Sonntag, 13. April 2025

Ostern 2025

 

Ostern 2025                                 Kreuz und Auferstehung

 

Einleitung: Macht und Machtmissbrauch

 (Der Text kann man unten auf YouTube als Vortrag in zwei Teilen anhören.)

„Etwas andres ist es um die Amtsgewalt oder die dienstliche Bevollmächtigung; sie ist umgrenzt von dem, der der Inhaber der vollen Gewalt ist. Diese Amtsgewalt ist mehr ein dienen als ein Herrschen.“ Aus dem Zweiten Helvetischen Glaubensbekenntnis von Heinrich Bullinger, Seite 95.

Dies bedeutet, wie einige Sätze vorher zu lesen ist: „Über diese Gewalt haben gewisse Leute den Mund allzu voll genommen und haben ihrer Gewalt auch alles Höchste auf Erden untergeordnet, und das gegen den Befehl des Herrn, der den seinen zu herrschen verboten, ihnen vielmehr Demut anbefohlen hat (Luk. 22,24 ff.; Mt. 18,3 f.; 20,25 ff.). S. 94

„Wahrhaft anderer Art ist die volle und uneingeschränkte Gewalt, welche auch von Rechts wegen so genannt wird. Nach solcher Gewalt sind dem Herrn Christus alle Dinge der Welt unterworfen, wie er selbst bezeugt und gesagt hat: ‚Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden‘ (Mt. 28,18). S. 94+95

 

„Und Jesus trat herzu, redete mit ihnen und sprach:

 

Mir ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden.

 

So geht nun hin und macht zu Jüngern alle Völker, und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes

Und lehrt sie alles halten, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Weltzeit!

Amen.“                                                           (Matthäus 28,18–20)

 

Ich weiss nicht, warum Gott die Weltgeschichte so komplex ablaufen lässt. Ich weiss zwar vom Petrusbrief, dass es Gnade ist, dass Jesus Christus noch nicht zum zweiten Mal gekommen ist, d.h., dass sich noch mehr Menschen bekehren können. Ich weiss auch, dass Gott selber unfassbar ist und seine geschaffene Welt ist auch beeindruckend überraschend und überreich. Der Grund wird vielleicht irgendwo in dem allem liegen.

Und ich bin zum Glück nicht Gott und kann nicht alles wissen. Oder selbst für Leute, die noch mehr studiert haben gilt, wie Calvin einst sagte: Es gibt eine gelehrte Unwissenheit.

 

Wir sehen eine Welt, die Gott gut geschaffen hat. Aber das von Gott gut geschaffene wird verbogen und pervertiert. Seit dem Sündenfall ist der Tod der Stachel der Sünde. Menschen verirren ist in irrigen Ideen und fügen sich selber und anderen unnötiges Leid zu. Menschen scheinen sich selber ihre eigene Hölle zu bauen. Und je besser etwas ist, umso mehr kann es in seiner Perversion Böses wirken. Natürlich gilt auch das Umgekehrte: Die grösste Perversion, die grösste Verbiegung des Guten, kann, wenn es wieder geradegebogen wird, wieder das wahre Gute hervorstrahlen. Darum kann eine grosse Sünde, die Gott heilt, zu einem grossen Segen werden oder aus den grössten Sündern, besondere Gottesmänner werden. Dazu ein Beispiel: Paulus war in seiner Zeit der grösste Christenverfolger und wurde – durch ein Wunder Gottes – zum grössten Missionar seiner Zeit. Natürlich war er noch nicht verherrlicht und er machte immer noch krumme Sachen, wie den Streit mit Barnabas. Aber es war doch schon wesentlich anders, als vor seiner Bekehrung. Und auch wir verdanken ihm als Apostel von Jesus Christus sehr viel. Sein theologisches Wissen wurde vom Heiligen Geist besonders genutzt. Darum wird er heute auch gerne von gewissen Theologen und Theologinnen gerne angegriffen. Aber das erlebte Paulus ja schon zu seinen Lebzeiten.

 

Alles andere Gute wird ebenso von der Sünde umgebogen. Das gilt natürlich auch für die Macht. Das herrliche Herrschen Gottes und die Macht, die Gott an Adam für diese Welt auftrug, können wir uns als Menschen nach dem Sündenfall kaum noch vorstellen, weil wir in dieser Welt die Macht oft nur verbogen sehen. Und manchmal sehen wir sie sogar als wirklichen Machtmissbrauch. Und leider ist sogar die christliche Welt nicht ausgeschlossen: Hier gibt es sogar geistlichen Missbrauch. Das obenerwähnte Zitat aus dem Zweiten Helvetischen Glaubensbekenntnis kämpft gegen geistlichen Missbrauch und Machtmissbrauch in der alten Kirche vor 500 Jahren: Vor 500 Jahren hatten Kirchenführer sogar politische Macht. Der Pfarrer und Bischof von Rom wollte alleiniger Stellvertreter von Jesus Christus auf Erden sein: Aber auch die anderen Bischöfe waren in der abendländischen Kirche zugleich auch Fürsten mit weltlicher Macht, wie ja auch in Basel. Darum ist der Basler Stab ein Bischofsstab. Hier herrschte einst ein Bischof, ein „Hirte“ als Fürst. Natürlich ein Unding, dass in der Reformation in Basel korrigiert worden ist. Und wir werden sehen, dass auch in alttestamentlichen Zeiten es ein Problem mit Bischöfen gab. Bischof bedeutet übrigens Hirte. Laut reformierter Auffassung sind in der biblischen Ordnung alle Älteste gleichberechtigte Hirten und „Bischöfe“ mit unterschiedlichen Gaben. Im Lauf der Kirchengeschichte gab man dem vorsitzenden Bischof aber mehr Macht, weil man so Streitigkeiten im Ältestenrat schneller schlichten wollte. Es war leider oft so, dass man vor der Reformation Reformen so umsetzte, dass man die Kirche hierarchischer machte. Calvin war der Meinung, man dürfe auch zu den biblischen Ordnungen zurückkehren. Darum gibt es presbyterianische Kirchen. Noch heute gibt es viele Kirchen, die das Hirtenamt auf einen Bischof beschränken, wie die römisch-katholische Kirche, die Anglikaner, die Lutheraner, Methodisten usw. Wobei die Machtbasis aber je nach Kirche für einen Bischof trotzdem sehr unterschiedlich sein kann. So ist das Pfarrersein je nach Kirche unterschiedlich. Die Basler Reformierten, wie auch die Zürcher und Schaffhauser haben noch eine Sonderlösung, indem sie einen Antistes hatten, also einen Kirchenführer. Heute ist das in Basel der Präsident des Kirchenrates, Herr Lukas Kundert (23.4.1966 geboren).

 

Nach dieser Einleitung wollen wir auf Gottes Wort hören:

 

„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.

Dieses war im Anfang bei Gott.

Alles ist durch dasselbe entstanden; und ohne dasselbe ist auch nicht eines entstanden, was entstanden ist.

Ihn ihm war Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.

Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht begriffen.“

                                                                                                                (Johannes 1,1–5)

 

„Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht.

Er kam in sein Eigentum und die Seinen nahmen ihn nicht auf.

Allen denen aber, die ihn aufnahmen, gab er Vollmacht Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben;

Die nicht aus Geblüt, noch aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind.

Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des Eingeborenen vom Vater; volle Gnade und Wahrheit.“    

(Johannes 1,10–14)

 

„Menschensohn, weissage wider die Hirten Israels, weissage und sprich zu ihnen, den Hirten:

So spricht Gott der HERR:                            Wehe den Hirten Israels, die sich selbst weiden!

 

Sollen die Hirten nicht die Herde weiden?                                               (Ezechiel 34.2)

 

Das Schwache stärket ihr nicht, das Kranke heilet ihr nicht, das Verwundete verbindet ihr nicht, das Verscheuchte holt ihr nicht zurück, und das Verlorene suchet ihr nicht,

sondern streng und hart herrschet ihr über sie! Und so haben sie sich zerstreut, weil sie ohne Hirten waren, und sind allen wilden Tieren des Feldes zur Speise geworden und haben sie zerstreut.“                                                                                               (Ezechiel 34,4–5)

 

So wahr ich lebe, spricht Gott, der HERR, weil meine Schafe zum Raube und allen wilden Tieren des Feldes zur Speise geworden sind, weil sie keinen Hirten haben und meine Hirten meinen Schafen nicht nachfragen, weil sie nur sich selbst nicht meine Schafe weiden,

so höret, ihr Hirten, das Wort des HERRN!

So spricht Gott, der HERR: Siehe, ich will an die Hirten und will meine Schafe von ihren Händen fordern und will ihrem Schafeweiden ein Ende machen, und die Hirten sollen hinfort auch sich selbst nicht mehr weiden; denn ich will meine Schafe aus ihrem Maul erretten, dass sie hinfort nicht ihre Speise sein sollen. Denn also spricht Gott, der HERR: Siehe, ich selbst will meinen Schafen nachforschen und sie suchen!

Wie ein Hirt seine Herde zusammensucht an dem Tage, da er mitten unter seinen zerstreuten Schafen ist, so will ich meine Schafe suchen und sie aus allen Orten erretten, dahin sie sich an dem neblichten und dunklen Tage zerstreut haben.

Ich will sie aus den Völkern herausführen und aus den Ländern zusammenbringen und will sie in ihr Land führen und sie weiden auf den Bergen Israels, in den Tälern und allen Wohnorten des Landes.

Auf einer guten Weide will ich sie weiden; und ihre Trift soll auf den hohen Bergen Israels sein, daselbst sollen sie sich in einer guten Hürde lagern und auf den Bergen Israels fette Weide haben!

 

Ich will selbst meine Schafe weiden und sie lagern, spricht Gott der HERR.“                                                                                                                                     (Ezechiel 34;8–15)

 

In Lukas 15,1–7 nimmt unser Herr Jesus Christus ebenfalls das Bild eines Hirten auf. Pharisäer und Schriftgelehrte – also Menschen, die Gott und sein Wort ernst nehmen wollten – wie wir – sagten: „Dieser nimmt Sünder an und isst mit ihnen!“ (Lukas 15.2b). Es gab eine rabbinische Regel, dass man sich mit unmoralisch lebenden Menschen nicht zusammentun soll. Dies ist sicherlich eine gute Regel, wenn man durch unmoralische Menschen selber versucht wird. Allerdings wurde es vermutlich nicht nur zum Schutz vor der Versuchung gelebt, sondern auch um sich selber über Sünder zu erhöhen. Also manchmal war auch die irrige Idee dahinter, seinen eigenen Minderwert durch die Erniedrigung anderer zu stillen. Dieses Problem wird in diesem Text nicht angesprochen. Es scheint, dass sie trotz ihrer Bibelkenntnisse Ezechiel 34 und andere entsprechende Bibelstellen nicht bewusst vor Augen hatten. Nun kam Jesus Christus, der gute Hirte, der wahre Arzt, der das Kranke heilen kann und weitete ihren Horizont mit diesem Gleichnis in Lukas 15.1–7: Jesus Christus endete:

 

„Ich sage euch, so wird auch Freude sein im Himmel über einen Sünder, der Busse tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Busse nicht bedürfen.“ (Lukas 15,7)

Gibt es Gerechte, die keiner Busse bedürfen? Laut der Bibel sind Menschen nur passiv gerecht, d.h. sie erhalten die Gerechtigkeit Gottes aus Gnade und sind darum gerecht. Diese Erkenntnis war für Martin Luther der Grund seiner Bekehrung: Weg von einem Leistungsdenken, dass durch eigene Werke versuchte eine aktive Gerechtigkeit selber zu schaffen. Dies trieb ihn in die Verzweiflung, weil er so Gott nicht lieben konnte. Im Gegenteil: Er konnte sich nicht selber ein reuiges Herz schaffen. Und nun erkannte Luther auf Grund von Römer 1,17[1]: Er muss nur zu Jesus Christus gehen und von Jesus Christus seinem Heiland die passive Gerechtigkeit schenken lassen. So dürfen auch wir IMMER zu unserem guten Hirten und Heiland Jesus Christus gehen. Als Sünder gehen wir zu Jesus Christus. Und er macht uns rein und schenkt uns seine Gerechtigkeit. In Christus erhalten wir die Identität von Jesus Christus. Wir sind vor Gott dem Vater wie Christus. Unsere Sünden sind vergeben, weil der Fluch des Gesetzes Jesus Christus an Karfreitag ans Kreuz getragen hat. Und weil er an Ostern wieder auferstanden ist, sind wir dem Gesetz und damit auch dem Fluch des Gesetzes gestorben und was wir nun leben, leben wir in Christus. Gleichzeitig erfüllt Jesus Christus das Gesetz Gottes. Und Gott der Vater darf uns als seine Kinder adoptieren. Er gibt uns den Ehrentitel: Erben Gottes = Söhne Gottes. Damit erreicht Gott der Vater sein Ziel, dass er vor Erschaffung der Welt mit uns hatte:

 

„Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns mit jedem geistlichen Segen gesegnet hat in den himmlischen (Bereichen) in Christus,

wie er uns in ihm auserwählt hat vor Grundlegung der Welt, damit wir heilig und tadellos seien vor ihm in Liebe.

Er hat uns vorherbestimmt zur Sohnschaft für sich selbst durch Jesus Christus, nach dem Wohlgefallen seines Willens,

zum Lob der Herrlichkeit seiner Gnade, mit der er uns begnadigt hat in dem Geleibten.

In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden nach dem Reichtum seiner Gnade, die er uns überströmend widerfahren liess in aller Weisheit und Einsicht.“                                                                                        (Epheser 1,3–8)

 

Eine wunderbare Zusammenfassung, die Ihr vielleicht zu Hause selber zu Ende lesen könnt.

 

Darum können wir sicher sein: „Und es soll geschehen: Jeder, der den Namen des Herrn anrufen wird, wird errettet werden.“                                                (Apostelgeschichte 2,21)

 

Und warum hat sich das Gott der Vater alles so ausgedacht?

 

„ich in ihnen und du in mir, damit sie zu vollendeter Einheit gelangen, und damit die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, gleichwie du mich liebst.“

                                                                                                          (Johannes 17,23)

 

Weil uns Gott der Vater so liebt, wie er Jesus Christus liebt! Darum will er uns in die Perichorese der Dreieinigkeit aufnehmen: In die Liebe des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes! Darum sind wir ja auch auf den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist getauft worden.

 

Der Vater hat es sich so ausgedacht. Der Sohn hat es auf sich genommen und es ausgeführt und der Heilige Geist erklärt und wirkt es in uns.

 

An Karfreitag denken wir an die Kreuzigung von Jesus Christus. Als der wahre gute Hirte, Gott selber ein Buschi wurde (= Weihnachten) und uns die Liebe Gottes zeigte und am Kreuz für unseren Fluch, für unsere Pervertierung des von Gott geschaffenen Guten, für unsere Pervertierung des guten Gesetztes Gottes am Kreuz starb. Gott selber erlebte Gottesferne. Auf ihm ruhte die ganze Schuld der ganzen Welt, als er am Kreuz für unsere Sünden starb. Damit erfüllte er Jesaja 53,3 ff:

 

„Verachtet war er und verlassen von den Menschen, ein Mann der Schmerzen und mit Krankheit vertraut; wie einer, vor dem man das Angesicht verbirgt, so verachtet war er, und wir achteten seiner nicht.“ (Jesaja 53,3)

Selbst ein Mann, der mit Jesus gekreuzigt wurde, verhöhnte noch Jesus am Kreuz.

 

„Doch wahrlich, unsere Krankheit trug er, und unsere Schmerzen lud er auf sich; wir aber hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und geplagt;

Aber er wurde durchbohrt um unserer Übertretung willen, zerschlagen wergen unserer Missetat, die Strafe, uns zum Frieden, lag auf ihm, und durch seine Wunden sind wir geheilt.

 

Wir gingen alle in der Irre wie Schafe, ein jeder wandte sich auf seinen Weg; aber der HERR warf unser aller Schuld auf ihn.

 

Da er misshandelt ward, beugte er sich und tat seinen Mund nicht auf, wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird, und wie ein Schaf, das vor seinem Scherer verstummt und seinen Mund nicht auftut.

 

Infolge von Drangsal und Gericht wurde er weggenommen; wer bedachte aber zu seiner Zeit, dass er aus dem Lande der Lebendigen weggerissen, wegen der Übertretung meines Volkes geschlagen ward?

 

Und man gab ihm bei Gottlosen sein Grab und bei einem Reichen seine Gruft, obwohl er kein Unrecht getan hatte und kein Betrug in seinem Munde gewesen war.

 

Aber dem HERREN gefiel es, ihn zu zerschlagen, er liess ihn leiden. Wenn er seine Seele zum Schuldopfer gegeben hat, so wird er Nachkommen sehen und lagen leben; und des HERRN Vorhaben wird in seiner Hand gelingen.

 

An der Arbeit seiner Seele wird er sich satt sehen, durch seine Erkenntnis wird er, mein Knecht, der Gerechte, viele gerecht machen, und ihre Schulden wird er auf sich nehmen.

Darum will ich ihm unter den Grossen seinen Anteil geben, und er soll Starke zum Raube erhalten, dafür, dass er seine Seele dem Tode preisgegeben hat und sich unter den Übeltäter zählen liess und die Sünden vieler getragen und für die Übeltäter gebetet hat!“  

(Jesaja 53,3–12)

 

Jesus Christus ist der wahre Hirte und Heiland. Damit erfüllt er auch Ezechiel 34. In Jesus Christus kommt Gott selber als der gute Hirte zu uns, wie ja auch Jesus Christus selber von sich sagte:

 

«Ich bin der gute Hirte, der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe  (Johannes 10,11)

 

Wer kann das alles fassen:

 

Gott erschafft das Weltall durch sein Wort, durch Jesus Christus. Vor Erschaffung der Welt liebt und erwählt er uns und weiss, wie er uns aus dem Sündenfall, dieser grossen Perversion des von Gott gut Geschaffenen, erretten will.  

 

Gott gab Adam diese Welt, unsere Erde. Und Adam unterstellte sich dem Teufel. Kein Wunder haben wir nun diesen Ärger auf dieser Welt. Gott lässt das Böse bis zu einem gewissen Grade zu. Aber Gott greift auch immer wieder ein, sonst hätte das Böse schon längstens jedes menschliche Leben auf dieser Erde ausgelöscht. Vermutlich ist der Teufel als gefallener Engel, als Geistwesen auf uns Menschen eifersüchtig: Wie kann sich Gott solch merkwürdigen körperlichen Wesen wie uns Menschen so annehmen? Warum will er mit solchen Wesen, die eine Mischung aus Tier und Geist bestehen, zusammenarbeiten? Ja warum bezeichnet er sie sogar als Ebenbilder Gottes? Diese Menschen sind gebunden an Zeit und Raum und sind oft mehr Schafe, die dumm herumblöcken. Vermutlich darum versucht der Teufel uns auch weiss zu machen, dass das Körperliche weniger wert habe. Aber Jesus Christus kam im Fleisch, d.h. Gott selber wurde ein Mensch mit einem Körper. Ja er kam sogar zuerst als ein Buschi, dass von menschlichen Eltern, vermutlich im Teenager-Alter erzogen wird. Und er wird uns als ganze Menschen retten, als Körper und Geist, schlussendlich mit einem Auferstehungsleib, wie es Jesus Christus hat.

 

Gott ist immer wieder erstaunlich. Er ist sehr unkonventionell.

 

Gott selber stirbt für unsere Sünden. Der Teufel merkte vermutlich nicht, dass sich damit 1. Mose 3.15 erfüllte:

«Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir und dem Weibe, zwischen deinem Samen und ihrem Samen; derselbe soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen.» (1. Mose 3.15)

Das erste Evangelium, gerade nach dem Sündenfall. Die erste – noch etwas verschlüsselte – frohe Botschaft über unseren Messias = unseren Christus Jesus = unseren Heiland.

 

Das Böse ist keine eigene Substanz. Darum wurde sie auch nicht erschaffen. Gott erschuf alles gut, laut 1. Mose 2,31 sogar sehr gut.

 

Das Böse aber pervertiert das Gute. Es nimmt das Gute und verbiegt es. Dadurch erhält das Böse auch seine Kraft: Er nimmt die Kraft des Guten und verbiegt es. Und je besser das Verbogene ist, umso kräftiger wirkt das Böse. Allerdings will das Böse damit nichts schaffen, sondern nur zerstören und töten. Der Teufel ist der Lügner, der das Gute Böse und das Böse gut nennt, damit er uns verwirrt und uns falsche Hoffnungen weckt. So können, wie Gott in Ezechiel 34 erklärt, selbst menschliche Hirten der Kirche zu selbstsüchtigen Herrschern werden. Auch das Gesetz Gottes wird in der Gesetzlichkeit verbogen. Und überhaupt, das gute Gesetz Gottes, dass Leben schafft, drückt uns so sehr, weil wir als Sünder nicht das Gesetz erfüllen können. So stachelt uns das gute Gesetz Gottes sogar noch dazu an, umso mehr zu sündigen: Entweder, indem wir Gottes Gesetz ablehnen und als Gesetzlose und Gottlose leben oder indem wir als Heuchler das Gesetz Gottes verbiegen, um mit dem Gesetz Gottes zu sündigen und so verloren zu gehen.

 

Aus dem Allem hat uns Jesus Christus befreit. Übrigens das versuchte Jesus Christus auch den Pharisäern mit dem Gleichnis der zwei verlorenen Söhne zu erklären. Wenn wir dieses Gleichnis nur als «vom verlorenen Sohn» kennen, dann haben wir nur einen Teil des Gleichnisses verstanden. In erster Linie geht es um den gesetzlichen, «brav» beim Vater gebliebenen älteren Sohn, der seinen Bruder, der in Sünde gefallen ist, nicht liebt und sich darum auch nicht über seine Umkehr freuen kann. Er liebt auch den Vater nicht, der ein Bild für Gott den Vater ist. Er will Gott mit seiner Gesetzlichkeit zwingen, dass zu tun, was seine Sünde verlangt. Darum erzählt Jesus dieses Gleichnis ja auch einem Pharisäer, also einem wie uns, der die Bibel ernst nimmt und danach leben will.

 

Pharisäer sollten gute Hirten sein und das verstehen können. Nicht nur für andere Menschen, sondern für ihr eigenes Heil sollten sie das verstehen und umkehren zu ihrem Vater, indem sie nicht nur äusserlich dem Vater nahe sind, sondern auch in ihrem Herzen.

 

In Lukas 15,1 sehen wir, dass hier Jesus Christus diese folgenden Gleichnisse für Pharisäer und Schriftgelehrte erzählt. Das Gleichnis von den verlorenen zwei Söhnen finden wir dann in Lukas 15,1–32.. Jesus Christus schliesst dieses Gleichnis dann ab, indem er zu den Pharisäern und Schriftgelehrten sagt, bezw. im Gleichnis sprach der Vater zum älteren Sohn:

 

«Er aber sprach zu ihm: Mein Sohn, du bist allezeit bei mir, und alles, was mein ist, das ist dein.

Du solltest aber fröhlich sein und dich freuen; denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden, und er war verloren und ist wiedergefunden worden!»  (Lukas 15,32)

 

Und ist nicht das ganze Geschehen an Karfreitag, ein Missbrauch der Hirten, der Leitung der Kirche? In der damaligen Kirchenleitung gab es auch Sadduzäer. Sie stellten den Hohen Priester und hatten die eigentliche Macht in Händen. Ihre Theologie war dem Zeitgeist angepasst und sie konnten sich gut in ihrem Reichtum und Priesteradel in dieser Zeit zurechtfinden. Sie glaubten nicht an die Auferstehung der Toten. Pharisäer hatten sehr Mühe mit ihrem zeitgeistlichen Theologieverständnis. Auf jeden Fall wollte die Mehrheit des Sanhedrin den Tot ihres Messias = ihres Christuses. Ist das nicht eine Perversion der Superlative? Aber in dem Allem schenkte es Gott, dass dem damaligen Präsidenten der Kirche, dem gewählten Hohen Priester des Sanhedrin (= Hoher Rat), Kajaphas, ein Sadduzäer, eine Weissagung geschenkt wurde, die er wohl selber nicht so verstand:

 

«’Ihr wisst nichts und bedenkt nicht, dass es für uns besser ist, dass ein Mensch für das Volk stirbt, als dass das ganze Volk verdirbt!

Dies redete er aber nicht aus sich selbst; sondern weil er in jenem Jahr Hohepriester war, weissagte er; denn Jesus sollte für das Volk sterben, und nicht für das Volk allein, sondern damit er auch die zerstreuten Kinder Gottes in Eins zusammenbrächte 

(Johannes 11,50–52)

 

Und merken wir, dass das gesamte Geschehen an Karfreitag und Ostern von Gott vorausgeplant war? Ja, das ganze Leben von Jesus Christus war so von Gott geplant, schon vor Erschaffung dieser Welt:

 

«Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan, damit er die, welche unter dem Gesetz waren, loskaufte, damit wir die Sohnschaft empfingen.

Weil ihr nun Söhne seid, hat Gott den Geist seines Sohnes in eure Herzen gesandt, der ruft: Abba, Vater!

So bist du also nicht mehr Knecht, sondern Sohn; wenn aber Sohn, dann auch Erbe Gottes durch Christus.»                                                                 (Galater 4,4–7)

In wenigen Worten nochmals alles in Galater 4,4–7 erklärt.

 

Wir alle, Frauen und Männer, Kinder und Alte, sind in Jesus Christus eins und erbberechtigte Söhne Gottes! Wir werden so geliebt, wie Gott der Vater seinen Sohn Jesus Christus liebt. Und auch wenn wir der rebellierende Sohn oder die davonlaufende Tochter sind oder der bleibende Sohn oder die bleibende Tochter beim Vater, so sind wir alle in Jesus Christus befreit, versöhnt und glücklich, wenn wir nicht äusserlich oder innerlich von der Gnade und der Barmherzigkeit davonlaufen, wie die zwei Söhne mit Gleichnis der zwei verlorenen Söhne. Ganz genau genommen, könnte man natürlich sagen der ältere Sohn ist ja beim Vater geblieben. Wie kann er da verloren sein? Da können wir uns selber fragen: Lassen wir uns etwas von Gott sagen?

Gerade diesen Sonntag sagte mir ein älterer Herr vor dem Gottesdienst, dass ich zu schnell um eine Ecke gefahren sei. Was wäre geschehen, wenn ein Kind herausgesprungen wäre. Ich meinte, ich hätte anhalten können, da ich nicht so schnell fuhr. Aber ich bin mir nicht so sicher. Auf jeden Fall spürte ich einen Stolz in mir, der sich das nicht sagen lassen wollte. War das nicht der selbstgerechte Stolz, der ins verderben führen würde, wenn ich diesem Stolz nachgeben würde? Ist es nicht die wahre Befreiung, diesen selbstgerechten Stolz zu demütigen? Dahinter versteckt sich vermutlich sogar der Selbsterlösungsstolz, der sich immer selber rechtfertigen will, anstelle mit der Sünde zu Jesus Christus zu gehen und wahre Befreiung zu erleben.

In diesem Sinne ist es gut, gedemütigt zu werden. Und es ist sicherlich besser, dies in Worten zu hören, als wenn ich tatsächlich in ein Kind gefahren wäre.

 

Denn unsere Heilssicherheit liegt nicht in uns, sondern ganz alleine bei Gott, dem Vater, der uns vor Erschaffung der Welt geliebt und erwählt hat und ihn Jesus Christus, seinem Sohn, der uns ebenfalls liebt und im Heiligen Geist, der uns hilft und vor Gott dem Vater mit Seufzen eintritt, wenn wir beten.

 

«Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach dem Vorsatz berufen sind.

Denn die er zuvor ersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, dem Ebenbild seines Sohnes gleichgestaltet zu werden. damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern.

Die er aber vorherbestimmt hat, die hat er auch berufen,

die er aber berufen hat, die hat er auch gerechtfertigt, die er aber gerechtfertigt hat, die hat er auch verherrlicht.

Was wollen wir nun hierzu sagen? Ist Gott für uns, wer mag gegen uns sein?

Er, der sogar seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern ihn für uns alle dahingegeben hat, wie sollte er uns mit ihm nicht auch alles schenken?

Wer will gegen die Auserwählten Gottes Anklage erheben? Gott (ist es doch), der rechtfertigt!

Wer will verurteilen? Christus (ist es doch), der gestorben ist, ja mehr noch, der auch auferweckt ist, der auch zur Rechten Gotts ist, der auch für uns eintritt!

Wer will uns scheiden von der Liebe des Christus? Drangsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blösse oder Gefahr oder Schwert?

Wie geschrieben steht: ‘Um deinetwillen werden wir getötet den ganzen Tag; wie Schlachtschafe sind wir geachtet!’

So sehen wir eine Welt vor uns, die durch den Sündenfall entstellt ist. Das Gute wird pervertiert. Und in uns selber wütet ein geistlicher Kampf, der aber Christus schon lange gewonnen hat.

Die Kirche ist nicht, was sie sein sollte. Die Mehrheit der Leitung wünscht sogar den Tod für die Erfüllung ihres Glaubens: Jesus Christus.

Aber auch Nichtchristen seien gewarnt: Alle rein menschlichen Verbesserungsversuche werden nicht gelingen: Weil das wahre Problem in uns liegt und nicht wegorganisiert werden kann. Wir schaffen höchstens eine unvollkommene Gerechtigkeit, die im Angesicht der Gerechtigkeit Gottes nicht einmal das Wort Gerechtigkeit verdient. Zwingli drang sehr stark darauf und er hatte recht. Denn, wenn wir das vergessen, werden selbst unsere besten Versuche, es nur noch schlimmer machen, weil wir uns selber und unsere Ideen idealisieren, anstelle den wahren Dreieinigen Gott. Ohne das Korrektiv von Gott verlieren wir uns früher oder später in uns selber und wir machen unsere eigene Hölle. Dann wollen wir nicht nur Christus ans Kreuz bringen, sondern wir bringen uns selber ans ehrlich verdiente Kreuz des Fluches und Todes.

Martin Luther meinte, der Sündenfall sei eigentlich, dass wir selber Gott sein wollen. Und ich glaube es ist wahr: Wir wollen der Massstab sein. Wir wollen geehrt werden und wollen nicht Gott die Ehre geben. Darum klingen die Verdrehungen des  Teufels so verlockend für den «natürlichen Menschen». Aber uns hat Jesus Christus herausgerufen. Nun können wir in Christus aufleben und uns von Gott beschenken lassen. Ein anderes Herz wird andere Werke hervorbringen. Darum ruft Paulus den Galatern in Galater 5.14 + 15 zu, dass wir Christen uns nicht gegenseitig beissen und fressen sollen, sondern den Nächsten wie mich selber lieben soll. Und dann in Galater 5,16 ff:

 

«Ich sage aber: Wandelt im Geist so werdet ihr die Begierden des Fleisches nicht vollbringen.

Denn das Fleisch begehrt auf gegen den Geist und der Geist gegen das Fleisch; und diese widerstreben einander, so dass ihr nicht das tut, was ihr wollt.

Wenn ihr aber vom Geist geleitet werdet, so seid ihr nicht unter dem Gesetz.» (Galater 5,16–18)

 

«Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung. Gegensolche Dinge gibt es kein Gesetz.» (Galater 5,22+23)

 

Zuerst muss unser Herz anders werden, dann müssen wir zu Christus und uns vom Geist bestimmen lassen und dann werden wir immer mehr die Frucht des Geistes leben und damit werden auch unsere Werke anders.

 

Darum funktioniert das lebensspende Gesetz Gottes bei uns nicht: Es drückt nur von Aussen und vermag unsere innersten Motive, unser Herz nicht zu verändern. Aber das Gesetz kann uns zu Christus treiben, der alles gut macht. Dabei dürfen wir wissen, dass es schon ein Wunder in uns war, dass wir zu Christus gehen: Der Heilige Geist schenkte uns eine geistliche Wiedergeburt, indem er oft ein Bibelwort oder eine Predigt nutzt und in uns das Wunder der geistlichen Wiedergeburt schenkt. Dann wollen wir zu Jesus Christus. Dann wollen wir uns zu Gott bekehren.

 

Denn, ‘Jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden’.

Wie sollen sie aber den anrufen, an den sie nicht geglaubt haben? Wie sollen sie aber an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie aber hören ohne einen Verkündiger?

Wie sollen sie aber verkündigen, wenn sie nicht ausgesandt werden?

Wie geschrieben steht: ‘Wie lieblich sind die Füsse derer, die das Evangelium des Friedens verkündigen, die das Evangelium des Guten verkündigen!’»  (Römerbrief 10,13 –15

 

Jesus Christus wurde mit zwei Verbrechern gekreuzigt. Sehen wir den einen, wie er Jesus Christus am Kreuz verhöhnt? Der andere Verbrecher aber steht zu seiner Schuld und wendet sich damit an Jesus Christus. Vermutlich keucht er mühsam die Worte hervor in seinem Todesringen am Kreuz:

 

«Der andere aber antwortete, tadelte ihn und sprach:

‘Fürchtest auch du Gott nicht, da du doch in dem gleichen Gericht bist?

Und wir gerechterweise, denn wir empfangen, was unsere Taten wert sind;

Dieser aber hat nichts Unrechtes getan!

Und er sprach zu Jesus:

Herr, gedenke meiner, wenn du in deiner Königsherrschaft kommst!

Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein!’»



[1] „denn es wird darin geoffenbart die Gerechtigkeit Gottes aus Glauben zum Glauben, wie geschrieben steht: ‚Der Gerechte wird aus Glauben leben‘.“ Römer 1,17: „Als Luther diesen Vers las, bewirkte er bei ihm das entscheidende Verständnis der Rechtfertigung.“ Genfer Studienbibel Seite 1830.