Dienstag, 23. Dezember 2014

Das Buch der Mitte von Vishal Mangalwadi

Das Buch der Mitte
Von Vishal Mangalwadi

Vishal Manalwadi, ein Inder, der sich fragt, warum der Westen seine Jahrhunderte lange Quelle des Erfolgs abschneiden will.

Dabei ist ihm der Begriff der Mitte wichtig. Es kommt immer wieder vor, wenn er beschreibt, wie wir Menschen diese Mitte brauchen oder wie es sich anfühlt, wenn wir diese Mitte verloren haben. Das Buch der Mitte ist für ihn die Bibel. Sie ist es auch, die über Tausend Jahre für den Westen eine Quelle der Inspiration war. So schreibt er:

„Die Kritik an der Bibel bestätigt daher letztlich deren einzigartige kulturelle Kraft. Sie war der intellektuelle und moralische Kompass des Westens, der ‚heilige Baldachin‘ (Peter Berger), der seinen Werten und Institutionen die Berechtigung verlieh.

Hingegen führt die Ablehnung der Bibel wieder zu dem, was Jacques Barzun ‚Dekadenz‘ nennt. Dies brachte die Moderne (l: Damit meine ich die Periode vom 16 Jhr. bis Mitte des 20. Jh., in der die Bibel eine beherrschende kulturformende Kraft war – auch wenn Skeptiker, Agnostiker und Atheisten sie ständig kritisierten.) zum abrupten Stillstand – ‚gerade zu dem Zeitpunkt, als sich die westliche Kultur anschickte, sich in der Welt grosser Beliebtheit zu erfreuen.‘ Nachdem man sich der Bibel entledigt hat, produziert die Bildungsmaschinerie des Westens ‚Irrende‘, die sich wie Cobain verloren fühlen. Sie schafft es, gute Roboter herzustellen, aber sie ist ausserstande, einen guten Menschen auch nur zu definieren. An der postmodernen Universität wird man zwar gelehrt, wie man zum Mars fliegen kann, aber nicht, wie man seine Familienleben gestaltet oder als Staatsbürger lebt.“

„Der in Indien geborene englische Autor George Orwell (1903 – 1950) war Sozialist und dem Atheismus zugeneigt. Die Schrecken des Faschismus, Nationalismus, Kommunismus und zweier Weltkriege zwangen ihn, den Konsequenzen der ‚Amputation der Seele‘ ins Auge zu schauen. In seinen ‚Notes on the Way‘ beschrieb Orwell die Autoren, die an der westlichen Seele gesägt hätten, bis diese abgetrennt war: ‚Gibbon, Voltaire, Rousseau, Shelley, Byron, Dickens, Stendahl, Samuel Butler, Ibsen, Zola, Flaubert, Shaw, Joyce und Saboteure.‘ Diese ‚Autoren der Aufklärung‘ führten den Westen in die gegenwärtige Finsternis.“ (Seite 48-49)

Orwell beschäftigte sich damals mit dem Buch „The Tirties“ von Malcom Muggeridge. Zu diesem Zeitpunkt war Muggeridge noch Atheist, als er schrieb:

„Wir leben in einem Albtraum, gerade weil wir versucht haben, ein irdisches Paradies zu errichten. Wir glaubten an den ‚Fortschritt‘. Auf die Führung des Menschen fixiert, haben wir dem Kaiser gegeben was Gottes ist (…). Es gibt keine Weisheit, es sei denn in der Furcht Gottes, aber da niemand Gott fürchtet, gibt es auch keine Weisheit. Die Geschichte des Menschen reduziert sich nun auf den Aufstieg und Niedergang materieller Zivilisationen, ein Turmbau zu Babel folgt dem anderen (…) abwärts in Abgründe, die zu schrecklich sind, um über sie nachzudenken“ (Seite 49 zitiert.)
Mangalwadi lernte die Bibel während seines Studiums in Indien kennen: „Dies veränderte mich als Person, und schon bald begriff ich, dass im Gegensatz zu dem, was an der Universität gelehrt wurde, die Bibel die Kraft war, die das moderne Indien hatte entstehen lassen.“ (Seite 50)

Nun merkt man, dass Mangalwadi gar nicht pessimistisch ist, obwohl er sich fragt, warum der Westen sich von seiner Quelle des Erfolgs abschneidet. Nur schon alleine die Beschreibung der Wichtigkeit der Musik (ab Seite 35: „Die Verankerung der Musik in der westlichen DANN) ist grandios. Vorher beschreibt er, wie Cobain aus dieser Kultur schöpfte und sie doch gleichzeitig ablehnte. Als Inder vergleicht er dann denn Stellenwert der Musik im Buddhismus, im Hinduismus, im Koran usw. Und man staunt, dass unsere Wertschätzung der Musik nicht selbstverständlich ist, sondern letztendlich ein Erbe des Buches der Mitte ist. Cobain hatte diese Wertschätzung „vergessen“:
„Ob es ihm selbst bewusst war oder nicht, es handelte sich überwiegend um zen-koans, um Sinnlosigkeiten, wie…

Cobain begann Suizid, weil nichts Positives wachsen kann, wenn man vom Grundgedanken des Nichtseins als ultimativer Wahrheit ausgeht. Dieser Gedanke vermittelt der Welt weder Lebensfreude, noch bringt er Bedeutung oder Hoffnung in das Chaos des eigenen Lebens, in dem man sich befindet. So bleibt als einzige Konsequenz, dass man die Menschen dazu anregt, den Ausstieg aus dieser Welt zu finden und das Nirwana zu suchen. Doch letztlich kann auf dem Boden des Nihilismus keine Musikkultur aufblühen. Cobains persönliche musikalische Begabung konnte sich nur deshalb entfalten, weil er von der einzigartigen Musikkultur und Musiktradition vorhergehender Generationen profitieren konnte. Darüber hinaus scheint Musik in der westlichen Geisteshaltung so selbstverständlich und so sehr verankert zu sein, dass sie zentral und als etwas Natürliches zum Leben dazugehört – als wesentlicher Bestandteil von traditionellem gottesdienstlichen Leben und Bildung.“ (Seite 32)

Er schreibt noch einiges Mehr über die Musik. Ich kann nur sagen: Ich lebe zwar mit Musik (singe gerne, schrumme etwas Gitarre und habe schon versucht Klavier zu lernen.), aber mir war im Verstand nicht so tief bewusst, dass damit die nicht materielle Welt zum Klingen kommt. Dazu gehört auch die Frage: Kann man mit Materiellen die Seele erreichen? Dies war sehr interessant. Nun verstehe ich auch im Verstand besser, was mich beim Singen und Spielen so anspricht. Darum ist das Loben mit Liedern und Instrumenten so wertvoll und beglückend!

Was mich schockierte – und das ist wohl die besondere Faszination dieses Buches: Es zeigt die Probleme des Westens auf + es gibt auch Hoffnung, wie wir wieder zu unserer Quelle zurückfinden können. Aber zurück, zu dem was mich auf Seite 25 schockierte:
„Diana Grains bemerkte in ‚Rolling Stone‘, vor den 1960er-Jahren habe es unter der amerikanischen Jugend praktisch keine Suizidversuche gegeben. Nach 1980 nahmen sich jedoch jedes Jahr fast 400‘000 Heranwachsende das Leben. Bereits 1987 galt der Freitod unter Teenagern nach Verkehrsunfällen als zweithäufigste Todesursache. In den 1990-er Jahren sank der Suizid dann auf Platz 3, weil sich die jungen Menschen genauso oft gegenseitig töteten, wie sie sich selbst umbrachten.“ (Seite 25) Danach folgt die Erklärung von Grains, der Aufzeigt, wie falsch es ist, die Verantwortung den Jugendlichen zuzuschieben. Ein Auszug davon: „Viele junge Menschen gerieten in einen Kreislauf der Sinnlosigkeit und Verzweiflung. Diese Schuld muss man den Erwachsenen anrechnen, denn sie hatten eine gesamte Generation im Stich gelassen, ihnen nicht ausreichend Schutz geboten, ihnen keine Chance gegeben, später ein eigenständiges Leben führen zu können. Als die ersten Anzeichen von Vernachlässigung bei ihnen sichtbar wurden, die sich in Suizidraten, Mord, Drogenmissbrauch, Schulversagen, Rücksichtslosigkeit und einem Lebensgefühl des Elends äusserten, bezeichneten die Erwachsenen sie als teilnahmslos, Analphabeten und gewissenlose Versager.“

Interessant ist auch die Bemerkung, wie der Westen immer mehr die Wertschätzung vor dem Lesen verliert:

„Die Bibel entwickelte die moderne Welt mit Wissenschaft und Bildung, weil sie uns die Vorstellung vermittelte, die der Schöpfer selbst davon hat. Dies hat dazu geführt, dass die moderne westliche Welt zu einer lesenden und denkenden Gesellschaft wurde. Die Menschen der Postmoderne sehen meist wenig Sinn darin, Bücher zu lesen, die nicht direkt ihrer Karriere oder ihrem Vergnügen dienen. Dies ist ein logisches Resultat des Atheismus, der verstanden hat, dass der menschliche Geist von sich aus unmöglich wissen kann, was richtig und wahr ist.“ (Seite 20)
Und diese Entwicklung merke ich sogar in christlichen Buchläden. Gute, tiefschürfende Literatur wird immer mehr als „Nebenprodukt“ angeboten. Leichte Literatur ist gefragt und lässt sich auch im christlichen Umfeld besser verkaufen, als Bücher, die uns im Denken weiterbringen… Ein Lektor eines christlichen Verlages bestätigte mir dies. Er würde gerne mehr Auslegungen und tiefschürfende Literatur veröffentlichen, aber es lässt sich in unserer Zeit viel schwerer verkaufen als früher. Zur gleichen Zeit lechzt unsere Zeit nach Sinn und Inhalt. Darum boomt die esoterische Szene und generell Bücher mit religiösem und psychologischem Inhalt. Aber vermutlich darf es dann doch wieder nicht zu fundiert sein. Vermutlich wurde darum das Wort „Fundamentalismus“ in unserer Zeit zu so einem wichtigen Wort. Wir leben in einer merkwürdigen Zeit… Wir scheinen wirklich die gesunde Mitte verloren zu haben.

In seiner Einleitung ab Seite 17 geht er auch auf die Kritik von Dr. Arun Shourie ein, einer der bekanntesten Intellektuellen in Indien. Er warf den Briten vor, dass sie Missionare ins Land brachten, dass das indische Denken kolonialisiert habe. Er hat die Bibel auch als irrationales und unsittliches Buch angegriffen. – Ich finde die Kritik, dass die Bibel ein unsittliches Buch sei, interessant. Man hört diese Kritik ja auch von gewissen islamischen Kritikern. Besonders wenn man bedenkt, dass im Westen für gewöhnlich eine ganz andere Kritik angebracht wird. Da der Westen wohl mehrheitlich eher „links“ von der Mitte sich bewegt (, ich meine damit, dass wir uns offen gegen Gottes Wort und seinem Rechtsverständnis wenden,) verstehen wir vermutlich nicht mehr, wie es Menschen „rechts“ von der Mitte (damit meine ich Menschen, die durch ihren Gehorsam Gott vereinnahmen wollen,) herausfordernd finden, wenn die Bibel die Realität darstellt. Dies bedeutet: Wir stören uns daran, dass die Bibel von Wahrheit und von Gut und Böse redet. Während andere sich daran stören, dass Gott Sünder ohne Leistung gerecht spricht. Gott kann es uns selbstsüchtigen Menschen einfach nicht recht machen!

Interessant ist nun, dass sich Dr. Arun Shourie für Pressefreiheit und Demokratie einsetzt. Doch seine Argumente werden nun von der hindustischen Bharatiya Janata Party (BJP) genutzt. „Die BJP nutzte Shouries buch als Propaganda für ihre Ziele. Sie vertrat die Position, alle liberalen hinduistischen Parteien, wie der Indische Nationalkongress, sollten abgewählt werden, da der liberale Hinduismus Christen und Muslimen erlaubt habe, unser Volk zu bekehren und die indische Kultur zu untergraben.“ (Seite 17)
„Die Bibel – das Buch, das in Indien Bildung, Gleichberechtigung und allumfassende Modernisierung angestossen und aufrechterhalten hat – wurde so hingestellt, als sei sie nur etwas für die Einfältigen.“ (Seite 18) Kennen wir diese Kritik an der Bibel nicht auch?
„Arun Shourie besuchte einst eines der renommiertesten christlichen Colleges in Indien, er erhielt einen Doktortitel von einer angesehenen amerikanischen Universität, die von protestantischen Christen mit dem Ziel gegründet worden war, biblische Inhalte zu lehren. Er arbeitete als Beamter der Weltbank und stand an der Spitze von Indiens grösster Zeitungskette. Viele von uns verehrten ihn für sein mutiges Eintreten für ethische Werte und tun dies bis heute…..“ Dann kommt er auf die entscheidende Frage:
„Warum erkannte er nicht, dass die Bildung, die er selbst genoss, das amerikanische Wirtschaftssystem, das er studierte, die freie Presse, die er verfocht, die politische Freiheit, die er über alles schätzte, und das öffentliche Leben, um dessen Befreiung von Korruption er kämpfte, allesamt auf die Bibel zurückzuführen sind? (Leider ist mittlerweile vieles davon säkularisiert und Opfer der Korruption geworden.)“ (Seite 18-19)
Er gibt darauf eine Antwort. Das Buch der Mitte sei übrigens auch als ein Beitrag zum 400-jährigen Jubiläum der King-James-Bibel gedacht. (Seite 19)
Hier aber noch eine Kostprobe einer Antwort und auch der Problemstellung im Vorwort von Herrn J. Stanley Mattson Ph.D.:

„In ‚Whats’s the Use of Truth‘ (dt. Wozu ist Wahrheit nütze?) behauptet Rorty, es gebe keine privilegierte Position und keinerlei Autorität, die uns einen rationale zu rechtfertigenden Standpunkt liefere, von dem aus wir die ‚reale’ Welt kennen lernen könnten. Das Wort ‚Wahrheit‘, so betont er, habekeine signifikante Bedeutung mehr. Die traditionelle Unterscheidung zwischen wahr und falsch sollte daher abgeschafft werden. Stattdessen könnten wir nur in Sprachgeflechten und Sätzen reden, die ein mehr oder weniger grosses Mass an ‚Geschmeidigkeit‘ und Homogenität aufweisen.“ (Seite 11)
Das führt dann wohl auch zu jener merkwürdigen Aussage, die mir jemand vor kurzem entgegnete. Ich machte darauf aufmerksam, dass in Westafrika das Ebola-Virus sich besser ausbreiten konnte, weil dort die Hygiene kleiner als in Ostafrika war. Zudem begünstige der Aberglaube die Krankheit, denn gerade Tote sind sehr ansteckend. Daher sollte man, z.Bsp., die Toten nicht ausgraben und umarmen. Dabei machte ich auf die Helden vor Ort aufmerksam. Jene, die die Opfer beerdigten. Oder jene Tochter, die mit bescheidensten Mittel ihre Verwandten retten konnte, da das Spital für ihre Angehörige keinen Platz mehr hatte. Mit Abfallsäcken und einfachsten Mitteln schützte sie sich selber. Als Unterstützung hatte sie einen Arzt am Telefon und aufbauende Mittel bekommen. Sie selber mussten ihr Erspartes für Wasser usw. ausgeben. Nur einer ihrer Familie starb. Alle anderen konnte sie retten. Diese junge Frau glaubte an Wahrheit. Und sie nahm sie an, akzeptierte sie und handelte in der Wahrheit. Mein Schweizerischer Gesprächspartner leugnete aber (indirekt) die Existenz von Wahrheit: Für die Westafrikaner sehe das anders aus. Auch wenn sie bei der Berührung der Leichen krank werden, ist das für sie anders. Es fehlte nur noch, dass er sagte, Wahrheit sei relativ und für sie stimmt es so. Aber selbst, wenn es „für sie so stimmt“, ist es für sie eine Tragödie. Und was ist mit all den anderen, für die es so nicht stimmt? Wieviel Menschen hätten nicht sterben müssen, wenn man die Wahrheit akzeptiert hätte und dadurch verhältnismässig reagiert hätte? Aber mir wurde da nur gesagt, dass es sich hier um eine natürlich Verringerung der Ueberbevölkerung handele. Schrecklich! Ich hoffe, lieber Leser, sie merken wie schlimm das ist. Menschenverachtend, lieblos und vollkommen verirrt. Da sind nicht nur abergläubische Menschen in Afrika irregeführt, sondern auch „hoch gebildete“ Schweizer. Mal ganz davon abgesehen, dass unsere Erde viel mehr Menschen ernähren könnte, wenn wir richtig damit umgingen. Nur schon dieser Gedanke ist eine denkerische Verwirrung sondergleichen. Man muss nicht Menschen sterben lassen, um Probleme zu lösen. Man muss den Menschen zum Leben helfen!!!!!!!! Dann ist ihnen geholfen. Hören wir doch auf mit dieser Kultur des Todes!
Aber zurück zum Vorwort:

„Doch genau dieses Argument entzog Rorty jegliche rationale Basis für die Verteidigung irgendwelcher Sozialstruktur oder Weltsicht, wie wünschenswert oder überzeugend diese auch sein mag.“ (Seite 11)
Und dann kommt es, mit dem Zitat von Rorty aus „The Future of Religion (dt. Die Zukunft der Religion):
„Es mag lediglich historischer Zufall sein, dass immer das Christentum präsent war, wo Demokratie für alle eingeführt wurde; vielleicht war dies auch nur innerhalb einer christlichen Gesellschaft möglich. Aber es ist müssig, darüber zu spekulieren““ (Seite 11 – 12)

Mit anderen Worten: Rorty hat eine philosophische Weltsicht geschaffen, in der er die Realität, die Wahrheit so leugnet, dass er das offensichtliche nicht mehr betrachten kann. Es hat einfach keinen Platz mehr in seinem Denken, also gibt es dies für ihn auch nicht mehr! Eine Philosophie die blind macht! Und ich bin versucht zu sagen: Die Unweise macht. Da wir kaum noch von Weisheit sprechen, sieht man, wie weit es gekommen ist…
Stanley folgert dann auch:

„Wenn keine Wahrheitserkenntnis mehr möglich ist – wenn alle Wahrheit nur eine Funktion sozialer Gedankengebäude ist -, dann hat das Denken an sich keine wirkliche Autorität mehr, und dann bestimmen stattdessen akademischer Modetrend und das Marketing, was geglaubt wird oder nicht. Noch schlimmer: Es besteht das Risiko, dass an die Stelle der bisher anerkannten Autorität ‚Wahrheit‘ nun glatte Nötigung tritt. Fragen zum Wesen der Wahrheit, der Bedeutung des Lebens, der Ehre, der Tugend, der Weisheit und der Liebe sind dann nur noch kuriose Relikte einer altmodischen Denkweise.“ (Seite 12) Danach folgt ein Zitat von C.S. Lewis, indem Lewis beschreibt, wie er sich aus diesem ‚chronologischem Snobismus‘ befreien konnte.
Zum Buch meinte er:

„Während Bloom das Ende des amerikanischen Geistes beklagt, verströmt Mangalwadi einen Optimismus, der neuen Mut schenkt.“ (Seite 14)

Ab Seite 53 unter dem Titel „Dienst an den Armen oder eine Fahrkarte ins Gefängnis?“ erfährt man, dass dieser hochintelligente Inder nicht nur gut denken kann, sondern es auch umsetzt. In Indien gehören die Bauern zu den ärmsten. Als ein Hagel die Ernte vernichtete und ihre Hausdächer beschädigten, möchte er ihnen helfen. Dies wird ihm von der Regierung vor Ort verboten. Sie wollen gehorsam sein und fügen sich. Aber sie wollen dafür beten. Auf eine Einladung des Gandhi-Aschram sollten sie öffentlich auf ihrem Gelände beten. Das wird ihnen auch verboten. Und hier kommt er mit seiner Gruppe zur Ueberzeugung, dass man in diesem Punkt Gott mehr gehorchen muss als Menschen. Dies setzte eine Entwicklung ein, indem er das realexistierende Indien kennen lernte. In diesem Prozess durfte er in ein Gefängnis, wo er ein Buch schreiben konnte. Es tönt beinahe wie aus alter Zeit als John Bunyan viele seiner Bücher im Gefängnis geschrieben hat…Auf Seite 555 steht dann auch über den Autor: „War er zunächst mit der Gründung und Organisation von Hilfsprojekten befasst, unternahm Vishal bald darauf den nächsten Schritt. Er gründete für die ‚Unberührbaren‘ sowie für die einfache Landbevölkerung politische Parteien und war in zwei Landesgeschäftsstellen politscher Parteien in Neu-Delhi tätig. Für seine schriftstellerische Arbeit, entstanden vor dem Hintergrund seines Dienstes an der armen Bevölkerung, ehrte ihn die Bhartiya Dalit Sahitya Academy mit dem ‚Distinguished National Service Award‘. Die William Carey International University in Pasadana, Kalifornien, ehrte ihn mit einem LL.D, ….“

Er ist 1949 geboren, ist mit Ruth verheiratet und hat zwei Töchter und fünf Enkel. Videos von ihm findet man unter www.RevelationsMovement.com
Der Mann beeindruckt mich. Wäre doch unser Christentum auch so: Orthodox und unendlich barmherzig, wahrhaftig und in der Gnade Gottes tief verwurzelt, damit wir unser Christsein als ein Gnadengeschenk Gottes verstehen. Und aus diesem Beschenktsein heraus anderen Menschen dienen wollen. Nicht in erster Linie, dass unsere Gemeinden und Kirchen grösser werden, sondern damit den Menschen einfach geholfen wird und die Welt etwas besser, liebevoller, „menschlicher“ im Sinne von wärmer wird. In diesem Sinne breitet sich das Reich Gottes aus, was mit der Geburt von Jesus Christus vor ca. 2000 Jahren begann.

Gerade gestern hatte ich ein interessantes Gespräch zu diesem Thema. Jemand sagte mir, wie es sie deprimiert, wenn sie aus der Sicht von Calvin ihren geistlichen Einsatz bewertet. Es habe ja dann alles keinen Sinn. Ich bestätigte ihr, dass sie sich mit Leistung nicht mehr Liebe von Gott verdienen könne. Wie sollte das auch gehen: Wer als Sünder zu Jesus geht, kann sicher sein, dass er von Gott geliebt wird und Vergebung erfährt. UND Gott liebt uns dann so sehr, dass dies nicht mehr steigerbar ist. Wir müssen nicht leisten, um angenommen und von Gott geliebt zu werden. Wir bekommen das gratis. Wir dürfen uns zuerst beschenken lassen und dann von unserem Ueberfluss weitergeben. So funktioniert auch das Vergeben: Zuerst die Vergebung bei Gott erleben. So beschenkt, sollten wir dann auch anderen vergeben können. Wenn wir in Christus bleiben, wird Gott dann gute Früchte wachsen lassen. Als Gerechte und Sünder zugleich (Luther) wird so an uns unsere Zugehörigkeit zu Gott sichtbar. Nicht, weil wir keine Fehler mehr machen, sondern weil wir zu unseren Fehlern stehen und wissen, dass sie uns Gott vergeben hat! Und das wir alles, was wir tun, Gott hingeben, damit er etwas Gutes daraus machen kann. Gott allein gehört die Ehre!
Gott so zu ehren, heisst glücklich zu werden:
Zu meinem Geburtstag schrieb mir ein befreundetes Ehepaar folgende Wort von Johannes Calvin, die gut dazu passen:
„Gott selbst hat in seiner unendlichen Güte alles so gestaltet, dass alles, was zu seiner Ehre dient, auch für uns heilvoll ist.“

Ich werde das Buch mit Interesse weiterlesen.

PS: Das nächste Kapitel heisst:

Das ‚Selbst‘ -  Wer bin ich? Gleicht er Mensch einem Hund oder Gott? (Seite 80) Da geht er auf den Behaviorismus Ende der 1960-er Jahre ein: „Nach dieser These sind die Menschen Tieren ähnlich, werden von chemischen Substanzen gesteuert und unterscheiden sich nicht wesentlich von Hunden. Sie besitzen weder eine Seele noch einen ‚freien Willen‘“, sondern funktionieren als ein geschlossenes, vorherbestimmtes System von Ursache und Wirkung.“ Interessant? Hier handelt es sich übrigens nicht um die biblische Prädestination. Denn die Bibel hält sehr klar an unserer Verantwortung fest, obwohl Gott allmächtig ist. Die Bibel hält hier die gute Mitte, die der Behaviorismus von B.F. Skinner nicht eingehalten hat. (Die biblische Prädestination hält das Gleichgewicht zwischen Gottes Allmacht und unsere Verantwortung, so, dass wir uns von unserer Verantwortung nicht erdrücken lassen müssen und so, dass wir auf der anderen Seite nicht in einen Fatalismus heineinfallen. Wer die gute Mitte der Bibel verlässt, fällt gewissermassen von der guten Mitte auf einer Seite runter. Unsere Zeit ist wirklich interessant. Möge Gott uns vor ihren Abgründen bewahren, damit wir wirklich sinnvoll und in die wertschätzende Liebe Gottes eingehen können.

PS 2: Ein Zitat von Orwell:
„Zweihundert Jahre lang haben wir an dem Ast gesägt, auf dem wir sitzen, und gesägt , und gesägt. Am Ende wurde wir für unsere Mühe belohnt, viel eher als erwartet. Wir fielen herunter. Jedoch hatten wir uns unsere Landung ganz anders vorgesellt: der Boden, auf dem wir landeten, war kein Bett voller Rosen, sondern eine Jauchegrube voller Stacheldraht … die Entfernung der Seele scheint deshalb kein routinemässiger chirurgischer Eingriff zu sein wie etwa eine Blinddarmoperation. Die Wunde kann sich entzünden.“ George Orwell, ‚Notes on the Way‘, 1940

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