(Grundlage: „George Whitefield. Ruf an alle. Buch von Otto
Riecker)
„Ich hatte vorher schon oft daran
gedacht, Mr. Whitefield zu hören, aber mir war so vieles über ihn gesagt worden
dass ich Angst davor hatte enttäuscht zu werden. Er predigte auf dem Felde, dass
sich an den Park des Waisenhausspitals anschloss. Sein Text war Jesaja 33 Vers
13 – 17.
Die Predigt
übertraf alle Predigten, die ich je gehört hatte. In ihrer Mitte wagte ich
aufzublicken und sah die ganze Menge um Mr. Whitefield in Tränen gebadet. Ich
lauschte mit tiefer Verwunderung und bekam dabei eine solche Enthüllung des
Heilsplanes wie nie zuvor. Ich wunderte mich über mich selbst, dass ich dem
törichten Geschwätz Gehör geschenkt hatte und mich auf diese Weise von einem
brennenden und scheinenden Licht hatte fernhalten lassen, das in der Hand
Gottes ein Werkzeug zur Errettung Tausender geworden war. Als ich vernahm, er
sei im Begriff, Edinburgh zu verlassen, wurde ich tief bekümmert. Von dieser
Predigt bleib mir mehr im Gedächtnis als von allen Predigten, die ich zuvor je
gehört hatte. Ich hatte eine Offenbarung über den ganzen unaussprechlichen
Reichtum der Gnade Gottes in Christus Jesus und darüber, wie ein verlorener
Sünder zu Gott kommt und durch den Versöhner Gnade empfangen kann. Von dieser
Zeit an war ich ehrlich von der Notwendigkeit einer Herzensänderung überzeugt.“
(Seite 217, Anmerkung 36)
Was Benjamin
Franklin über die Predigt und ihre Beziehung dachte, ist auf meinen vorangegangen
Blog u.a. zu lesen (Am Schluss unter Anhang ist eine interessante längere
Passage dazu. Aber auch im übrigen Teil des Blogs gibt es Bemerkungen dazu.)
Whitefield
muss ein sehr begnadeter Lehrer und Redner gewesen sein. In ihm trafen sich
gesunde Lehre und schauspielerisches Talent, um die frohe Botschaft spannend,
eindringlich und berührend zu verkünden. Schauspieler wie Shuter, „Garrick
waren sich darüber einig, dass Whitefield über ungemessene schauspielerische
Fähigkeiten verfüge. Er stellte sie in den Dienst Gottes. Die Genannten fanden
sein e Predigt bei deren vierzehnten Wiederholung am besten (d.h. sie haben Predigten
von Whitefield mindestens 14-mal gehört. Und zwar nicht auf Tonband, dass gab
es damals ja noch nicht. Anmerkung von mir)
Dann seien
alle ihre Unebenheiten ausgeschliffen und sie zur ihrer vollkommensten Höhe
gebracht. Whitefield arbeitete selbst unausgesetzt an der Verbesserung seiner
Rede und Darbietung. Natur, Kultur und Geist vereinigten sich hier zu einer
höchsten Kunstleistung – kein Wunder, dass ihm der Adel anhing und Menschen mit
bestem Geschmack befriedigt wurden. Und doch hatte er ein lauteres Kinderherz.
Gerade dies machte ihn zum Redner von höchstem Grade.
Die
gedruckten Predigten geben nicht den ganzen
Begriff von dieser unmittelbaren und genialen Redeweise.“ (Seite 148)
„Mit der
Grund dieser Auswirkung auf ein ganzes Zeitalter ist die gewaltige Redegabe
Whitefields. Sie ist der menschliche Träger eines letztlich unerklärlichen
geistlichen Geschehens ganz allein von Gott. Diesem Mann standen alle Register
des Ausdrucks und der Betonung zu Gebote. Der Schauspieler Garrick äusserte, er
gäbe hundert Guineen darum, wenn er auch nur ein einziges ‚Oh!‘ so sagen könnte
wie Whitefield. Je nachdem dieser das Wort ‚Mesopotamien‘ ausspreche, könne er
seine Hörerschaft zum Zittern oder zum Weinen bringen. Whitefield verfügte so
sehr über die Gefühle seiner Zuhörer, dass sich diese manchmal selbst vergassen
und die von ihm geschilderten Szenen für bare Wirklichkeit nahmen und mit ihren
Ausrufen in sie einfielen. Die Seeleute von New York redete er einmal im
Seemannston an und rief:
‚Well, my
boys, wir haben klaren Himmel und machen vor einer leichten Brise gute Fahrt
über ruhige See und haben bald das Land aus der Sicht verloren. Aber was
bedeutet diese plötzliche Verfinsterung am Himmel, und die dunkle Wolke, die
vom westlichen Horizont aufsteigt? Horcht! Hört, ihr nicht fernen Donner? Seht
ihr nicht die Strahlen der Blitze? Da zieht sich ein Wetter zusammen! Jeder auf
seinen Posten! Wie die Wogen schwellen und gegen das Schiff klatschen! Die Luft
ist finster! Der Sturm rast! Unsere Masten sind fort! Das Schiff ist soweit,
dass es nur noch die Stümpfe hat! Was sollen wir tun!‘
Dieser Ruf
liess die Seeleute unwillkürlich aufspringen:
‚Das
Grossboot! Nehmt das Grossboot!‘
Vor die Augen
seiner aristokratischen Hörer malte er als Bild des Sünders das eines blinden
Bettlers, der sich verirrt hat. Langsam tastet er sich ohne seinen Hund dem
Abgrund zu. Am Felsenabsturz such sein Fuss. Noch ein Schritt, und er wird ein
Opfer der Tiefe.
‚Mein Gott,
er ist hinabgestürzt!‘ rief da Lord Chesterfield, ganz seine Würde vergessen.!
Als der
geborene Dramatiker konnte Whitefield ohne Schwierigkeit das Geschehen um sich
herum in seine Rede einbeziehen, wie wir es bei der Regenbogenpredigt gesehen
haben.“ (Seite 146 – 147)
So eine
Redegewandtheit könnte auch missbraucht werden.
Augustinus (4. Jahrhundert) hat dies wohl zuerst als Jurist getan, damals
als er noch dem offiziellen römischen Heidentum angehörte. Nachdem er vom
Heidentum in eine Irrlehre eintauchte, wurde er noch Christ und vielleicht
einer der einflussreichsten Persönlichkeiten für Westeuropa – bis heute. Paulus
sagt, er rede einfach und überrede nicht. Vielleicht hat Paulus einfacher
gepredigt, als er geschrieben hat (denn seine Briefe im Neuen Testament sind
ziemlich kompakt und tiefsinnig.). Sicherlich ist mit unserer Intelligenz
nichts getan: Denn was bei den Menschen unmöglich ist, ist bei Gott möglich.
Eine geistliche Wiedergeburt gehört sicherlich ganz konkret dazu. Und der
Heilige Geist benützt das Wort Gottes – auch in der Form der Predigt. Wie war
dies bei Whitefield? Otto Riecken berichtet von etwas merkwürdigen. Er selber
schreibt dazu: „Hier steht die Beurteilung van Grenzen, die wir nicht überschreiten
wollen.“ (Seite 148) Sicherlich hatte Whitefield sehr unterschiedliche
Predigten und wir wollen etwas hineinlesen (leider nicht hineinhören, dass wäre
interessant). Beginnen will ich zuerst mit Bemerkungen zu diesem „merkwürdigen“
Geschehen an einer Predigt von Whitefield:
„‘Es ist dem
Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht.‘ Dann hielt er
inne, und während er so dastand, erscholl ein Schreckensschrei aus der Menge.
Grimshaw drängte sich bis dorthin durch, wo die Unruhe entstanden war, kehrte
zurück und sagte zu dem Redner: ‚Bruder Whitefield, du stehst zwischen Toten
und Sterbenden; eine unsterbliche Seele wurde in die Ewigkeit abgerufen; der
Würgeengel geht durch die Versammlung; rufe laut und schone nicht!‘
Whitefield
gab der Versammlung weiter, dass eben ein Hörer gestorben sei. Dann wiederholte
er den Text: ‚Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das
Gericht.‘ Und wieder erscholl ein Schrei, diesmal nicht weit vom Platz, an dem
Lady Huntingdon und Lady Ingham standen. Heilige Furchtfiel auf jedes Herz, als
bekannt wurde, ass eine zweite Person gestorben war. Whitefield erkannte, dass
ein unsichtbarer Helfer auf sein Gebet hin eingegriffen hatte und warnte die
Unbussfertigen in der atemlos lauschenden Versammlung eindringlich vor der
Gefährlichkeit ihrer Lage. – Hier steht die Beurteilung an Grenzen, die wir
nicht überschreiten wollen.“ (Seite 147-148)
Es ist die
einzige „merkwürdige“ Geschichte in diesem Buch. Und in einem anderen Buch über
das Leben von Whitefield findet man diesen Bericht nicht. Ich hätte wohl
aufgehört zu predigen. Aber vielleicht wurde es doch auch vielen zum Segen… Das
entspricht natürlich überhaupt nicht unserem heutigen Denken. Und auch damals
hatte dies im durchschnittlichen Deismus nicht wirklich Platz. Sehen wir, wie
Whitefield kurz vor seinem Tod über seinen Tod predigte:
„Sein Thema
war: ‚Glaube und Werke‘. Satz um Satz wurde in rauhen, unzusammenhängenden Reihen heraugeschleudert. (Whitefield war sehr
vom Nahen Tode erschöpft. Meine Anmerkung) Langsam wurde Whitefield über dem Reden
warm, seine Stimme erhob sich noch einmal zu ihrer alten, löwengleichen Stärke.
Sie rollte über die Menge hin und erreichte den äussersten Hörer.
‚Werke,
Werke?‘ rief er mit Donnerstimme, ‚kommt ein Mensch in den Himmel durch Werke?
Geradeso könnte ich daran denken, auf einem Seil von Sand zu dem Mond zu
klettern. ‘
Zwei Stunden
dauerte diese Ansprache. Am Schluss rief er:
‚Ich gehe zu
der für mich bereiten Ruhe; meine Sonne ist emporgestiegen und hat mit Hilfe
des Himmels vielen Licht gebracht; sie neigt sich nun zum Untergang, nein,
nein, zu dem Zenith unsterblicher Herrlichkeit. Ich habe auf Erden viele
überlebt, aber sie können mich nicht im Himmel überleben. O, göttlicher
Gedanke! Ich werde bald in einer Welt sein, die Zeit, Alter, Schmerz und Sorge
nicht kennt. Mein Leib schrumpft, mein Geist weitet sich. Gerne würde ich ewig
leben, um Christus zu verkündigen! Abe ich sterbe, um bei ihm zu sein!‘“ (Seite
167)
Leider
verfüge ich nicht mehr über diese Predigt. Aber so kurz vor seinem Tode ist es
ihm wichtig die Gnade Gottes zu betonen: Jesus Christus alleine und sein Wirken
rettet uns. Wir können es aus eigener Kraft niemals.
Gott erfüllte
ihm sein Wunsch und er konnte in der presbyterianischen Kirche in Newbury Ports
beerdigt werden. Der Trauerzug sei eine halbe Meile, als weit über einen halben
Kilometer gewesen. Als Benjamin Randall vom Tod von Whitefield hörte, bekehrte
er sich und sollte später die „Free Will Baptist Church“ gründen. (Der Name der
Kirche könnte dahin deuten, dass er nicht mit allen theologischen Details mit Whitefield
übereinstimmte.)
Aber zurück
zu unserem Thema: Wie predigte Whitefield. Obwohl vielleicht sogar sein Sterben
und seine Predigt auch etwas darüber sagte . Wollen wir hören wie John Wesley ihn
erlebte:
„‘1750,
Freitag, 19. Januar. Abends las ich in der Kapelle in West Street die Gebete,
und Mr. Whitefield hielt eine offene herzliche Ansprache. Sonntag, 21. Er las
die Gebete und ich hielt die Predigt: So ist aus Gottes Sache ein Stein des
Anstosses mehr beseitigt. Wie weise ist Gott darin, dass er verschiedenen
Predigern verschiedene Gaben gibt! Selbst die kleinen Unausgeglichenheiten der
Sprache und des Auftretens mussten hier ein Mittel dazu sein, vielen zu nützen,
die durch eine korrektere Predigt und ein gleichmässigeres Auftreten beim Predigen
nicht berührt worden wären.‘“ (Seite 137)
Wenn ich John
Wesley richtig verstehe, findet er George Whitefield keinen perfekten Prediger:
„die kleinen Unausgeglichenheiten der Sprache und des Auftretens…“ Otto Ricken
meint: „Der logische Geist Wesleys, der auch aus diesen Sätzen spricht,
bedurfte der Ergänzung durch den phantasievollen Whitefield.“ (Seite 137)
Wir wollen aber
noch mehr direkt von Whitefield hören – oder besser lesen (leider nur lesen).
„… Kommt, ihr
toten, christuslosen, unbekehrten Sünder, kommt und seht die Stelle, wo sie den
Leichnam des dahingeschiedenen Lazarus hingelegt haben. Seht , wie er daliegt,
an Händen und Füssen gebunden mit Grabtüchern, eingeschlossen und stinkend in
einer finsteren Höhle, vor deren Ausgang ein grosser Stein liegt! Schau hin! O,
wie er stinkt!
Halte hier
nun inne, verweile ein wenig. Und während du auf die Leiche des Lazarus
starrst, erlaube mir, dir mit grosser Offenheit und noch grösserer Liebe zu
sagen, dass dieser tote, gebundene, im Grab liegende, stinkende Kadaver nichts
ist als ein schwaches Abbild deiner armen Seele in ihrem natürlichen Zustand.
Denn ob du’s nun glaubst oder nicht, der Geist, den du mit dir herumträgst, in
Fleisch und Blut begraben, liegt ebenso buchstäblich tot für Gott, gerade so tot
in Uebertretungen und Sünden wie Lazarus‘ Leib im Grab. Er war gebunden an
Händen und Füssen mit Grabtüchern? So bist du an Händen und Füssen gebunden
durch deine Sünden. Und so wie ein Stein vor das Grab gelegt ward, so liegt ein
Stein des Unglaubens vor deinem blöden Herzen. Vielleicht hast du in diesem
Zustand dagelegen, nicht nur vier Tage, sondern viele Jahre, und stankst Gott
in der Nase. Und, was einen noch mehr ergrieft: Du bist ebenso unfähig, dich
selbst aus diesem ekelhaften, toten Zustand zu einem Leben der Gerechtigkeit
und wahrer Heiligkeit zu erheben, wie jemals Lazarus imstande war, sich aus dem
Grab zu erheben, indem er so lange lag. Du magst die Kraft deines eigenen,
vielgepriesenen freien Willens erproben wie die Stärke und Wirkung moralischer
Ueberredung und verstandesmässiger Gründe, welche ohne Zweifel ihren bestimmten
Platz in der Religion haben; aber alle diene Anstrengungen, auch wenn du noch
so viel Kraft daran wendest, werden sich als fruchtlos und unnütz erweisen,
bevor nicht dieser selbe Jesus der sprach: ‚Nehmt den Stein hinweg!‘ und danach
rief: ‚Lazarus, komm heraus!‘, in seiner mächtigen Kraft kommt, den Stein des
Unglaubens entfernt, deine tote Seele leben heisst, dich von den Banden deiner
Sünden und Laster löst und durch die Einflüsse seines gesegneten Geistes
befähigt, aufzustehen und auf dem Weg seiner heiligen Gebote zu wandlen.
Und ach, dass
er nun den Himmel zerrisse und in eure Mitte herabkäme! O, dass sich doch heute
die verdorrten Gebeine rühreten! O, dass doch, während ich jetzt rede und sage:
Ihr toten Sünder, kommt heraus!, eine Kraft, eine allmächtige Kraft das Wort
begleiten und euch veranlassen möchte, euch in eine neues Leben zu erheben! …
Wenn der Her
mir die Gnade zuteil werden lassen wollte und nur eine einzige Seele in dieser
grossen Versammlung aufstünde und den Staub ihres natürlichen Zustandes abschüttelte,
so wäre es mir gleichgültig, wenn meine Predigt auf den Feldern hier Anlass zur
Beschleunigung meines Todes wäre, so wie Lazarus‘ Auferstehung dem Tod meines
geliebten Meisters beschleunigte. Denn mich dünkt, der Tod ist; in gewisser
Hinsicht eher zu ertragen, als es Tag für Tag mit ansehen zu müssen, wie arme
Sünder tot und stinkend in Sünden begraben liegen. O, dass ihr sähet, wie ekelerregend ihr in den
Augen Gottes seid, solange ihr in eurem natürlichen Zustand verharrt! Ich
glaube, ihr würdet dann nicht so zufrieden an euren Fesseln festhalten und euch
weigern, in Freiheit gesetzt zu werden.“
(Seite 201
-202 Anmerkung 19)
Whitefield
hat oft bei solchen Predigten auch Tränen in den Augen. Manchmal hinter seinem
Gewand versteckt. Und dies war nicht gespielt, sondern seine tiefste
Ueberzeugng. Und schlussendlich ist er ja auch in gewisserweise wegen zuviel
predigen so früh gestorben: 55 Jahre 16.12.1714 – 30.9.1770). Wir wollen nun
auch etwas von seinen seelsorgerlichen Briefen hören. Hier sieht man auch, wie
er Menschen ermutigt, gut zu sein. Bei Mächtigen Menschen, wie es sich hier bei
diesem Earl der Fall ist, hatte dies auch konkrete Auswirkungen auf die soziale
Gestaltung der Gesellschaft (und hier schliesst sich wieder ein Thema, dass ich
unter „George Whitefield und Benjamin Franklin – die Grosse Erweckung“ aufgenommen
habe: Der Einfluss der Bibel verändert die Herzen und das Denken. Das löst eine
gesunder Hunger nach Wissen, dass sich u.a. in Lesefreude äussert,
wissenschaftliche, wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt aus. Hören wir in
diese zwei Briefe herein:
„An den Earl
of Leven and Meville, den Vertreter des Königs in der schottischen Generalsynode:
‚O Mylord,
ich wünschte mir tausend Zungen, das Lob de s Erlösers anzustimmen. Ich besitze
nichts; aber wenn ich ihn habe, besitze ich alles. Ich habe Eure Lordschaft
nicht vergessen, seit ich Ihnen das letzte Mal schrieb. Sie liegen mir jetzt
und weiterhin sehr am Herzen. Ich hörte von der Frömmigkeit der Vorfahren Eurer
Lordschaft. Fassen Sie Mut und scheuen Sie sich nicht, einem gekreuzigten
Christus aus dem Lager hinauszufolgen und seine Schmach zu tragen. Hüten Sie
sich vor der fälschlich sogenannten Ehre. Wagen Sie es, ‚ungewöhnlich gut‘ zu
sein, und schämen Sie sich Jesu und seines Evangeliums nicht. Schauen Sie im Glauben
auf Christus, und Eurer Lordschaft grosse Besitztümer werden keine Rückgang,
sondern eine Förderung erfahren, nämlich Ihren Fortschritt im göttlichen Leben.
Welch süsser Gemeinschaft mit Gott werden Sie sich dann erfreuen, wenn Sie sich
auf Ihren Wegen und in Ihren Gärten ergehen! Diese werden dann zu einem kleinen
Paradies für Ihre Seele werden.‘
Drei Wochen
später, am 26. Oktober 1741, an den gleichen Feund:
‚Mylord, es
ist elf Uhr nachts vorüber. Alles liegt in feierlichem Schweigen. Meine Seele
befindet sich in einer stillen, ruhigen Verfassung. Ich habe soeben Eurer
Lordschaft Schreiben zum zweiten Male durchgelesen. Der Heilige Geist arbeitet
sichtbar an Ihrer Seele, und ich hoffe zuversichtlich, Sie werden nun für eine
neue Welt erwachen und erfahren, was es heisst, durch Glauben zu leben. Ach,
möchte doch der Steins des Unglaubens, der noch vor Ihrer Herzenstüre liegt, hinweggerollt
werden! Ach, möchten Sie doch auferstehen, von den Banden Ihrer Sünden gelöst
werden und weitergehen, um Gutes zu tun! Mylord, wenn Sie dazu gebracht werden
könnten, das verborgene Gebet zu lieben und mit eigener Empfindung mit Gott in
seinem Wort zu verkehren, würde für Sie der Himmel auf Erden beginnen: Sie
würden dann mehr Freude empfinden als über jede andere Art von Reichtum. Was
nützen Ihnen diese Reichtümer, wenn Sie nicht reich in Gott sind?
Was das Beten
im Familienkreis anbelangt, so bitte ich Sie, es nicht zu versäumen. Sie sind
verpflichtet, es zu tun. Wenden Sie sich an Christus, er möge Ihnen helfen,
Ihre gegenwärtigen Befürchtungen zu überwinden. Diese sind die Auswirkungen von
Stolz oder Unglauben oder von beiden. Nach einem oder zweimal werden sie
vergehen.
Welch eine
Freude macht es mir, wenn ich daran denke, dass ich vielleicht eines Tages in ‚Melville-House‘
eine Kirche sehen soll.
Glücklich,
glücklich sind Sie, mein Lord, dass Sie solch eine Gemahlin haben; sie wird Sie
bei jedem guten Wort und Werk fördern. Gott möge mir die Kraft geben, Sie alle
beide auf meinem Herzen zu tragen. Wenn ich auf dem von Ihnen geschenkten
Pferde reite, werde ich oft dadurch erinnert werden, für den Geber zu beten. Es
wird mich sehr freuen, von Zeit zu Zeit zu hören, was der Herr an Ihrer Seele
tut. Seit Sie mich darum gebeten haben, werde ich Ihnen so oft wie möglich
schreiben.
Es ist spät
geworden; die Uhr hat zwölf geschlagen. Mich dünkt, ich könnte mir wünschen den
Ruf zu hören: ‚Steh auf, der Bräutigam kommt!‘ Meine Seele verlangt danach, ihm
zu begegnen. Es war mir eine Erquickung, diesen Abend über die Worte zu
predigen: ‚Dieser ist mein Geliebter und dieser mein Freund, ihr Töchter von
Jerusalem.‘ Wann werde ich ihn sehen, wie er ist? Mit Recht können Eure
Lordschaft sagen: ‚Alles an ihm ist lieblich.‘ Die Ewigkeit reicht nicht aus,
sein Lob zu sagen.“ (Seite 200-201, Anmerkung 18)
Es ist nur
schon historisch interessant zu hören, wie Whitefield mit diesem Lord spricht.
Er soll aber gegenüber allen Menschen im persönlichen Umgang sehr lieb gewesen
sein. Auf der anderen Seite hielt Whitefield mit der Wahrheit nicht zurück.
Auch bei diesem Lord. Aber er sagt die Wahrheit in Liebe. Und auch bei seinen
strengen Predigten war dies anzumerken. Manchmal kamen ihm auch die Tränen,
weil es ihm wirklich um eine gute Zukunft bis in die Ewigkeit der Hörer ging.
Auf Seite 178 bis 189 gäbe es eine Predigt über die 10 Jungfrauen. Leider
sprengte dies der Platz hier. Wenn man denkt, dass er solche Predigten draussen
hielt, vor 20‘000 und mehr Zuhörer (es
wird bis 50‘ und ich glaube 60‘ berichtet. In einem anderen Buch kann das nicht
geglaubt werden, daher gehen sie nur von 20‘ aus. Allerdings hat Benjamin
Franklin anlässlich einer Predigt selber berechnet, dass ihn gut 30‘000
Menschen hören können, s. vorangehender Blogbeitrag unter Anhang.) dann ist das aussergewöhnlich. Zum
Abschluss möchte ich einen Ausschnitt aus einer anderen Predigt von ihm
wiedergeben. Sie zeigt was für eine offene Sprache Whitefield hatte:
„… Ich will
nicht in der Weise missverstanden werden, als meinte ich mit dem allem nur die
öffentlichen Lustbarkeiten, welche offensichtlich zu nichts anderem dienen als
zu Lärmen und Schmausen, Unzucht und Geilheit. Ueber sie müsste heute auch ein
Heide erröten. Nein, ich meine auch jene scheinbar so unschuldigen Unterhaltungen
und Zusammenkünfte, bei denen der anständigere Teil der Menschheit so oft
anzutreffen ist und mit denen er so viel Zeit verliert. Sie halten aber trotz
allem so viele Menschen ebenso von einem wirklichen Gefühl für Religion ab wie
Unmässigkeit, Ausschweifung und Laster in jeglicher Form. Allerdings brauchen
wir, solange wir in dieser Welt sind, saubere Erholung, die uns für unsere
Berufsarbeit und für das Glaubensleben stärkt. Aber für Leute, die sich Christen
nennen, die bei ihrer Taufe feierlich gelobt haben, auf die Nichtigkeiten
dieser sündigen Welt zu verzichten, und denen in der Schrift befohlen ist,
jeden bösen Schein zu meiden und ihren Wandel im Himmel zu haben, im Blick auf
solche Menschen ist es ebenso absurd wie lächerlich und sündig, Zusammenkünfte
zu verteidigen, die – um nichts Schlimmeres zu sagen – hohl und läppisch sind
und eine natürliche Neigung dazu besitzen, unser Gemüt von Gott abzuziehen.
Bemüht euch,
ihr meine geliebten Brüder, dass euer Benehmen mit eurer Berufung zusammenstimmt.
Denkt nicht im Stillen, es genüge, sich am Jüngsten Tage mit den Worten zu
rechtfertigen: Herr, haben wir uns nicht in deinem Namen versammelt und uns
gegenseitig mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern angefeuert? Denn
wahrlich, ich sage euch, wenn ihr sonst nichts habt, wird unser Herr auch von
sich weisen, ja, ihr sollt eine desto grössere Verdammnis empfangen, wenn ihr
bei grossen Ansprüchen als Täter der Ungerechtigkeit erfunden werdet.
Ich hoffe,
ihr seid gewillt, als wahre Christen nicht nur zu erschienen, sondern es zu
sein und euch einst am letzten Tage als aufrichtige Jünger des gekreuzigten
Erlösers zu erweisen.“ (Seite 176, Anmerkung 2)
Eine
erstaunlich harte Rede. Whitefield geht es hier wohl um die Scheinheiligkeit:
Man tut und feiert fromm, aber in Tat und Wahrheit lebt man lieblos und unbarmherzig.
Schon Jesaja beginnt mit diesem Buch das Buch Jesaja, ab dem 2 Vers:
„Höret ihr
Himmel und Erde, nimm zu Ohren, denn der HERR redet! Ich habe Kinder
grossgezogen und hochgebracht, und sie sind von mir abgefallen!
Ein Ochse
kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Herrn; aber Israel (und damit
die Kirche, meine Anmerkung) kennt’s nicht, und mein Volk versteht’s nicht.
Wehe dem
sündigen Volk, dem Volk mit Schuld beladen, dem boshaften Geschlecht, den
verderbten Kindern, die den HERRN verlassen, dem Heiligen Israels lästern, die
abgefallen sind!.. (Jesaja 1,2-4)
Bei den
späteren Versen merkt man, dass diese Kirche immer noch Gottesdienste feiert
und betet! Damals gehörten Tieropfer zum Gottesdienst. Trotzdem ist Gott der
Meinung, dass sie abgefallen sind und es – pardon für den Ausdruck – es kotzt
ihn an:
„Was soll mir
die Menge eurer Opfer? Spricht der HERR. Ich bin satt der Brandopfer von
Widdern und des Fettes von Mastkälbern und habe kein Gefallen am Blut der
Stiere, der Lämmer und Böcke.
Wenn ihr
kommt, zu erschienen vor mir – wer fordert denn von euch, dass ihr meinen Vorhof
zertretet?
Bringt nicht
mehr dar so vergebliche Speisopfer! Das Räucherwerk ist mir ein Greuel!
Neumonde und Sabbate, wenn ihr zusammenkommt, Frevel und Festversammlung mag
ich nicht!
Meine Seele
ist feind euren Neumonden und Jahresfesten; sie sind mir ein Last , ich bin’s müde,
sie zu tragen.
Und wenn ihr
auch eure Hände ausbreitet, verberge ich doch meine Augen vor euch; und wenn
ihr auch viel betet, höre ich euch doch nicht; denn eure Hände sind voll Blut.
Wascht euch,
reinigt euch, tut eure bösen Taten aus meinen Augen, lasst ab vom Bösen!
Lernet Gutes
tun, trachtet nach Recht, helft den Unterdrückten, schaffet den Waisen Recht,
führet der Witwen Sache!
So kommt denn
und lasst uns miteinander rechten, spricht der HERR. Wenn eure Sünde auch blutrot
ist, soll sie doch schneeweiss werden, und wenn sie rot ist wie Scharlach, soll
sie doch wie Wolle werden. (Jesaja1,11-18)
Ein
Paukenschlag gegen Heuchelei. Und Jesaja zeigt, was man mit unserer Schuld tun
soll: Zu Gott gehen und von ihm vergeben lassen UND dann lernen Gutes zu tun.
Die alttestamentlichen Tieropfer waren ein Bild für das Opfer von Jesus
Christus, der dies alles erfüllt. Sein Blut, das Bild des Lebens, vergoss er
für unsere Sünden, damit unsere Scharlach rote Sünde so weiss wie Wolle wird.
Dies haben wir täglich nötig und täglich dürfen wir wissen, dass uns vergeben
ist. Denn Jesus starb, damit wir Zugang zu Gott haben. Durch Vergebung,
Versöhnung wird Gott der Vater zu unserem Vater und wir seine Kinder: Adoptiert
und vom Gericht Gottes für gerecht gesprochen: Weiss wie schneeweisse Wolle.
Natürlich werden wir erst verherrlicht, wenn Jesus zum zweiten Mal kommt, aber
schon jetzt ist das in einer geistlichen Weise war: Gott sieht uns in Christus
so rein an, darum haben wir jederzeit Zutritt zu ihm, wenn wir in Christus
sind.
In einem
gewissen Sinn beginnt die geistliche Wiedergeburt in einem Moment. In einer
anderen Weise ist es ein Prozess, indem wir lernen in Christus zu verharren und
mit unseren Unmöglichkeiten zu Jesus gehen, der das Unmögliche möglich macht.
„Denn ich
schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig
macht alle, die daran glauben, die Juden zuerst und ebenso die Griechen. (Mit
Griechen sind hier alle Nicht-Juden gemeint, meine Anmerkung)
Denn darin
wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben
in Glauben; wie geschrieben steht (Anmerkung: Zitat von Habakuk 2,4): ‚Der
Gerechte wird aus Glauben leben.“
(Das war
Luther Uebersetzung: Wörtlich: „Denn die Gerechtigkeit Gottes wird in ihm
offenbart aus Glauben zum Glauben.“)
Denn Gottes
Zorn wird vom Himmel her offenbart über alles gottlose Wesen und alle
Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit durch Ungerechtigkeit
niederhalten.“ (Römer 1,16-18, dies ist aus dem Brief des Apostel Paulus an die
Römer.)
Gott segne
Sie: In Christus kommt alles gut.