Sonntag, 8. März 2015

Rerformierter Gottesdienst im Frauenmünster mit Marc Chagall-Fenstern: Himmelsreiter und Bildersturm

Heute habe ich einen interessanten Gottesdienst im Schweizer Fernsehen, SRF 1 gesehen. Ein klassischer reformierter Gottesdienst im Frauenmünster in Zürich, Schweiz. Nach dem Gottesdienst werden dem Pfarrer Niklaus Peter interessante Fragen gestellt (Nachgefragt mit Christine Stark): Wie passen Bildersturm und die Fenster von March Chagall zusammen? Wie ist es möglich, dass Zwingli auch die Orgel entfernen liess und nun doch wieder eine Orgel im Gottesdienst benutzt wird? Pfarrer Niklaus Peter erklärt, wie der musikalische Zwingli dieses "Musik-Fasten", wie ich es nennen würde, einführte.

Wie passt dies zusammen? Wie konnte Zwingli, der Reformator von Zürich, der alle Barok-Instrumente spielen konnte, zu einer solchen Meinung kommen. Der Pfarrer erklärt es kurz und bündig. Auch die Geschichte, wie die Kirche zu diesen schönen Chagall-Fenstern kam ist interessant. Eigentlich gab es verschiedene Projekte und ein Wettbewerb - noch ohne Chagall. Doch man konnte sich nicht einigen. Einige werden wohl denken, eine hierarchischere Meinungsfindung hätte eine solche Patt-Situation verhindert. Aber wie so oft bringt das Streben nach Einheit in der Vielfalt die genialere Lösung. Denn in dieser Patt-Situation kommt der damalige Pfarrer Bilder von Chagall zu sehen. Damit wird eine Geschichte angestossen, die aus dem Patt zu den Chagall-Fenstern führen wird. Das Problem war dann nur noch, wie man das finanzieren konnte...

Auf einem Chagall-Fenster wird u.a. die Jakobs-Leiter abgebildet. Der Gottesdienst selber geht ebenfalls auf dieses Geschehen ein. 

Der Gottesdienst und das anschliessende Interview ist hier zu sehen.
http://www.srf.ch/sendungen/gottesdienst

Der Gottesdienst ist nüchtern reformiert und doch verbindet er Kunst und Predigt: Die Musik und die Chagall-Fenster werden in der Predigt zu einem Lob Gottes und Reichtum verbunden. Und das alles in einer gewachsenen historischen Form. 

Danke Herr, dass ich so etwas sehen durfte.

Anhang:
Aus dem Tagblatt vom 4.11.08 (Internet) habe ich jenen Bericht über den Pfarrer Niklaus Peter gelesen. Sehr interessant:

Wort Gottes, nicht «Wohlfühlkirche»

Der Zürcher Fraumünster-Pfarrer Niklaus Peter fordert die Kirchen zur Rückkehr zum biblischen «Grundwortschatz» auf. Denn: Wer die Zeitgeist-Sprache rede, werde «Ideologie-anfällig».

DANIEL KLINGENBERG 
st. gallen. Sind die Kirchen in einem Formtief? Und falls dem so ist: Kann sie aus eigener Kraft etwas dagegen tun? Beide Fragen beantwortete Niklaus Peter, Fraumünster-Pfarrer in Zürich und Karl-Barth-Kenner, am Sonntag in St. Laurenzen bei der Reformationsfeier mit ja. Allerdings nicht mit pauschaler Zustimmung, sondern in vielschichtigen Zugängen, die Theologiegeschichtliches mit Aktuellem verbanden.

«Deformation» zur Homestory

Niklaus Peter, der als Reformationsfeier-Redner nach St. Gallen eingeladen war, sieht das Christentum weltweit keineswegs in der Defensive. In Asien, Afrika und Amerika ist es vital und teilweise schnellwachsend. Auch in der modernen westeuropäischen Gesellschaft ist man «religiös offen». Aber hier führe die Loslösung von den Kirchen und die Individualisierung zu einer «ausgefransten, konturlosen, sozial unstrukturierten Religion». Oder zu einem «religiösen Analphabetismus».
Dass dem so ist, liegt gemäss dem Fraumünster-Pfarrer auch an den Kirchen und ihrem Personal. Wer nämlich ein «Wohlfühlchristentum» verkünde, das von nichts Tiefgreifenderem als der eigenen Erfahrung und seinen Gefühlen spreche, habe den Wortschatz der Bibel mit ihrem radikalen (sozialen) Kern aufgegeben.
Beleg einer solchen «Homestory-Kirche» ist für Peter zum Beispiel eine Reportage über Weihnachtsgottesdienste in einer deutschen Zeitung. Mit harmlosen, kindlichen, fast schon blasphemischen «Wohlfühlsätzen» würden Pfarrpersonen Weihnachten als eine Art «Börsengewinn» betrachten, heisst es darin.
Niklaus Peter begründete seine Diagnose mit einem Stück Theologiegeschichte des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, das er brillant und packend vortrug. Mit der Grundaussage: Wird der Skandal, dass der Versöhner und Friedensbringer hingerichtet wird, im Zeitgeist «weichgespült» und sentimentalisiert, verliert die Kirche ihre Kraft. Zudem wird sie anfällig gegenüber Ideologien, wie ihre Geschichte im 2. Weltkrieg zeigt.

Es braucht Spracharbeit

Gerne hätte man mehr gewusst darüber, wie eine Rückkehr zum «biblischen Grundwortschatz» aussehen könnte. Immerhin: Ein Teil solcher theologischer Arbeit war in St. Laurenzen zu hören.



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