Dienstag, 12. April 2022

Wilhelm Busch

 

Wilhelm Busch  lebte vom 27. März 1897 in Elberfeld, heute Wuppertal bis am 20.Juni 1966 in Lübeck.

 

Am 20. Juni 2022 wäre Wilhelm Busch 125 Jahre geworden. Dieser Pfarrer ist nicht mit dem humoristischen Dichter und Zeichner zu verwechseln, obwohl auch dieser Pfarrer Witz hatte.

 

1931 hat eine „Universität für Erwerbslose“ gegründet. 500 junge Arbeitslose kamen täglich in die Räume des grossen Jugendhauses. Hier bekamen sie einen strukturieren Tag, konnten Fremdsprachen und Mathematik lernen. Es gab Lehrgänge in Landwirtschaft, Architektur und Stenografie und auch Musik- und Sport-Angebote. Zudem gab es jeden Morgen ein Frühstück, „das sich Busch erfolgreich zusammenzubetteln wusste.“ (aus Idea, 13.2022 Seite 24).

Es waren sehr unterschiedliche Männer, die hier zusammentragen: Kommunisten, SA-leute, Atheisten und überzeugte Jesus-Jünger. „Manchmal ging es hoch her. nicht zuletzt in der wöchentlichen „Weltanschauungsstunde“. In ihr verkündigte Busch in einer kurzen Ansprache das Evangelium wobei Gelegenheit zu anschliessender Diskussion gegeben war.“ Hier wurde unter Gottes Wort Toleranz und Freiheit gelebt.

 

Aber dieser Ort war mit zunehmender Ideologisierung des Staates gefährdet. Schon zwei Jahre später kamen die Nationalsozialisten an die Macht und wollten die Jugend als Hitler-Jugend unter ihre Kontrolle bringen. Wilhelm Busch und seine Jugendarbeit stand hier von Anfang an dagegen. Aber der Versuch sie in die HJ (= Hitlerjugend) einzugliedern sollte misslingen. Aber es gab vielerlei Konflikte.

 

„Anfang 1934 war es in Essen Mode geworden, dass die HJ nachts irgendein katholisches oder evangelisches Jugendheim überfielen und besetzte. Das war zwar illegal, doch die Polizei stellte sich blind und die Justiz taub. Der ehemalige Frontoffizier und Freikorpsangehörige Busch wollte aber auf keinen Fall sein Jugendheim kampflos der Hitler-Jugend überlassen. Er beschloss mit seinen Mitarbeitern, es im Notfall zu verteidigen, und richtet bis zu 50 Personen starke Nachwachen ein.“

 

Und tatsächlich in einer Nacht versuchten Angehörige der HJ das Haus gewaltsam zu erobern. Sie waren überrascht, auf erbitterten Widerstand zu stossen. Mit zum Teil aus Gummischläuchen bewaffneten Wiegle-Haus-Verteidiger waren sie nicht gewachsen. Sie mussten Hals über Kopf flüchten.

 

„Busch: ‚Ich hatte meinen Jungs gesagt: ‚Wenn schon, denn schon.‘“

 

Bald nun stiess Busch auf ein Buch des reformierten Pfarrers Joesph Chambon über die Geschichte der im 17. Und 18. Jahrhundert so grausam verfolgten Hugenotten (= so wurden Reformierte in Frankreich bis zur französischen Revolution genannt, da offiziell ihr Reformiertsein vom franz. Staat abgesprochen wurde.). Die Hugenotten mussten die Erfahrung machen, dass Gott nicht den Weg des gewalttätigen Widerstandes segnet. Idea schreibt:

„Wilhelm Busch: ‚In unserem Jugendkreis wurde das Buch studiert. (…) Wir begriffen plötzlich, was das heisst im Neuen Testament: ‚Wir sind geachtet wie Schlachtschafe. Hier ist Geduld und Glaube der Heiligen.‘

(…) Wir begriffen auf einmal, was es heisst: Ich stell mich in und lass mich schlagen und beschimpfen. Das ist der Weg Jesu, wie er nach Golgatha ging. (…) Das waren schmerzhafte Erkenntnisse.“

 

Hier wird sicherlich etwas ganz wichtiges festgehalten: Der Unterschied zwischen Held und Heiliger!

Gerade die biblische Prädestinationslehre zeigt uns die  Gnade Gottes als reines Geschenk Gottes, dass wir Menschen nicht unter Kontrolle haben. Und gerade das bedeutet: Im Glauben müssen wir Freiheit geben! Wir dürfen und sollen beten, dass der Heilige Geist ein Wunder tut und Bekehrung schenkt. Aber erzwingen können wir es nicht. Und auch, wenn wir aus humanistischer Denkweise nicht an die biblische Prädestinationslehre glauben wollen oder können, so wissen wir doch um die Kraft des Gebetes und dass wir nichts ohne Christus machen können, was geistlich ewig gut ist.

Nur in Christus sind wir sicher. Und nur in Christus werden wir siegen. Dazu müssen wir aber auch in Glaubenssachen mit den Waffen des Geistes kämpfen und dazu müssen wir erkennen, dass wir nicht gegen Menschen, sondern gegen geistliche Mächte kämpfen! Aber das ist natürlich nicht einfach. Paul Schneider hat dies unter der nationalsozialistischen Ideologie bis aufs Äusserte durchgezogen: Unpolitisch ganz treu in Christus bis zum Tode in einem KZ. Wenn man sein Leben liest, denkt man, für was macht er das? Warum gibt er nicht ein wenig nach? Er müsste nur sagen, ich bin nicht mehr Pfarrer in dieser Gemeinde und er wäre aus den KZ gekommen. Aber er konnte nicht schweigen. Selbst im KZ prangerte er das Unrecht an und wurde dafür geschlagen und misshandelt. Und genau mit dem riss er den Schleier über diese Ideologie weg: Es war kein Fortschritt. Die Herrenrasse war menschlicher Wahn. Ihre ganze Unmenschlichkeit wurde entblöst und sogar die nationalsozialistischen Täter konnten nur unter Scham den Leichnahm in einem versiegelten Sarg seiner Frau und Kinder übergeben. Eine Frau schrieb später der Wittwe von Schneider, dass das Beispiel von ihrem Mann sie  bewahrt hat, selber Nationalsozialistin zu werden. Wie leicht wäre es doch gewesen, nachzugeben und zu glauben, ein Herrenmensch zu sein, der sich aus „Selbstvertreidigungsründen“ die schlimmsten Gräuel an anderen Menschen zu machen zu dürfen. Diese Super-Mobbing Ideologie war durch die einfache Ehrlichkeit besiegt worden und ihre Selbstlügen ins Licht der Wahrheit gestellt.

 

Aber zurück zu Wilhelm Busch. Mit der Zeit wurde die kirchliche Jugendarbeit in Deutschland verboten. Busch verstand es aber fintenreich zu umgehen. Das entging der NSDAP-Kreisleiter nicht. So schrieb er  im Mai 1936 ein Gutachten: „Busch ist unverbesserlich. Es ist höchste Zeit, dass ihm der Einfluss auf die Jugend genommen wird. (…) Die politische Zuverlässigkeit wird unbedingt verneint.“ Idea schreibt weiter, dass er mehrmals im Verlauf der Nazizeit zu Verhören gezwungen wurde. Er war auch mehrmals vorübergehend inhaftiert.

In der Idea-Ausgabe sieht man Busch als Prediger vor uniformierten Nazis. Dazu steht geschrieben: „Busch widersetzte sich den Nationalsozialisten. Am 1. Mai 1933 fand ein Weigle-Haus-Aufmarsch auf dem Essener Burgplatz statt.“

 

Nach dem zweiten Weltkrieg war Wilhelm Busch ein überzeugter Pazifist. Mit Gustav Heinemann setzte er sich in der Adenauer-Ära gegen eine Wiederbewaffnung der Bundesrepublik und gegen die atomare Aufrüstung ein. Sein „Licht und Leben“-Ausgaben zeugen immer wieder von dieser seiner Haltung. Allerdings erkannte er auch an, das liebe Brüder im Glauben, dass auch anders sahen. So schreibt er u.a.:

 

„Ich habe wirklich Brüder im Glauben, die meine Ausführungen empörend finden.  Sie werden trotzdem meine Brüder sein und ich der ihrige. Ich sehe also an ihnen, dass man als Christ über die Aufrüstungsfrage auch anders denken kann. Aber wir wollen uns alle im Folgenden einig sein: – Dass man in der Gemeinde Jesu über die Fragen sprechen muss; – dass wir unser Urteil bilden müssen vor Gott, frei von (…) rechthaberischem Wesen; – dass  die Einheit der Gemeinde Jesu im Glauben gegeben ist.“ Idea stellt dazu fest:

„Und dass Busch in seinen Predigten oder in seiner Jugendarbeit nicht politisierte, sondern stets die christliche Heilsbotschaft in den Mittelpunkt stellte, auch das kann als durchaus nachahmenswert empfohlen werden.“

 

Dem kann ich nur zustimmen: Denn auch das ist der Unterschied zwischen Held und Heilig. Um mit Zwingli zu sagen: Menschliche Gerechtigkeit verdient im Angesicht der göttlichen Gerechtigkeit nicht einmal das Wort Gerechtigkeit. Aber in dieser Zwischenzeit leben wir in einer solchen Welt. Und zum Denken gehört die Unterscheidung. Gott schuf die Welt und danach schied er Licht und Dunkel usw. In dieser Art Denken sind wir Gott ähnlich (= nicht Gott, aber ähnlich), als seine Ebenbilder.

 

 Gerade in Corona-Zeiten scheint mir das auch sehr wichtig.

 

Wilhelm Busch fand in den Schrecken des ersten Weltkrieges zu einem lebendigen Glauben an Jesus Christus. 1920 war er Gemeindepfarrer in einem Bergarbeiterbezirk in Essen. Ab 1930 war er Jugendpfarrer und Leiter des Essener Jugendhauses, dass später Weigle-Haus genannt wurde. Während des Nationalsozialismus war er Anhänger der Bekennenden Kirche. 1967, nach seinem Tode, erschien sein berühmtes Buch „Jesus uns Schicksal“ mit 17 evangelistischen Vorträgen von ihm.

Als Vater hatte er mit seiner Frau vier Töchter und zwei Söhne. Ein Kind starb im Kleinkindalter und ein anderes starb als Soldat in Russland.

Dieser Beitrag stammt von Herrn Matthias Hilbert, Idea 13.2022, Seite 24 und 25. Herr Matthias Hilbert ist Lehrer und 2021 ein Buch „Unvergessene Pastoren und Evangelisten. Sechs Lebensbilder“ im Adlerstein-Verlag veröffentlicht:

BoD 132 Seiten ISBN 978-3-7534-4223-5, Euro 9,90

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