Samstag, 22. August 2020

Typisch Evangelisch Grundbegriffe des Glaubens von Siegfried Kettling (u.a. eine mögliche Antwort Martin Luthers auf Friedrich Nietzsche)

 Ich habe mit dem Lesen dieses Buches begonnen und bin tief beeindruckt.

„justitia distributiva“ = so fasste Luther zuerst Gottes Gerechtigkeit auf: fordernd, strafend, verurteilende Instanz. (S. 16)

Die Leistungsgerechtigkeit = «justitia activa» trieb Luther in die Verzweiflung und teilweise in einen Gottes Hass.

S. 23: hier ist Luther gar nicht so weit weg, wie der Philosoph Friedrich Nietzsche, der « Die Moral, das Gottesgebot, das Gewissen, vor allem aber Gott selbst, muss weg. Gepriesen sei der Antichrist, der uns das neue ‘moralinfreie’ Leben ermöglicht, das Leben in Freiheit, das Leben ‘jenseits von gut und böse’.

Martin Luther hätte diesem Philosophen geantwortet: Das, was du suchst, das, was du unter Abschaffung Gottes erstrebst, eben das hat Gott uns in Jesus Christus geschenkt! Er hat uns einen Platz, einen festen Standort geschenkt, der nicht begründet ist durch unsere guten Werke und der nicht unterwühlt und gesprengt wird durch all unsere Bosheiten. Die Gnade gibt uns eine Position jenseits, oberhalb all unserer Taten, jenseits und oberhalb der Forderung und des  vernichtenden Urteils des Gesetzes. Jesus Christus nimmt uns in Gnaden an, das ist in der Tat ‘eine transmoralische Rechtfertigung des Menschen’ (Rohrmoser). Nicht wegen unserer Werke werden wir gerechtfertigt.»

Denn die «justitia passiva» ist ganz anders!

 «Er ist uns gemacht zur Gerechtigkeit» (1 Kor 1,30).

Darum ist Jesus (laut Luther): «der grösste Räuber, Mörder, Ehebrecher, Dieb, Tempelschänder, Lästerer …, der durch keinen Verbrecher in der Welt je übertroffen wird» (S. 16 und 17).

 So radikal habe ich noch nie die Begründung für die  Gnade Gottes gehört.

 

«Die ganze Gewalt liegt darin, dass einer die Pronomina gut auf sich bezieht.» sagt Luther (S. 17): «Für dich!»

 «Alle ist verloren, wenn wir an dieser Stelle ‘Christum von den Sünden und den Sündern scheiden’ (S. 159), in etwa als Vorbild anpreisen, das wir nachbilden sollen. Das stürzt uns nur wieder in den tödlichen Strudel der Werkerei. Hier haben  wir uns dem zu beugen, dürfen uns dem überlassen, sollen das jubelnd anbeten, was Gott tat: Unsere Sünde hat er mit dem reinen Jesus Christus zusammengebunden und gerade so uns von unser Sünde für ewig getrennt.»

 Luther:

«’Was immer ich und du  und alle an Sünden begangenen haben und in Zukunft noch begehen werden, gehört so eigentlich zu Christus, als wenn er selbst diese Sünden begangen hätte. Alles in allem, es muss unserer Sünde  Christi eigene Sünde werden, oder wir sind in Ewigkeit verloren … Das ist unser höchster Trost, Christus … so einhülle zu dürfen in meine, deine und der ganzen Welt Sünden, dass wir ihn sehen dürfen als den, der unser aller Sünde trägt’. (S. 169). «Gott hat unsere Sünde nicht auf uns, sondern auf Christus, seinen Sohn, gelegt’ (S. 169).»

 Kettling  spricht davon, dass in der Christologie nicht so von Jesus gesprochen werden darf: Das wäre Gotteslästerung. Aber in der Rechtfertigungslehre ist es heilsnotwendig:

 Luther: «Du sollst Petrus sein, jener Verleugner, du sollst Paulus sein, jener Verfolger, Lästerer und Gewaltmensch, du sollst David sein, jener Ehebrecher, du sollst jener Sünder sein, der die Frucht im Paradies ass, jener Räber am Kreuz, in Summa: du sollst aller Menschen Person sein und sollst aller Menschen Sünde getan haben’ (169 f.).

Du sollst Petrus sein, du sollst Siegfried Kettling sein – das ist das rettende Wort. Dass wir ja hier Jesus nicht für sich nehmen. Jesus ist nicht irgendeine Privatperson, …» (Seite 19)

Christus ist Kettler, André,  … Wir sind in Christus.

 Das sei auch damit gemeint, dass wir nicht mehr leben, sondern Christus lebt in uns.

 Wieder Luther:

 «Wenn du … in der Sache der Rechtfertigung die Person Christi und deine Person unterscheidest, bist du im Gesetz, bleibst drin und lebst in dir; und das heisst tot sein bei Gott und von dem Gesetz verdammt werden’ (S. 111).»

 Das bedeutet «in Christus» sein. Ich war mir bisher über diese tiefe dieser Worte nicht bewusst. Die entsprechende Stelle im Römerbrief habe ich nie wirklich verstanden. Und ich glaube, Du hast auch «etwas von eins werden und nicht mehr ich lebe ich» gesprochen. Ich habe das damals noch nicht verstanden, da es mich etwas an die östliche Mystik erinnerte, als ob die Persönlichkeit sich auflöse. Hier geht es aber darum, dass ich für die Sünde und für das Gesetz tot bin!!!! Jemand fragte hier schon, dann könnte ich verloren gehen, wenn ich beim Sterben nicht mit Christus eins bin. Es war schwer zu antworten. Aus diesem Grunde stand in meinem alten Kirchengesangbuch Gebete, die man mit einem Sterbenden beten könnte. «Willst Du auf das Vertrauen in Christus hin Deine Seele Jesus Christus anvertrauen?» Vermutlich ist es wieder das Leistungsdenken (oder gesundes Erkennen der Gefahr ohne Jesus leben zu können?): Dabei geht es eben nicht um eine Leistungsgerechtigkeit, sondern um eine Beziehungsgerechtigkeit. Es liegt alles am Verständnis der Begriffe:

Gerechtigkeit, Glaube, Liebe, Hoffnung, und ich vermute sogar «Leistung», d.h. die guten Werke, kann man als Leistungsbegriffe oder – wie es biblisch wäre – als Gnadenbegriffe, als Beziehungsbegriffe verstehen. So ist der biblische Glaube kein Fortstellungskraft-Glaube, sondern ein Beziehungsglaube! Auch die Gerechtigkeit ist eine Beziehungsgerechtigkeit, d.h. Gott ist gerecht = Gott ist treu + Gott ist barmherzig. Gott hält, was er verspricht. Und das bedeutet, wenn ich Gerecht leben will, lebe ich treu und barmherzig! Ich lebe Beziehung!

 Dazu Kettling:

 «Erstaunlich genug: Ich darf Christus und mich nicht unterscheiden; kann ich mich denn mit ihm identifizieren? Bin ich etwa Jesus?

Ich sage es zunächst theologisch: Was in der Christologie verboten ist, eine Lästerung, genau das isst in der Rechtfertigungslehre geboten, ist heilsnotwendig. Was meint das?

In der Christologie (der Lehre von der Person Jesu) betone ich zunächst den unendlichen Abstand zwischen Ihm und mir, zwischen dem ‘eingeborenen Sohn Gottes’ und mir, zwischen dem ‘eingeborenen Sohn Gottes’ und mir, dem Adamskind. Da werde ich gegen jede ‘Jesulogie’ kämpfen, d.h. gegen jeden Versuch, Jesus von unten, von unserem menschlichen Niveau her zu definieren – etwa als den Gipfel der Menschheit, als das höchste Exemplar, das unsere Gattung ‘homo sapiens’ hervorbrachte. Dabei ist es belanglos, ob man von dem Religionsstifter, dem Genie der Liebe, dem Sozialreformer, dem Lehrer der Humanität oder anderem schwärmt. Nein, Jesus ist nicht der Mount …» (S. 19 + 20)

 «Aber nun ist dieser Herr Knecht geworden, das ewige Wort ward Fleisch. Nun hat dieser Eine mein Fleisch und Blut, meine Sünde und meinen Tod, ja meine Person selbst angenommen. Und nun muss ich,  was meine Rettung ,was die Rechtfertigung betrifft, weil Gott es so will, anders reden. Zugespitzt: Was in der Christologie nichts als Lästerung wäre, das ist hier mein einziger Halt und meine ganze Seligkeit. Weil Christus sich mit mir identifizierte (‘Du sollst Petrus ein, du sollst Siegfried Kettling sein …’), darum wage ich es, in Gottes Namen zu sagen: ‘Ich bin Christus’»:»

 Das finde ich nun etwas gewagt. Luther sagte es so:

 «Durch den Glauben wirst ‘du so mit Christus zusammengeschweisst …, dass aus dir und ihm gleichsam eine Person wird, die man von ihm nicht losreissen kann, sondern die beständig ihm anhangt und spricht: Ich bin Christus; und Christus wiederum spricht: Ich bin jener Sünder, der an mir hängt und an dem ich hänge …

Denn wir sind durch den Glauben zu einem Fleisch und Bein verbunden … So dass dieser Glaube Christus und mich enger verbindet als Gatte und Gattin verbunden sind’ (S. 111).» (S. 20 + 21)

 «Wer dem Herrn anhangt, der ist ein Geist mit ihm.» (1. Kor. 6,17)

 Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern  Christus lebt in mir.» (Gal 2,20)

 Luther nennt das den fröhlichen Tausch:

 «’Der einzige Weg, dem Fluch zu entgehen, ist zu glauben und im gewissen Vertrauen zu sagen: Du Christe, bist meine Sünde und mein Fluch, ja vielmehr: ich bin diene Sünde, dein Fluch, dein Tod, dein Zorn Gottes, deine Hölle; du dagegen bist meine Gerechtigkeit, Segen, Leben, Gnade Gottes, mein Himmel»’ (S. 174).

Das darf ich Sünde, Tod und Teufel, der anklagenden Stimme des Gesetzes und dem schlagenden Gewissen entgegenrufen: ‘Christus ist hier!’». (S. 21)

 «Halten wir fest: ‘Wenn du in der Sache der Rechtfertigung die Person Christi und diene Person unterscheidest, bist du vom Gesetz verdammt.’ Darum will ich sprechen:

‘Wenn ich an Christus glaube, stehe ich mit ihm auf und sterbe meinem Grab, das ist dem Gesetz, das mich gefangen hielt: … ich bin meinem Kerker entronnen und meinem Grab, nämlich dem Gesetz. So hat es kein Recht mehr, mich anzuklagen und zurückzuhalten, weil ich auferstanden bin’ (S. 105).» (S. 21 + 22)

 Transplantation:

«Luther aber sagt: Die Tatsache, dass Christus in mir wohnt, macht, ‘dass und ich aus meiner Haut herauskomme und in Christus und in sein Reich versetzt werde …’ (S. 110).» (S. 22)

 

«Das ist der Grund, warum unsere Theologie Gewissheit hat: Sie reisst uns von uns selber weg und stellt uns ausserhalb unser (extra nos), so dass wir uns nicht auf unsere Kräfte, Gewissen Sinn, Person, auf unsere Werke stützen, sondern auf das, was ausserhalb unser ist, nämlich auf die Verheissung und Wahrheit Gottes, der nicht täuschen kann’ (S. 228).» (S. 22 + 23)

 Nur das hilft: Weil:

«In der Person-Sünde wurzeln alle Tat-Sünden. Weil der Baum kernfaul ist, darum stinken die Früchte. Ich habe nicht Sünden, ich bin Sünder, Rebell gegen Gott, bis in die Urgründe meiner Motive, Gedanken und Sehnsüchte. Ich bin’s! Es ist höchst oberflächlich von Sündenpaketen, Sündenschulden, Sündenfesseln, Sündenflecken zu reden. Es geht um mich, die Sünder-Person! Wer jetzt die Sünde entfernen  will, der muss den Sünder selbst aufheben. Wer mir meine Sünde abnehmen will, der muss mir schon mich selbst abnehmen. Der müsste an meinen Platz treten, so dass er ich und ich er würde!» (S. 18)

 «’Eingekrümmt-Sein in sich selbst’, Festhängen im Geschaffenen’, ‘Mittelpunktshaltung’, ‘Weltverfallenheit’, Gotteslästerung, - mit all dem haben wir versucht das Wort ‘der Gottlose’ (das eine Leitwort unseres Themas! Zu umschrieben.» (S. 14)   Gottlose = aktive Feind Gottes (S. 15)

 Christus = unsere Gerechtigkeit     (= Beziehungsgerechtigkeit)

 «’Die wahre christliche Theologie fängt … an … mit Christus’ (S.37).

Denn Gottes Gerechtigkeit ist nicht etwas, eine Eigenschaft, ein Vorgang, eine Tag; sie ist Jesus Christus selbst.

«Er ist uns gemacht zur Gerechtigkeit’ (1. Kor. 1,30).

‘Der im Glauben ergriffene und im Herzen wohnende Christus ist die christliche Gerechtigkeit, derentwillen Gott uns als gerecht betrachtet und das ewige Leben schenkt’ (s. 90).

Die hat Luther in seinem Galaterkommentar (1531) gewaltig bezeugt.»

 Nun sind wir «oberhalb des Gesetzes». Transmoralische Rechtfertigung führt dazu, dass die Sünde nicht mehr in der Welt ist (S. 25).

Revolutionärer Gedanke. Wo ist sie dann?

 Luther:

«Daher sind die Sünden in Wirklichkeit nicht dort, wo sie gesehen und gefühlt werden. Nach der Theologie des Paulus ist ferner keine Sünde, kein Tod, kein Fluch mehr in der Welt, sie sind in Christus, der als Lamm Gottes der Welt Sünde trägt, der zum Fluch gemacht ist, dass er uns vom Fluch befreite. Aber nach der Philosophie und der Vernunft sind Sünde, Tod etc. nirgends anders als in der Welt, im Fleisch, in den Sündern … Die wahre Theologie aber lehrt, dass ferne keine Sünde mehr in der Welt sei, weil der Vater alle Sünde auf Christus geworfen hat’ (S. 17).» (S. 25)

 Luther:

«Wo also der Glaube an Christus ist, da ist die Sünde in Wahrheit abgetan, tot und begraben, wo dieser Glaube nicht ist, bleibt die Sünde (s. 172). Sofern also Christus durch seine Gnade in den Herzen der Gläubigen regiert, ist da keine Sünde, kein Tod, kein Fluch. Wo aber Christus nicht erkannt wird, bleiben diese furchtbaren Mächte’ (S. 170).»

 Wie alles nach dem Sündenfall kann auch dies pervertiert werden: Bonhoeffer sagte dem: billige Gnade. (S. 27)

 Diese Gnadenideologie, die billige Gnade, rechtfertigt die Sünde anstelle des Sünders (sagte Bonhoeffer). Auch Paulus warnt vor dieser Perversion: Römer 6 im Kontext von 5,20 f.

 Ich glaube, nun diese Bibelstelle wirklich verstanden zu haben. Genial.

 U.a. steht dort: "Wie nun? Sollen wir sündigen, weil wir nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade sind? Das sei ferne!

Wisst ihr nicht: wem ihr euch zu Knechten macht, um ihm zu gehorchen, dessen Knechte seid ihr und müsst ihm gehorsam sein, es sei der Sünde zum Tode oder dem Gehorsam zur Gerechtigkeit? Gott sei aber gedankt, dass ihr Knechte der Sünde gewesen seid, aber nun von Herzen gehorsam geworden der Gestalt der Lehre, der ihr ergeben seid. Denn indem ihr nun frei geworden seid von der Sünde, seid ihr Knechte geworden der Gerechtigkeit." Römer 6,15 ff).

 «Oder wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft?

So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln.»

Denn wenn wir mit ihm verbunden und ihm gleichgeworden sind in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein.

Wir wissen ja, dass unser alter Mensch mit ihm gekreuzigt ist, damit der Leib der Sünde vernichtet werde, so dass wir hinfort der Sünde nicht dienen

Denn wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde.

Sind wir aber mit Christus gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden, und wissen, dass Christus von den Toten erweckt , hinfort nicht stirbt; der Tod kann hinfort über ihn nicht herrschen.

Denn was er gestorben ist, das ist er der Sünde gestorben ein für allemal; was er aber lebt, das lebt er Gott.

So auch ihr, haltet dafür, dass ihr der Sünde gestorben seid und lebt Gott in Christus Jesus.

So lasst nun die Sünde nicht herrschen in eurem sterblichen Leibe, und leistet seinen Begierden keinen Gehorsam.»

(Römer 6,3 ff.)

 Das Problem besteht auf zwei Arten:

 

  1. Sind wir wirklich wiedergeboren? Oder haben wir nur verstandesmässig das Evangelium verstanden und pervertieren nun mit unsere Vernunft die Gnade zur billigen Gnade?
  2. Sind wir von Gott wiedergeboren, aber haben noch nicht erkannt, dass wir uns der Sünde versklaven können, wenn wir uns ihr ergeben?

Vor dem allem gilt: Was ist meine Motivation? Leistungsdenken (= fleischlich) oder Gnadengerechtigkeit (= geistlich). Beim ersteren kann es gar nicht anders sein, als dass er alles als Leistungsdenken ableitet. Sein «Christsein» ist ein reiner «Chnorz». Bei den Zweiten ist es mangelnde Erkenntnis. Er wird  von Satan und seinen Anfechtungen herausgefordert und weiss nicht sein Schild des Glaubens zu nutzen. Geistlich kämpfe ich nicht mit «fleischlichen» Waffen, d.h. mit meinem menschlichen Möglichkeiten, sondern ich gehe zu Christus. Denn Christus hat schon lange den Kampf gewonnen. Somit besteht der «geistliche» Kampf, indem ich mich «sportlich» täglich trainiere in Christus zu sein. Mein alter Mensch will aber lieber selber, aus eigener Kraft, aus eigener «Werthaltigkeit» usw. Christ sein. Aber in dem ich täglich Busse tue, d.h. zu Jesus gehe, werde ich barmherziger und gnädiger.

 Luther wandte sich gegen die «Antinomer», die das Gesetz ablehnten. (Was mich erstaunt. Aber natürlich völlig korrekt ist. S. 28 ff).

 Kettling schreibt dazu (S. 29):

 «Wer den lebendigen Jesus Christus hat, der wird in die Heiligung geführt – oder er hat eben Christus nicht!

 So gewiss die Rechtfertigung zunächst Gerechterklärung ist, ein Rechtsakt, ein Freispruch, der mir, dem Sünder, eine neue Geltung vor Gott schenkt, so ist sie zugleich der schöpferische Beginn einer Gerechtmachung, die mir ein neues Sein gibt.»

 Auch Kettlin gibt hier S. 29 zu: Das Neuwerden ist bruchstückhaft auf dieser Erde.

 

Luther:

 «Wir haben immer den Rückgang (‘regressus’) zu diesem Artikel frei, dass unsere Sünden bedeckt sind und dass Gott sie uns nicht anrechnen will’ (S. 92).» (S. 30)

 Kettling: «Von diesem stets neuen, von diesem bis in die Sterbestunde hinein immer wiederholten ‘Regressus’, von dieser Zuflucht zu dem ganz und gar vollendeten, dem ewig perfekten Gnadenwerk Christi leben wir. Heiligung kann darum immer nur von der Rechtfergigung Leben: Vom Berge steigen wir ins Tal, aus dem Tal aber fliehen wir immer wieder zu jener Gnadenfeste, die steil emporragt, ‘jenseits von gut und böse’.» (s. 30)

 

PS: Kleiner Nebengedanke: Wie kann hier vertreten werden, dass Jesu für die ganze Welt gestorben ist und  wir daher nur noch ja sagen müssen, wenn der Fünfpunkte Calvinismus vertritt, dass Jesus nur für die Erwählten ganz persönlich gestorben ist?  1. steht es so in der Bibel und auch für Calvin war die Bibel wichtiger als unsere menschlichen Formulierungen. Daher hat Calvin auch gewisse trinitarische Bekenntnisse nicht unterschrieben, was damals gefährlich war und missverstanden wurde: Ist Calvin ein Antitrinitarier? Von Calvin lernte ich, dass es zwar richtig ist, dass Antitrinitarier das Evangelium und seine Kraft durch Leistungsdenken ersetzen und daher ein anderes Evangelium verkündigen. ABER der Begriff Trinität kommt in der Bibel nicht vor. Also darf man auch mit anderen Worten an die Trinität glauben. Nach meiner Meinung ist das zwar für die Kommunikation nicht gerade optimal, aber wenn die Bibel Gottes Wort ist, dann ist sie auch der Massstab aller Massstäbe.

Zudem soll der Calvinismus mit der Zeit– auch im Streit mit anderen Denkschulen – Denkmethoden von Aristoteles übernommen haben. Calvin war dagegen noch misstrauisch. Ich denke, unser Verstand kann eben nicht alles fassen, was aber Aristoteles glaubte zu können. Die biblische Prädestinationslehre haben wir aber nicht unter Kontrolle und können sie nicht wirklich ganz mit dem Verstand verstehen. Das finde ich gerade beim Thema der biblischen Prädestination so faszinierend. Es treibt mich zur Anbetung Gottes! Und auch hier beim Thema Gerechtigkeit spielt es hinein:

Letztendlich gibt es Dinge, die wir mit unserem Verstand nicht erfassen können, bzw. nur bruchstückhaft erklären können. Es gibt, wie ich es J. I. Packer sagte hier eine Antinomie! Sich gegensätzlich widersprechende Aussagen/Gesetze. Gottes Allmacht und unsere Verantwortung. Packer beschreibt dies in seinem Büchlein: Prädestination und Verantwortung, Gott und Mensch in der Verkündigung.

Und diese Spannung muss man aufrecht erhalten. In der Bibel erklärt sich diese Spannung. Hier lernen wir, wie wir sie anwenden müssen. Denn nicht wir haben Gott oder sein Wort, die Bibel unter Kontrolle, sondern Gott uns sein Wort haben uns in der Hand. Daher ist es vernünftig, dass unser Verstand dies nur bruchstückhaft versteht. Vielleicht ist  es so ähnlich, wie zwischen der Spannung zwischen Mann und Frau: Beides sind Menschen und trotzdem scheinen sie manchmal von einem anderen Stern zu kommen. Aber auch hier dürfen wir die Spannung aufrechterhalten. Vermutlich ist es wie beim Strom: Er ist es sehr wichtig, dass man die Spannung aufrecht erhält oder aber der Strom kann seinen Zweck nicht mehr erfüllen.

Daher geht wohl beim Fünfpunkte Calvinismus der dritte Punkt zu weit: Jesus sei nur für die Erwählten gestorben. Allerdings, ist es im Endeffekt natürlich genauso. Nur, wer erwählt ist, wird beim Hören des Evangeliums vom Heiligen Geist wiedergeboren, d.h. befreit von der Sklaverei der Sünde und will sich bekehren. Das glaubte Luther ja auch (im Gegensatz zu vielen heutigen Lutheranern). Und dennoch konnte Luther davon reden, dass Jesus für die ganze Welt gestorben ist! Auf der anderen Seite haben die Fünfpunkte Calvinisten auch recht: Es ist eine persönliche Rechtsprechung. Jesus hatte an mich gedacht. Er übernahm wirklich meine Sünden und hat mich vor Grundlegung der Welt erwählt und geliebt! Wenn Luther lehrt, Jesus ist für die ganze Welt gestorben, so versteht auch er es nicht als Allversöhnung: Man muss dazu ein Ja haben, sonst gilt es nicht. Das klingt nun sehr arminianisch. Aber es wird nur zum Arminianismus, wenn man die Gesamtaussage der Bibel aus dem Auge verliert. Das gleiche geschieht, wenn man nur unsere Verantwortung betont und Gottes Allmacht vergisst. (Und es gehört ja auch zu unserer Verantwortung, dass wir zu Jesus gehen. Aber wir können es nicht, solange wir unter die Sünde verkauft sind und uns Gott nicht wiedergeboren hat. Verantwortung und Möglichkeit klafft hier auseinander = typische Opfersituation. Nur dass wir wirklich unsere Sünden ausleben wollen und daher nicht einfach nur Opfer sondern auch Täter sind.)

Wir müssen sicherlich auch unterscheiden  zwischen dem was Gott offenbarte und was wir erleben. Ich bekehre mich (= subjektiv). Gott offenbart in der Bibel, dass davor Gott mir eine geistliche Wiedergeburt geschenkt hat. (= objektiv). Letzteres kann ich nicht wissen, ohne dass mir das Gott in der Bibel offenbart hätte. 

 Und vermutlich liegt auch hier die Motivation in unserem Herzen zu Grunde: Will ich eine Beziehung mit Christus oder bin ich (noch) nicht vom Heiligen Geist wiedergeboren und will selber Gott sein?

 Daraus leite ich ab: Ich darf meinen Verstand wie ein Werkzeug gebrauchen. ABER er darf sich nicht verselbständigen. In Sachen Gott, unser Heil usw. bin ich auf die Offenbarung Gottes angewiesen und da muss ich mich an sein Wort und nicht an meine Logik halten. Der Begriff Beziehung hilft dabei meinem Verstand, eher in Richtung biblisches Denken zu denken: Damit ich die Begriffe Gnade, Liebe, Gerechtigkeit, Hoffnung, Treue nicht als Leistungsbegriffe verstehe, sondern als Gnadenbegriffe. Und wenn ich in den Gnadenbegriffe denke, so vermute ich, wird sogar die Leistung, d.h .die Werke, zu einem Gnadenbegriff! Und das ehrt Gott und tut uns allen gut.

 

Freitag, 7. August 2020

 Im engeren Sinn ist dieser Beitrag nicht "theologisch". Allerdings finde ich den Youtube-Beitrag sehr differenziert und eine logische Folge der Reformationszeit: Bibel = Gottes Wort erforschen + Naturwissenschaft = Gottes Schöpfung erforschen. In der Zwischenzeit (500 Jahren) haben wir das vielleicht etwas vergessen. Und natürlich gab es auch andere Bewegungen, die Wissenschaft betrieben.Aber nur eine Wissenschaft, die sich auf eine Grundlage wie jene der Reformation stützte, konnte, trotz aller Fehler, einen solche Entwicklung zu sehr viel Wissen, Wohlstand und Bildung, Gerechtigkeit  für immer mehr Menschen, usw. entwickeln. (Bei allen aktuellen Problemen: Es gab wohl noch nie soviel Wohlstand) Ich vermute, dass alles ist heute u.a. gefährdet, weil wir diese Grundlage vergessen haben. Desto mehr freut es mich, wie intelligent und differenziert Frau Mai Thi Nguyen-Kim dies angeht:

Gerade das Differenzieren kommt heute viel zu kurz. Daher ist es eine Wohltat, diesen Beitrag zu hören. 

Übrigens glaube ich als Christ an Dogmen. Dies ist eine Hoffnung auf Dinge, die ich noch nicht sehe. Und so, wie ich in der Naturwissenschaft weiss, dass es absolute Wahrheiten gibt, diese aber schwer erkennbar sind und ich mich irren kann, weil ich nicht alles erfasse, so gilt dies auch für mein Wissen über Gott und den geistlichen Bereich. Wobei ich natürlich kein rein materialistisches Weltbild vertrete. Unsere heutige westliche Welt ist sehr materialistisch. Daher versuchen wir auch, alles aus der Materie zu erklären. Bereits vor längerer Zeit hat Platon den Materialismus entlarvt. Die Atomisten seiner Zeit griffen damals schon zu kurz. Dafür muss man nicht Christ sein, um das erkennen zu können. Davon zeugt schon Platon.

Allerdings glaube ich auch nicht an den anderen Monismus: Es sei nur das geistliche Wirklichkeit, wie in der östlichen Mystik oder vermutlich auch in "unserer" Gnosis.

Auch die klassisch humanistische Sichtweise dünkt mich nicht ganz treffend, die ja auch an die Gnosis erinnert: Der Geist sei im Körper gefangen und der Tod sei die Befreiung des Geistes vom Körper. Oder nur schon der Gedanke, dass geistliche sei wertvoller als  das körperliche.

Da gefällt mir die biblische Sichtweise viel besser:

Der Mensch ist Körper und Geist. Es gehört zusammen. Leider unterliegen wir durch den Sündenfall einer gewissen Verbogenheit und pervertieren daher alles von Gott gut geschaffene und machen so unsere eigene Hölle. Aber unsere Gottähnlichkeit ist dennoch immer noch sehr beachtlich. (Auch dieses intelligente Video / Youtube-Beitrag zeugt davon.) Gott selber misst uns Menschen unveräusserliche Rechte zu. Eine Würde, die mehr ist, als sich ein Materialist erklären kann und trotzdem absolut wahr ist. Es ist wichtig, dass wir das wissen, damit wir miteinander würdevoll, d.h. in unserer von Gott gegebenen Würde leben.

Glaubens- und Meinungsfreiheit beruhen auf dem Wissen, dass wir nach absoluter Wahrheit suchen dürfen. Natürlich bringen wir es fertig, dass wir auch das pervertieren können. Daher gab es schon immer Versuche der Zensur. Aber schon John Milton machte darauf aufmerksam, dass dann die Gefahr besteht, dass man auch die Wahrheit zensurieren könnte. Dieser Puritaner hat viel für echte Pressefreiheit getan. Dies stellt einer jener Gedanken, den ich als Grundlagen aus der Reformationszeit sehe, die unsere Freiheit und Ordnung sowie Wohlstand - trotz unserer Prägung zum Unrecht - ermöglichte. 

Es gibt auch andere Prägungen: Letzthin sprachen wir mit einem Verkäufer in der Migros, der aus der ehemaligen DDR stammte. Er war der Überzeugung, dass der absolute Staat DDR mit seiner gelenkten und diktatorischen Form besser sei als die unsere. Denn in der DDR herrschte Ordnung. Wenn sie am Abend Tischtennis spielten, wurde  das von einem Polizisten überprüft. Denn man wollte nicht, dass Junge herumhängen. Es war eindrücklich und interessant. Er sah nicht, dass es ein wesentlicher Unterschied ist, wenn ihn ein Arbeitgeber entlässt und wenn der Staat ihn "entlässt". Bei einer Firma hat man immer noch die Freiheit etwas anderes zu suchen oder selber etwas anzufangen. Natürlich könnte es sein, dass man unter der Brücke schlafen muss. Aber ein absoluter Staat lässt nicht mal das mehr zu! Dieser Mann aus der DDR wählt die Unfreiheit, um mehr Sicherheit zu haben. Zugleich sieht er die Eigenverantwortung der Menschen nicht mehr und die Freude, etwas selber aufzubauen. Er kann sich nicht mal vorstellen, dass wenn der Staat nicht alles macht, es ja immer noch andere Menschen gibt, die in Freiheit, Gutes tun könnten. Und das wiederum ist nur möglich, wenn die Freiheit dazu da ist. Ja überhaupt: Wie soll jemand verantwortungsvoll Leben lernen, wenn er nicht dazu die Freiheit bekommt? Dressur und Erziehung sowie Bildung sind nicht das selbe!!!!

Letztendlich sind die Gedanken des ehemaligen DDR-Bürgers nichts Neues. Schon Aristoteles träumte davon, dass der Ideale Staat für uns alle das höchste Ideal sein soll. Leider floss dies auch in die römisch-katholische Sichtweise ein. Beim ursprünglichen Protestantismus sprach man beim Staat lieber vom Notrecht: Es braucht den Staat, Gesetze und einen gewissen Zwang, um Rechtssicherheit zu gewährleisten. Aber das alles ist nicht absolut gut. Es verhindert Schlimmeres und ermöglicht unser Zusammenleben und das Gedeihen der Gesellschaft. Der Staat kann aber nie ein Idealzustand sein. Dies kommt ja auch in der Zwei-Reiche-Lehre zum Ausdruck: Der Staat darf - bis zu einer gewissen Grenze - Gewalt anwenden. Überschreitet er aber diese Grenzen, so ist es ein Machtmissbrauch des Staates. Die zweite Gewalt die Kirche, darf keine Gewalt anwenden. Freiwilligkeit gilt hier. Denn das wirklich wichtige, kann man nicht erzwingen, sondern muss vom Geist gewirkt werden. Leider hat die westliche Kirche gegen Ende des Mittelalters selber Machtmissbrauch begannen, weil sie ihre von Gott gegebenen Grenzen überschritten hat. Sie setzte sich selber immer absoluter und vergass den Sinn der Lehre zwischen sichtbarer und unsichtbarer Kirche  zu unterscheiden (siehe Augustin). Zudem erhielt die Kirche auch weltliche Macht, die ihr nie zustand. Darum brauchte es die Reformation. Zwingli spricht sogar von menschlicher Gerechtigkeit, die im Angesicht der göttliche Gerechtigkeit nicht einmal das Wort Gerechtigkeit verdient. Nichts desto trotz, soll man sich nach der göttlichen Gerechtigkeit ausrichten. (Biblisch: Gottes Gerechtigkeit = Gottes Treue und Barmherzigkeit. Im Gegensatz zu Gottes Zorn, der das Leben beschützen will und dann doch auch eine Form der Liebe Gottes ist.) Aber der Staat kann in diesem Sinne nie gerecht oder gar liebevoll sein. Damit würden wir den Staat überfordern. In der Geschichte sehen wir, wohin es führt, wenn sich religiöse Kreise, Kirchen und ganze Staaten beginnen absolut zu verstehen: Es gibt ein Terror-Regime. Die nicht zusammen haltenden Ideen müssen mit äusserster Gewalt zusammen gehalten werden. Aber echte Reife entsteht von Innen und freiwillig!

Heute befindet sich der Protestantismus in einem Selbstauflösungsprozess. Die Säkularisierung machte aus der reformierte Theologie den Liberalismus. Marx wollte dies mit einem säkularisierten Postmillianismus weiterentwickeln. Aber das Paradies (Arbeiterparadies) bekommen wir so nicht zurück, sondern so verlieren wir uns nur in uns selber. Wir brauchen mehr, wie  schon vor 500 Jahren Zwingli bemerkte. Und es wäre gut unsere Kirchen würden diese wichtigen Grundlagen wieder deutlicher verkünden, damit wir die wahre Freiheit erhalten und nicht verlieren. Hier liegt übrigens auch der Grund, warum ich für eine liberale Gesellschaft bin, aber eine liberale, d.h. säkularisierte Kirche, als grösste Gefahr für den Liberalismus betrachte. Nur mit dem Salz der Erde, dass etwas beissen kann, werden wir glücklicher, freier, weiser, lebendiger, kreativer, wissenschaftlicher und gelassener. Interessant ist, dass man dies in der Geschichte erkennen kann.

Daneben hoffe ich natürlich auf eine Erweckung der Christen: D.h., dass wir in Christus frei werden vom Leistungsdenken. Die Gnade (= Geschenk) Gottes an uns wirken lassen, anstelle mit unseren menschlichen Möglichkeiten uns abstrampeln. Denn wer im Leistungsdenken verhaftet ist, wird sogar die Begriffe Liebe, Hoffnung und Glaube als Leistung verstehen. Aber es geht hier nicht um Qualitätsbegriffe, sondern um Beziehungsbegriffe. Glaube ist nicht Vorstellungskraft. Glaube ist keine Methode, um etwas zu erreichen. Es ist keine Zauberei oder gar Manipulation! Glaube, wie es die Bibel meint, ist auf die Versprechen von Gott zu bauen. Glaube ist zu Jesus gehen und von ihm alles erwarten. Glauben ist sich von Christus beschenken lassen. Glaube ist zu erkennen, dass selbst der Begriff Gottes Gerechtigkeit ein Beziehungsbegriff ist: Gott ist treu. Gott ist barmherzig. Er ist immer der gleiche und was er verspricht, das hält er. Gottes Zorn ist schrecklich. Aber Gott hasst den Tod und das Böse. Darum muss er uns aufschrecken aus unserer Schlaf der Selbstgerechtigkeit. Je nach Mensch macht dies Gott anders. Der Heilige Geist wird als Taube dargestellt, da Gott sehr sanft wirken kann. Letztendlich liegt unser Glück, unsere Freiheit und unsere gute Ewigkeit in Christus, der uns so geliebt hat, dass er unseren Fluch und unsere Strafe bis ans Kreuz, Tod und Gottesferne getragen hat. Gott ohne Gott, war für Jesus sicherlich schlimmer als für uns. Daher ist für uns alles gratis, d.h. alles Gnade, weil Gott selber einen sehr hohen Preis für uns bezahlt hat. Es wäre nicht nett,  dies wieder mit Leistung abverdienen zu wollen. Dies Haltung zeigt, dass wir nicht verstanden haben, wie schlimm es um uns steht und wie viel Gott für uns tut. In Christus geborgen und geboren, werden wir viel mehr Leisten und trotzdem keine Werkgerechtigkeit tun. Aber das ist nun noch ein anderes Thema, mit dem ich mich immer wieder intensiv auseinandersetze, weil es so schwer und doch so einfach ist. Aber vielleicht soviel: Wenn wir es zur Ehre Gottes tun und nicht für uns selber, ist es ein gutes Zeichen, für unsere Freiheit in Christus. Wenn wir Gutes tun, weil es gut ist und nicht, weil wir damit etwas verdienen wollen. Aber zu dieser Freiheit kommen wir erst, wenn wir uns sicher und geboren in Christus fühlen. Dabei leben wir hier in einer Zwischenzeit bis Jesus wieder kommt. D.h. alles ist unvollkommen, was wir tun. Aber da wir es Christus anvertrauen, macht er aus dem Mist guten Dünger. Daher konnte Luther sagen, dass es ein freudiges Ding ist, Busse zu tun. 

Aber das zu erklären ist schwer. Für jemand der "Leistungsdenker" ist, ist es noch schwerer, weil er glaubt mit Leistung sich wertvoll machen zu müssen. Diese Motivation selber ist eine Folge des Sündenfalls. Natürlich sollen wir Gutes tun. Aber das Problem ist nicht gelöst, wenn wir anstelle Böses zu tun, nur noch Gutes tun, weil wir wirklich Gutes im Sinne Gottes, eben nicht tun können. Darum ist das Gesetz Gottes auch ein Zuchtmeister zu Christus. Denn Christus gibt es uns umsonst, was wir nie leisten können. 

Ole Hallesby schrieb dazu:

"Besonders in unseren Tagen scheint es, als habe man vergessen, dass es keinen anderen Weg gibt, persönlich überzeugt zu werden, als diesen Weg des Sünders durch die vollständige Verzweiflung über sich selbst." (Seite 28 aus Ole Hallesby Wie ich Christ wurde.)

Aber das Ende ist das natürlich nicht: Es ist der Anfang! Um bis in alle Ewigkeit überreich beschenkt zu werden. Um aber beschenkt werden zu können, muss man das Geschenk auch annehmen können.