Samstag, 4. Oktober 2014

Gewissen und Mobbing

Gestern habe ich einen für mich schockierenden Bericht gelesen, die folgende These zu bestätigen scheint:

Wir Menschen sind seit dem Sündenfall unter die Sünde versklavt. Dadurch neigen wir dazu das von Gott geschaffene Gute zu pervertieren. Zugleich haben wir aber immer noch ein Gewissen, dass uns sehr klar sagen kann, was gut und schlecht ist. Aber wie alles, funktioniert dieses Gewissen seit dem Sündenfall nicht mehr optimal. Es muss an Gottes Wort geeicht werden. Aber selbst dann, bringen wir es fertig, innerhalb der guten Gesetze Gottes unsere Sündhaftigkeit auszuleben. Dieser Fact bringt Jesus Christus mit seinem Gleichnis vom verlorenen Sohn zum Ausdruck. Es zeugt von unserer eigenen Gefallenheit, dass wir dabei nur von einem verlorenen Sohn reden: Wir sehen nur den jüngeren Sohn, der offen gegen den Vater (und wohl auch gegen den älteren Bruder) rebellierte. Jesus stellt ausser Frage, dass der Jüngere ein Sünder ist. ABER als er zurück kommt und seine Fehler eingesehen hat, zeigt er in der Reaktion des Vaters, wie liebevoll und barmherzig Gott ist UND, und das ist der Clou, wie herzlos und selbstsüchtig der ältere Bruder ist. Dieser ist es, der es schafft mit seiner öffentlichen Redlichkeit und "Gesetzestreue" seine Sündhaftigkeit auszuleben. Damit spricht Jesus natürlich vorallem bibeltreue Gläubige an. Damals hiessen sie Pharisäer. Aber er zeigt damit auch, dass er sie liebt und gerade mit diesem Gleichnis von dieser Verlorenheit befreien will.

Damit ist auch gesagt, dass das wahre Christentum, weder das Leben des rebellierende Leben des jüngeren Sohnes ist, noch das Leben des Aelteren, dass sich in seiner Gesetzlichkeit doch noch unter der Sünde befindet.

Hier kommen wir wieder mal an die Grenzen unserer menschlichen Möglichkeiten. Denn wir können ja nur das eine oder das andere: Rebellion oder Gesetzlichkeit. 

Jesus Christus zeigt einen dritten Weg. Er erfüllt nämlich das Gesetz und ist der wahre und liebevolle ältere Bruder. Er zeigt nicht auf uns, die Sünder, sondern übernimmt unsere Schuld und trägt sie selber ans Kreuz. Nun müssen wir weder rebellieren noch uns durch Leistung einen Wert erschaffen. Wir dürfen einfach dieses Geschenk annehmen. Wer spürt, dass er das will, darf sicher sein, dass der Heilige Geist, also Gott selber, zu ihm spricht. So durchbrechen wir diesen Teufelskreis. Durch die Leistung von Jesus Christus dürfen wir mit Gott in einen Bund eintreten. Dazu gehört natürlich dann auch, zu lernen, sich wie ein Bundesgenosse Gottes zu benehmen. Ein anderes Bild spricht davon, dass wir Kinder Gottes sind, wenn wir im Bund mit Gott stehen. Es ist logisch, dass auch ein unartiges Kind ein Kind seiner Eltern ist. So sind wir auch als Ungehorame Kinder Gottes noch seine Kinder. Das erklärt manches Verhalten von wirklich bekehrten Christen. Gott wird sie erziehen, damit sie aufhört sich selber und andere zu verletzen. Dieser Prozess könnte man Heiligung nennen. Dies wird so lange dauern,  bis Jesus wieder kommt und uns verherrlicht. Dann wird diese Zwischenzeit abgetan sein und was jetzt geistlich in Christus erfüllt ist, wird vollkommen sichtbar. Es wird eine neue Erde geben, wo kein Leid und kein Geschrei, kein Unrecht mehr sein wird. Sondern wir werden in der Liebe der Dreieinigkeit für alle Ewigkeiten wertgeschätzt. Wir werden so dankbar und glücklich sein, dass wir Gott mit unserem ganzen Sein loben und ehren. Unsere ganze Kreativität wird sich dabei entfalten können. Unsere unterschiedlichsten Wesensarten werden dann Gott preisen und verehren und wir werden Gott lieben.

Hier aber haben wir das Problem, dass trotz unserer geistlichen Wiedergeburt auch noch das Alte da ist. Dazu gehört auch diese Neigung geliebt werden zu wollen, weil irgend etwas Gutes in uns sei. Doch Gott liebt uns, obwohl da nichts ist, warum er uns leiben müsste. Das ist die grösste Demütigung für uns. Und hier liegt vermutlich einer der wichtigsten Gründe, warum man sich über Jesus aufregt. Um im Gleichnis zu sprechen: der ältere Sohn möchte ja nicht liebevoll mit seinem jüngeren Sohn umgehen, weil er blind ist. Er glaubt, er habe mit seiner Leistung, seinem treuen Dienen des Vaters Rechte erlangt, die ihm nun der jüngere zum Teil streitig macht. Der Vater sagt ihm dann ganz deutlich: Sohn: Du hast das ja schon lange! Freue Dich, Dein jüngerer Sohn war verloren und nun ist er wieder da!

Der ältere merkt nicht, wie er seinem Vater weh tut. Wohl gemerkt: Es ist sein Vater und er merkt nicht, was ihm alles schon gehört! Das ist eine Warnung für uns Christen, dass wir uns nicht wieder in ein Leistungsdenken ereifern. Wir sind aus Gnade errettet und wir sollen nur auch aus Gnaden Leben! "sola gratia" nannte man dies in der Reformationszeit. Eine riesige Freiheit! Und ich habe den Eindruck, dass dies heute oft nicht in der befreienden Art gepredigt wird. Vielleicht ist dies einer der Stopfen, der das Wirken des Heiligen Geistes zurückhält? Denn wir wollen als Christen immer noch von Gott geliebt werden, weil wir etwas "bringen" können: Selbsterlösung im versteckten Rahmen. Oder es verbirgt sich die Angst, diese Freiheit könnte zur Sünde verführen. Erst wenn wir wirklich begreifen, dass uns Gott ausgewählt hat, weil er uns wie Jesus Christus liebt (s. Johannes 17), werden wir in Christus zur Ruhe kommen. Dann werden unsere Aktivitäten und unsere Ruhezeiten in ein vernünftiges Verhältnis gebracht. Da wir in einer Zwischenzeit leben, wird das nicht vollkommen erreicht. Aber wie gesagt, wir leben ja aus der Gnade und in diesem Sinne dürfen wir fröhliche Sünder sein (s. Luther). Dazu gehört auch, dass wir auch unsere besten Werke Gott hingeben, weil wir wissen, dass auch unsere besten Werke von der Kontamination der Sünde befreit werden müssen. Aber das macht alles nichts. Wir sind ja nicht durch Leistung Kinder Gottes geworden, sondern aus Gnade. Es ist ein Geschenk. Wir dürfen uns einfach von Gott lieben lassen!

Aber über das war ich gestern nicht so schockiert, sondern über den Bericht eines Menschen, der sich einer Religion angeschlossen hat, die ihm nun erlaubt einen Teil seiner Bösartigkeit ganz offiziell auszuleben. Das ist in einem gewissen Sinne noch schlimmer, als das wir eben betrachtet haben. Dieser Mann ist ein Beispiel für einen Menschen, der sein Gewissen so kalibriert hat, dass er offensichtliche Bösartigkeiten als heilige Werke auffassen kann. Das kennen wir auch von Ideologien des 20. Jahrhunderts. Es ist einer der offensichtlichen Beweise, dass wir Menschen beim Sündenfall gefallen sind: Wir sind zwar Gottes Ebenbilder und daher haben wir alle eine Würde, aber wir sind derart verwirrt, dass wir zu Bestien werden können, wenn man uns sagt, dass wir unsere Bösartigkeit als Gerechtigkeit ausleben dürfen. Dazu erklären wir irgend einen anderen Menschen oder eine andere Gruppe als die Bösen und sagen: "Da darfst Du drauf hauen!" Und in unserer blinden Selbstgerechtigkeit hauen wir drauf und bilden uns noch ein, wir seien gut. Gleichzeitig bindet dies uns zusammen. Es ist der gleiche Mechanismus, der Mobbing am Arbeitsplatz ermöglicht. Oft sind die Opfer Minderheiten, irgend jemand der sich nicht so anpasst, wie "es sich gehört". Es kann ein Politiker sein, der wirklich ein grosser Misst gebaut hat. Bei den Kommunisten waren es die Reichen, manchmal auch nur schon die armen Kleinhändler, bei den Nationalsozialisten waren es die Andersdenkenden und die Juden. Es ist einfach erschreckend, zu wieviel Ungerechtigkeit wir Menschen fähig sind. ZUM Glück leben wir aber alle diese bösartigen Möglichkeiten nicht aus. Nicht einmal dieser Anwärter für Terroraktionen, von dem ich gelesen habe.

Etwas anderes sehe ich daraus auch: Wenn wir die Welt verbessern wollen, müssen wir Acht geben, dass wir nicht genau in diese Falle treten. Vor lauter Verbesserungswillen erkennen wir nicht mehr unsere eigene negative Motivation: Wir sind von Gott gut erschaffen worden, aber seit dem Sündenfall neigen wir zur Pervertion des Guten. Erst wenn wir in Gott ruhen, können wir etwas tun, ohne dabei glauben zu müssen, etwas verdienen zu müssen. Daher brauchen wir eine Wiedergeburt in Christus. Aber selbst wenn wir diese haben, gilt dann noch: 

"Denn wir wissen, dass das Gesetz geistlich ist; ich aber bin fleischlich, unter die Sünde verkauft.
Denn ich weiss nicht, was ich tue. Denn ich tue nicht, was ich will; sondern was ich hasse, das tue ich.
Wenn ich aber das tue, was ich nicht will, so gebe ich zu, dass das Gesetz gut ist. 
So tue nun nicht ich es, sondern die Sünde die in mir wohnt.
Denn ich weiss, dass in mir, das heisst in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt.
Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht.
Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.
Wenn ich aber tue, was ich nicht will, so tue nicht ich es, sondern die Sünde, die in mir wohnt. So finde ich nun das Gesetz, dass mir, der ich das Gute tun will, das Böse anhängt.
Denn ich habe Lust an Gottes Gesetz nach dem inwendigen Menschen. Ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das widerstreitet dem Gesetz in meinem  Gemüt und hält mich gefangen im Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern ist.

Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von diesem todverfallenen Leibe? (Damit ist der ganze Mensch gemeint.)
Dank sei Gott durch Jesus Christus, unsern Herrn!
So diene ich nun mit dem Gemüt dem Gesetz Gottes, aber mit dem Fleisch dem Gesetz der Sünde.
So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind.
Denn das Gesetz des Geistes, der lebendig macht in Christus Jesus, hat dich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes.
Denn was dem Gesetz unmöglich war, weil es durch das Fleisch geschwächt war, das tat Gott: er sandte seinen Sohn in der Gestalt des sündigen Fleisches und um der Sünde willen und verdammte die Sünde im Fleisch, damit die Gerechtigkeit vom Gesetz gefordert, in uns erfüllt würde, die wir nun nicht nach dem Fleisch leben, sondern nach dem Geist. " (Römerbrief 9,14-25 und 8,1-4)

Ein komplexer Text von Paulus. Aber es erklärt das eben ausgeführte. Aus Fleisch, d.h. aus eigener Kraft können wir es nicht. Und gerade diese Feststellung Gott gegenüber wird es möglich machen, dass Gott wirken kann. Damit geben wir alle Ehre Gott und Befreien uns von unserem Leistungsdenken. Wir werden ohne Werke gerecht gesprochen. Jesus Christus erfüllt das Gesetz. Dadurch können wir mit Jesus immer zum Vater: Gott der Sohn ermöglicht uns den Zugang zu Gott dem Vater. Das war der grosse Plan unseres liebenden Vaters im Himmel, der Jesus Christus am Kreuz erfüllte. So wie bei einem Baum gute Früchte wachsen, wird Gutes entstehen. Das kann so weit gehen, dass wir als Christen sogar Feinde lieben können. Etwas, was ich mir zwar gerade vorstellen kann, aber ich kann es natürlich mit meinem "Fleisch", mit meinen menschlichen Möglichkeiten nicht. Aber ich muss es auch nicht können. Sondern zu seiner Zeit wird es Gott schenken und in mir tun, wenn ich in Christus bleibe. 

Komplexe Gedanken. Jawohl. Und sicher gibt es noch viel mehr dazu zu sagen. Wer kann es alles fassen? Vielleicht schliesse ich am Besten mit diesem Wort:

"Denn ihr habt nicht einen knechtischen Geist empfangen, dass ihr euch abermals fürchten müsstet; sondern ihr habt einen kindlichen Geist empfangen, durch den wir rufen: Abba, lieber Vater" (Römerbrief 8,15) So nahe kommen wir mit Jesus unserem mächtigen Gott, dass wir ihn "lieber Papi" nennen dürfen. Darüber lohnt sich nachzudenken und unserem Vater alle Ehre zu geben!!!!!


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