Samstag, 13. Mai 2017

Wo Gott unerfüllbare Anforderungen stellt, wird es sektiererisch?

Dies stellt Herr Hugo Stamm im Gespräch mit Herrn Johannes Wirt nicht als Frage fest, sondern als feste Behauptung (= Dogma). Es ist zu lesen in
„Wie ist das mit den Freikirchen und Sekten?“, 1. Teil im IdeaSpektrum 19.2017 ab Seite 8

Von ihm wird ebenfalls festgehalten:
„Wenn ich an übersinnliche Phänomene glauben würde, würde ich meinen Geist einschränken.“ meint Herr Stamm weiter. Ich bin mir nicht sicher, ob Hugo Stamm wirklich so materialistisch eingestellt ist. Zumindest definiert er eine vernünftige Auflistung, die erfüllt sein müssten, damit er an Uebernatürliches glauben würde. Ein Teil unserer Gesellschaft hängt aber je länger je mehr an einem solchen Dogma. Dabei sind sie sich nicht bewusst, dass unser humanistisches Erbe kein Probleme mit der nicht-materialistischen Existenz hatte. Der Humanismus war sogar ein Dualismus. Er glaubte an die Existenz von Materie UND Geist, während unser heutiger Materialismus alles durch die Materie erklären will. Darum sprechen wir manchmal auch von der Natur (= Materie) als Schöpferin. Dies ist in etwa gleich vernünftig, wie der postmoderne Glaubenssatz: „Es gibt keine Wahrheit.“ Unsere Gesellschaft war noch viel mehr vom jüdischen und christlichen Grundlagen geprägt. Auch diese Grundlage hat kein Problem mit der Existenz von Materie und Geist. Hier wird sogar – im Gegensatz zum klassischen Humanismus – kein Problem zwischen Materie und Geist gesehen. Vielmehr ist der Mensch eine lebendige Seele, also eine Einheit von Leib (= Materie) und Geist. Darum werden wir auch am letzten Tag dieser Zeit auferstehen: im Idealfall mit einem Auferstehungsleib, wie es Jesus Christus einst erlebt hat.
Wie sicher kann ich das Wissen? Jesus sagte, man werde merken, ob das was er sagt wahr ist, wenn man sich darauf einlasse. Unsere Reformatoren verstanden dies prinzipiell auch auf die Schrift, d.h. die Bibel an. Warum kann es dann Herr Stamm nicht sehen, obwohl er eine vernünftige Auflistung von Bedingungen dazu erstellte? Der dreieinige Gott der Bibel wird als ausserhalb der Schöpfung beschrieben. Er erhält zwar jeden Augenblick unser Leben, solange wir leben. Aber er ist nicht Teil unserer Welt und so können wir ihn nicht naturwissenschaftlich untersuchen. Aber in uns gab Gott der Schöpfer eine Sehnsucht nach Ewigkeit mit. Und in unserer Gottes Ebenbildlichkeit kreieren wir Antworten in Religion, Philosophie, Psychologie, Politik, Idoelogie usw. Dabei können wir so genial sein, weil uns die Kreativität Gott mitgegeben hat. Leider bedeutet das noch nicht, dass alles, was wir uns ausdenken auch wahr ist. Zudem berichtet die Bibel davon, dass die Menschheit einen Sündenfall erlebte. Der von Gott gut geschaffene Mensch wurde so zu einem Geschöpf, der dazu neigt, das Gute zu pervertieren. Daraus erklärt sich, dass Herr Stamm vieles korrekt kritisieren kann. Es ist wahr: „Gut gemeint, kann auch böse herauskommen.“ Wie er sagt. Kann sich Herr Stamm aber selber ebenso gut kritisieren? Wendet er seine Prinzipien auch auf sein Denken und Handeln an? Oft sehen wir die Sünden anderer besser, als die eigenen. Das muss etwas mit Eigenschutz zu tun haben: Wie können wir sonst leben, wenn wir wüssten, was für wirkliche Motive hinter unserem Handeln steht?
„Wenn Gott unerfüllbare Anforderungen stellt, wird es sektiererisch, denn dann muss ich mich unterwerfen und bleibe immer in der Angst und im Zweifel, ob ich genüge oder nicht. Der Satan steht hinter jeder Ecke und das macht Angst.“ hält Herr Stamm fest. Damit beschreibt er in etwa, was Luther vor seinem Durchbruch zum Glauben erlebt hat. Doch Luther relativierte nicht die Forderung Gottes zum absoluten Guten, sondern entdeckte, wie er ein fröhlicher Sünder sein konnte. Das war sein Durchbruch, die die Welt positiv veränderte. Das zu verstehen ist für den „natürlichen“ Menschen sehr schwer, weil die frohe Botschaft (= das Evangelium) für ihn den Geruch des Todes hat (2. Kor. 2,16). Instinktiv merken wir, dass es uns verurteilt. Es ist verständlich, wenn man sich diesem entziehen will.

Erlauben Sie mir eine vernünftige Zwischenfrage: Wenn es einen Gott gibt, darf er dann von uns etwas verlangen, was wir nicht tun können? Darf Gott von uns verlangen, absolut gut sein zu müssen?

Herr Hugo Stamm verneint das. Er nennt das sektiererisch. Wer das glaubt, fällt also aus der Norm. Er trennt sich vom Mainstream unserer Zeit. Ob das als Argument reicht? Wer an keine absolute Wahrheit glaubt, wird dies wohl bejahen. Es ist für ihn so viel einfacher. Das Problem besteht dann noch, wie man mit jenen umgeht, die anders denken. Kann man da noch grosszügig sein? Gibt es da noch einen Platz für Toleranz? Hier erklären sich die meisten Christenverfolgungen.
Erstaunlicherweise haben wir aber gerade im Westen eine Zeit hinter uns, indem dies Platz hatte. So konnte Gott segnen. Dies erklärt unsere grosse Ordnung UND grosse Freiheit. Es erklärt auch, warum diese beide heute gefährdet sind. (Natürlich war es auch früher nicht perfekt. Bis Jesus zum zweiten Mal kommt, ist nichts perfekt. ABER genau dieses Wissen half zu grossem Fortschritt, Freiheit und Ordnung.)

Nun müsste man noch erklären, wie Luther mit den Forderungen Gottes umgehen konnte, damit er zu einem fröhlichen Sünder wurde.

Luther entdeckte, dass es nicht um die aktive Gerechtigkeit, sondern die passive Gerechtigkeit geht. Immer, wenn in der Bibel von einem wirklich Gerechten und keinem Heuchler gesprochen wird, wurde er von Gott als gerecht erklärt. Dies musste Gott mit seinem eigenen Tod für uns wirken. Darum liess sich Jesus Christus von uns verspottet, anspeien, auspeitschen und ans Kreuz hängen. Er trug damals meine Sünden. Er trug meinen Fluch. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.
Darum ist das für mich kein Geruch des Todes mehr, sondern ein Geruch der Freiheit und des Lebens sowie der wertschätzenden Liebe! So wurde und wird Gott der absolut gerechte zu meinem liebevollen Vater: Papi.

Darum darf ich ein fröhlicher Sünder sein, der täglich Busse (d.h. zu Jesus geht) tut. Es gehört zu den Erstaunlichkeiten, dass das Christentum und die Kirche (Frei- und Landeskirchen) immer wieder zu vergessen droht. Darum  braucht die Kirche auch immer wieder eine Reformation, eine Erweckung aus dem Schlaf der Selbstgerechtigkeit. Und da hat Herr Stamm natürlich mit vielen seinen Kritikpunkten Recht. Nur, er geht zu wenig weit tief. Seine Kritik bleibt an der Oberfläche stehen. Die Bibel macht es da viel besser.



Zusammenfassung:
Darf der Dreieinige Gott von uns absolute Gerechtigkeit verlangen?
Herr Stamm verneint es. Da er eine vernünftige Antwort verlangt, damit er daran glauben kann, möchte ich es versuchen: Ein absolut gerechter Gott kann gar nichts anders von uns verlangen, sonst wäre er nicht absolut gut. Da der Dreieinige Gott aber nicht nur allmächtig und absolut gerecht ist, sondern auch die liebevollste Persönlichkeit, geht er nun selber hin, und übernimmt unsere tiefsten pervertierten Motiven. Der Sünden-Lohn ist der Tod. So lässt sich Gott selber von uns verachten, anspeien, auspeitschen und von uns ans Kreuz nageln. Nun kann uns Gott vergeben, ohne dass er die Gerechtigkeit verraten müsste, weil er uns seine Gerechtigkeit, die Gott selber am Kreuz errungen hat, uns schenkt.
Ist das vernünftig?
Herr Stamm hält fest: „Aber die Ansprüche, die der christliche Gott an die Menschen stellt , sind unerreichbar, unerfüllbar. Sie übersteigen das menschliche Vermögen.“ Herr Stamm hat damit absolut Recht. Damit erahnt er in etwa, was Luther vor seiner grossen Wende erlitten hatte. In dieser Situation konnte auch Luther Gott nicht lieben. Der Mönch Luther konnte diesen gerechten Gott nicht lieben, sondern hasste ihn. Bis er merkte, dass in der Bibel jeder wirklich Gerechte, der kein Heuchler ist, von Gott gerecht gesprochen wurde: Luther erkannte, dass es nicht um die aktive Gerechtigkeit geht, sondern die passive Gerechtigkeit: Römer 1,17!
Darum konnte Luther nun ein fröhlicher Sünder sein! Luther griff nicht die Gerechtigkeit Gottes an, sondern nahm sie dankbar an. Dies ist sehr schwer zu erkennen. Für uns Menschen ist es sogar unmöglich. Nur der Heilige Geist kann uns den Blick dafür öffnen. Auch hier verlangt Gott von uns etwas, was wir aus uns selber nicht können. Wir können ihn aber darum bitten. Manchmal zwingt er uns auch dazu (Bsp. Paulus oder C.S. Lewis). Gott ist grösser, als ich ihn erfassen könnte. Mein Verstand reicht dazu nicht aus. Auch kann ich ihn nicht beweisen, da er ausserhalb seiner Schöpfung steht. Aber es gibt genügend Indizien. Und wer sich auf Jesus einlässt, wird erkennen, dass Jesus die Wahrheit sagt. Die Reformatoren bezogen dies auch auf die Bibel. Das Selbstzeugnis der Bibel. Und so entwickelte sich im Westen die Freiheit nach der Wahrheit zu suchen. Aber gerade diese Freiheit könnten wir heute verlieren, weil die Postmoderne die Suche nach der Wahrheit verpönt. Damit verlieren wir aber auch die Kunst des gepflegten Streites um die Wahrheit. Mit dem Verlust der dienenden Leiter, dem Verlust der eben beschriebenen Herausforderung durch Gottes Absoluta wird unsere Freiheit und Ordnung zersetzen.
Wir alle sind herausgefordert, ob in Landes- oder Freikirche. Ob Gläubig oder nicht, dass wir diese Freiheit und Ordnung bewahren.
Ist das sektiererisch? Wenn ja, dann sind wir in einer post-christlichen Zeit. Denn dann fällt das Christentum vom Mainstream ab.
Ist das nicht ironisch? Vor nicht so langer Zeit war es genau umgekehrt: Es war sektiererisch, wenn man von dieser Freiheit abwich.
(OK: Es gehört zu den Erstaunlichkeiten, dass im Christentum gerade diese Kernbotschaft immer wieder vergessen oder hinterfragt wurde. Darum gibt es auch immer wieder Christen – in Frei- und Landeskirchen, die nicht zu ihren Sünden stehen können. Sie haben gar noch nicht gemerkt, dass Christus auch dafür gestorben ist. Darum bleiben sie in ihren Sünden gefangen. Die Extremfälle führen immer wieder zu den auftretenden Antichristen, die nicht glauben können, dass sie allein aus Gnade gerettet sind. Für sie ist der Stolz der Selbsterlösung wichtiger, als die befreiende Demütigung Gottes.)

Zweite Zusammenfassung:

Darf der Dreieinige Gott von uns absolute Gerechtigkeit verlangen?
Herr Stamm verneint es. Da er eine vernünftige Antwort verlangt, damit er daran glauben kann, möchte ich es versuchen: Ein absolut gerechter Gott kann gar nichts anderes als absolute Gerechtigkeit von uns verlangen, sonst wäre er nicht absolut gut. Da der Dreieinige Gott aber nicht nur allmächtig und absolut gerecht ist, sondern auch die liebevollste Persönlichkeit, geht er nun selber hin, und übernimmt unsere tiefsten pervertierten Motiven von denen wir oft nichts wissen. Der Sünden-Lohn ist der Tod. So lässt sich Gott selber von uns verachten, anspeien, auspeitschen und von uns ans Kreuz nageln. Nun kann uns Gott vergeben, ohne dass er die Gerechtigkeit verraten müsste, weil er uns seine Gerechtigkeit, die Gott selber am Kreuz errungen hat, schenkt.
Ist das vernünftig?
Herr Stamm hält fest: „Aber die Ansprüche, die der christliche Gott an die Menschen stellt, sind unerreichbar, unerfüllbar. Sie übersteigen das menschliche Vermögen.“ Herr Stamm hat damit absolut Recht. Damit erahnt er in etwa, was Luther vor seiner grossen Wende erlitten hatte. In dieser Situation konnte auch Luther Gott nicht lieben. Der Mönch Luther konnte diesen gerechten Gott nicht lieben, sondern hasste ihn. Bis er merkte, dass in der Bibel jeder wirklich Gerechte, der kein Heuchler ist, von Gott gerecht gesprochen wurde: Luther erkannte, dass es nicht um die aktive Gerechtigkeit geht, sondern um die passive Gerechtigkeit: Römer 1,17!

Darum konnte Luther nun ein fröhlicher Sünder sein! Luther griff nicht die Gerechtigkeit Gottes an, sondern nahm sie dankbar an. Dies ist sehr schwer zu erkennen. Für uns Menschen ist es sogar unmöglich. Und selbst das Christentum (ob Frei- oder Landeskirche) vergisst es immer wieder. Daher dieses Leistungsdenken oder sein extremes Gegenteil. Nur der Heilige Geist kann uns den Blick dafür öffnen. Auch hier verlangt Gott von uns etwas, was wir aus uns selber nicht können. Wir können ihn aber darum bitten. Manchmal tut dies Gott gegen unsere eigenen Pläne (Bsp. Paulus oder C.S. Lewis). So befreit uns Gott von unserem Leistungsdenken und macht uns zu fröhlichen Sünder, die mit der Kraft von Jesus Christus die Sünde überwinden und in einem gewissen Sinne schon überwunden haben.

In diesem Sinne hat Herr Stamm mit vielen Kritikpunkten Recht. Aber er geht zu wenig weit. Er bleibt an der Oberfläche. Die Bibel geht viel tiefer.

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