln die letzten Tage König Zedekias von Juda (dem Südreich) in Jerusalem (1) (2). Es ist kurz vor dem Ende des Südreiches. Das Nordreich Israel gibt es schon nicht mehr.  König Zedekia hiess eigentlich Matanja. Der König von Babel, Nebukadnezar machte ihn zum König (3), nachdem Nebukadnezar Jerusalem erobert hatte und König Jehojachin  geschlagen und alle Obersten und kriegstüchtigen Männer, alle Schlosser und alle Schmiede von Jerusalem nach Babel deportiert hatte. Jehojachin war drei Monate lang König von Jersualem (2. Könige 24,8). Sein Vater hiess Jehojakim und war 11 Jahre König zu Jerusalem. König Jehojakim wurde durch den ägyptischen Pharao Neco eingesetzt. Dabei änderte der Pharao seinen Namen von Eljakim auf Jehojakim (4). Nebukadnezar II  (605-562 v. Chr. König von Babylon) schlug in einer grossen Schlacht bei Karkemisch (s. Jeremia 46,2 und 2. Könige 24,7) den Pharao. Karkemisch liegt am Euphrat und hier zerschlugen sich 605 v. Chr. die Träume des Pharaos über Palästina und Syrien herrschen zu können (5). In der Folge wurde auch König Jehojakim mit Juda für drei Jahre ein Vasall von Babylon. Danach lehnte sich König Jehojakim gegen Nebukadnezar auf. Babylonische Schriften beschreiben den Fall Jerusalems auf den 16. März 597 vor Christus. Daher nimmt die Genfer Studienbibel an, dass Jehojachin im Dezember 598 den Thron bestiegen haben müsste (6).
Das ist der historische Rahmen. Bei all diesen Königen heisst es, dass sie taten, was dem HERRN missfiel. Bei König Jehojakim steht sogar in 2. Könige 24,4: 
"und auch um des unschuldigen Blutes willen, das er vergossen, da er Jerusalem mit unschuldigem Blute erfüllt hatte; darum wollte der HERR nicht vergeben." Laut Vers 3 bestand keine Bereitschaft es zu ändern. In Jeremia 35 und 36 sehen wir hierzu weitere Details.

Konkret Kapitel 35 und 36. Hier einige Gedanken dazu: 

35
Gott schickt Jeremia zu den Rechabitern. Er lud sie ein und tischte ihnen - wie Gott es Jeremia gesagt hatte - Wein auf. Da erklärten die Rechabiter, dass sie keinen Wein trinken und auch nicht in festen Häusern wohnen, sondern ständig als Nomaden auf Wanderschaft sein wollen, weil Ihr Vorfahre einen entsprechenden Schwur für sie alle festgelegt hatte.

Sonderbar, diese Rechabiter. Erstaunlich auch, dass nun Gott die Rechabiter als gutes Beispiel dem Volke Gottes, der Kirche vorstellt. Dabei geht es nicht in erster Linie, an was sie sich so treu festhalten, sondern, dass sie es so treu halten!

"Wollt ihr euch das nicht zur Lehre nehmen, dass ihr meinen Worten gehorchet? spricht der HERR."
(Jeremia 35,13b).

Aber die Kirche Gottes will nicht hören. Und so erwähnt Gott in Vers 17 wieder die Folgen des Ungehorsams, nachdem er den Weg des Segens beschrieben hat.

Verse 18 und 19 spricht Gott einen Segen an Rechabitern aus, das eigentlich den Leitern des Volkes Gottes, dem König und den Priestern, gehören würde. Kapitel 36 zeigt den Irrsinn der Kirche ganz konkret:

36
Im vierten Jahr Jojakims, also im Jahr 605 vor Christus fordert Gott Jeremia auf, alle Worte, die er von Gott gehört hatte, in einer Buchrolle aufzuschreiben. Das war in jenem Jahr, indem zum ersten Mal Nebukadnezar Jerusalem Angriff (7). 
Nebenbei erfährt man, dass Jeremia einen Schreiber hatte. Es ist Baruch. Vermutlich durfte Jeremia nicht mehr in den Tempel, daher sendet er Baruch und lässt diese Buchrolle vorlesen.
Es ist erstaunlich, dass die erste Reaktion auf diese Kritik  an der Kirche positiv aufgenommen wird. Es ist nicht das erste Mal, dass Menschen der Reformation bereit wären, zurück zu den guten Quellen in Gott zu kehren.

Vers 9 beschreibt sogar, dass im fünften Jahre Jojakims, also ein Jahr später, die gesamte Kirche aus Juda zu einem Fasten nach Jerusalem kam. Hier las Baruch "die Reden Jeremias" vor. Michaja geht nun in die Kanzlei hinab und erzählt allen Fürsten davon. Sie werden namentlich aufgeführt, auch der Kanzler.
Sie lassen nun Baruch zu sich kommen. Baruch liest den Fürsten vor: s. Vers 15. 

"Als sie nun alle Reden gehört hatten, sahen sie einander erschrocken an und sprachen zu Baruch: Wir müssen dem König alle diese Reden kundtun." (Jeremia 36,16).

Interessanterweise befehlen sie aber vorher Baruch und Jeremia sich zu verstecken! Das erinnert beinahe etwas an Friedrich dem Weisen, der Martin Luther auf einer Burg vor dem Kaiser versteckte. Die Fürsten mussten geahnt haben, was nun kam. Doch sie traten mannhaft vor den König:

"Und sie gingen in den Hof zum König, nachdem sie die Rolle in der Kanzlei Elisamas, des Kanzlers, niedergelegt hatten, und verkündigten vor den Ohren des Königs alles, was vorgefallen war." (Jeremia 36,20)

Interessant ist, dass immer die Namen genannt werden. Es erinnert mich daran, dass alle meine Taten  im Buch des Lebens aufgeschrieben werden. 

Nun geht der  gleiche Jehudi, der in Vers 14 für die Fürsten den Baruch holen musste, im Auftrag des Königs die Buchrolle holen. Er liest sie dem König und den Fürsten, die bei dem König standen vor (Vers 21). 

In Vers 22 wird die äusserliche Atmosphäre beschrieben: Es ist Winter, d.h. Dezember und der König ist im Winterhaus. Ein Kohlentopf brannte.

Wenn Jehudi drei oder vier Spalten gelesen hatte, schnitt der König mit einem Schreibmesser den Text heraus und warf es ins Feuer des Kohlentopfs. Es ist erstaunlich, wie viel Mühe und Zeit sich der König dafür nimmt. Er hört sich drei bis vier Verse an, schneidet diese Verse heraus und verbrennt sie. Das erinnert ein bisschen an gewisse Theologen. (Und wir alle stehen immer wieder unter der Versuchung, etwas anders hören zu wollen als die Realität und schneiden in unserem Verständnis gewisse Verse aus der Bibel, wenn wir sie nicht verstehen wollen.) Man nutzt kein physisches Schreibmesser, aber ein denkerisches Schreibmesser. Mit guten Fragen gibt man die Antworten, die man gerne in der Bibel lesen würde. Man schneidet mit neuen Dogmen die Worte Gottes heraus und gibt ihnen jenen Sinn, den man für besser hält. Auch vor ca. 2'600 Jahren macht dies der König, und verhindert so eine Reformation, eine Erweckung in der Kirche. 

Die Bibel berichtet mit einem nüchternen Staunen:

"Und es war niemand, der darüber erschrak oder sein Kleid zerriss, weder der König noch alle seine Diener, wiewohl sie alle diese Reden gehört hatten." (Jeremia 36,24).

In Vers 16 sahen wir noch, wie die Fürsten einander ansahen und über die Worte Gottes erschrocken waren. Und auch jetzt lesen wir in Vers 25:

"Doch baten Elnathan, Delaja und Gemarja den König, die Rolle nicht zu verbrennen; aber er hörte nicht auf sie." (8)

Diese Männer hatten den Mut, sich für das Wort Gottes einzusetzen. Sicherlich hätten sie gerne eine Reformation noch mehr unterstützen wollen. Sie wollten die Gnade und nicht das Gericht Gottes. Der König aber wollte sich nicht demütigen lassen. Er verharrte in seinen Sünden, die er nicht ans Licht bringen wollte. Lieber sollte er und seine Kirche untergehen, als das er sich an die Lösung der Probleme machte, indem er sie Gott zum Vergeben hingab = Busse tat.

Dieser Irrsinn zeigt wie gross unsere Versklavung unter die Sünde ist! Das Gesetz Gottes, das uns gut tut und Gott ehrt, reizt unser Innerstes, um erst recht gegen das Gute zu handeln. Und diese Versklavung dürstet danach sich den Propheten anstelle den Problemen zu entledigen:

"Und der König befahl dem Königssohne Jerachmeel, Seraja, dem Sohne Asriels, und Selemja, dem Sohne Abdeels, den Schreiber Baruch und den Propheten Jeremia gefangen zu nehmen. Aber der HERR hielt sie verborgen." (Jeremja 36,26).

Was ist die Folge dieses grossen Einsatzes des Königs?

Die Buchrolle, ein Teil der Bibel, war verbrannt. Doch Gott forderte Jeremia auf, sie wieder mit noch mehr gleichartigen Reden aufzuschreiben. Zudem musste Jeremia einen Fluch von Gott an den König weitergeben, der das Gegenteil des Segens der Rechabiter beinhaltete (Jeremia 35,18 und 19 = Rechabiter und Jeremia 36,29 ff).

Und so kam es, wie es Gott schon lange geplant hatte. Zugleich war es die freie Entscheidung der Kirche, dass sie ihr Land, ihre Gerechtigkeit in Gnaden und ihren Segen gegen Fluch, Nöte und Drangsal austauschten. Interessant ist - und das macht Hoffnung - Gott machte auch aus diesem Dunkel wieder Licht, indem er aus den Folgen des Fluches Segen schaffte: Die Kirche ging nicht unter. Der Tempel wurde zerstört. Das Land war verloren, Die Kirche war in der Fremde und nicht mehr frei, aber gerade in der Verbannung  wandelt Gott - nach Herausforderungen - das verdiente Unglück wieder in Segen. Die Kirche fängt wieder an Kirche zu sein.

Warum das alles? Sie hatten nur halbherzig den Bund mit Gott erneuert (s. Jeremia 34,8ff). Sie schlossen mit dem Mund einen neuen Bund mit Gott und liessen hebräische Sklaven, Kirchenmitglieder, frei.  "Darnach aber reute es sie, und sie holten die Knechte und Mägde, die sie freigelassen hatten, wieder zurück und machten sie mit Gewalt wieder zu Knechten und Mägden." (Jeremia 34,11). Obwohl auf Menschenraub die Todesstrafe galt (s. 2. Mose 21,16), machte die "Kirche" genau das! Zudem brachen sie ihr Wort in kürzester Zeit, damit sie ihrer Sklaverei unter der Sünde ausleben konnten. Hätten sie sich doch nur mehr zusammengenommen! Aber auch damit hätten sie kein neues Herz gehabt: Sie wollten unter der Sünde leben und die Sünde ausleben! Das ist der Fluch der Erbsünde, die auf uns Menschen ruht. Jeder Mensch in dieser Zeit ist davon betroffen. Nur Jesus Christus war davon frei und will uns davon befreien. Jesus Christus erfüllt die Verheissungen dieses neuen Herzens im Alten Testament. Zwar leben wir jetzt in einer Zwischenzeit (= Endzeit) zwischen dem ersten und zweiten Kommen von Jesus Christus und das alles ist "nur" in einem  geistlichen Sinne erfüllt. Manchmal ist es mehr ein Hoffen und Vertrauen in Christus, dass wir erste beim zweiten Kommen von Jesus Christus sehen werden. Manchmal gleicht die aktuelle Kirche im neuen Bund sehr stark der alten Kirche im alten Bund und will auf Gottes Wort nicht hören oder verdreht das Wort Gottes, weil sie unter der Sünde versklavt leben will. (Manchmal gleicht sie auch im positiven Sinne der alten Kirche, wenn sie im Segen leben will und Erweckung erlebt.) Der Preis der Freiheit, das Licht, ist uns manchmal zu "teuer". Aber der Schmerz der Beleidigung unseres frommen Stolzes ist die grösste Befreiung unseres Lebens, die uns bis bis in alle Ewigkeit in Christus glücklich machen wird! (= Erweckung)

Gebet
Lieber Heiland, gibt uns dieses neue Herz, dass wirklich das Gute will. 
Gib uns die Freiheit vor der Sünde und dem Stachel der Sünde, dem Tod.
Hilf uns, dass wir Dich hören wollen! Befreie uns von unseren Lebenslügen, die uns gefangen halten.
Denn Dein Wort ist Leben in Ewigkeit: Qualitätsleben in Liebe und Erfüllung.
In Dir Christus leben wir, auch wenn wir sterben. 
Denn Deine Auferstehungskraft reisst uns aus der Versklavung der Sünde und des Todes ins Leben Deiner Liebe!
Komm Heiliger Geist! Wirke! Damit, wenn wir das Wort Gottes lesen (= die Bibel) neues Leben schafft, bis in alle Ewigkeit!
Wie gerne komme ich zu Dir mein Heiland, weil bei Dir alles gut wird. 
Wie vieles mache ich falsch oder unvollkommen. Und Du machst daraus etwas Gutes für die Ewigkeit.

Danke lieber Heiland. Dir allein sei Ehre in Ewigkeit. Und das macht mich so glücklich.

Amen

Anhang 
(1) Laut Wuppertaler Studienbibel
(2) Seite 295 
(3) s. 2. König 24,17
(4) s. 2. Könige 23,34
(5) Genfer Studienbibel Seite 1250
(6) Seite 672 der Genfer Studienbibel
(7) Seite 1238 der Genfer Studienbibel
(8) Immerhin war eine gewisse gegensätzliche Meinung der Fürsten am Hofe noch möglich. Der Machtmissbrauch des Königs ging viel zu weit, aber sein Terror überschritt diese Grenze nicht. Vielleicht fehlte ihm dazu auch ganz einfach die Macht.


Hier lese ich den Text auch noch (in einer Vorversion) vor: