Freitag, 9. September 2016

Wie predigte George Whitefield?

(Grundlage: „George Whitefield. Ruf an alle. Buch von Otto Riecker)


„Ich hatte vorher schon oft daran gedacht, Mr. Whitefield zu hören, aber mir war so vieles über ihn gesagt worden dass ich Angst davor hatte enttäuscht zu werden. Er predigte auf dem Felde, dass sich an den Park des Waisenhausspitals anschloss. Sein Text war Jesaja 33 Vers 13 – 17.

Die Predigt übertraf alle Predigten, die ich je gehört hatte. In ihrer Mitte wagte ich aufzublicken und sah die ganze Menge um Mr. Whitefield in Tränen gebadet. Ich lauschte mit tiefer Verwunderung und bekam dabei eine solche Enthüllung des Heilsplanes wie nie zuvor. Ich wunderte mich über mich selbst, dass ich dem törichten Geschwätz Gehör geschenkt hatte und mich auf diese Weise von einem brennenden und scheinenden Licht hatte fernhalten lassen, das in der Hand Gottes ein Werkzeug zur Errettung Tausender geworden war. Als ich vernahm, er sei im Begriff, Edinburgh zu verlassen, wurde ich tief bekümmert. Von dieser Predigt bleib mir mehr im Gedächtnis als von allen Predigten, die ich zuvor je gehört hatte. Ich hatte eine Offenbarung über den ganzen unaussprechlichen Reichtum der Gnade Gottes in Christus Jesus und darüber, wie ein verlorener Sünder zu Gott kommt und durch den Versöhner Gnade empfangen kann. Von dieser Zeit an war ich ehrlich von der Notwendigkeit einer Herzensänderung überzeugt.“
(Seite 217, Anmerkung 36)

Was Benjamin Franklin über die Predigt und ihre Beziehung dachte, ist auf meinen vorangegangen Blog u.a. zu lesen (Am Schluss unter Anhang ist eine interessante längere Passage dazu. Aber auch im übrigen Teil des Blogs gibt es Bemerkungen dazu.)

Whitefield muss ein sehr begnadeter Lehrer und Redner gewesen sein. In ihm trafen sich gesunde Lehre und schauspielerisches Talent, um die frohe Botschaft spannend, eindringlich und berührend zu verkünden. Schauspieler wie Shuter, „Garrick waren sich darüber einig, dass Whitefield über ungemessene schauspielerische Fähigkeiten verfüge. Er stellte sie in den Dienst Gottes. Die Genannten fanden sein e Predigt bei deren vierzehnten Wiederholung am besten (d.h. sie haben Predigten von Whitefield mindestens 14-mal gehört. Und zwar nicht auf Tonband, dass gab es damals ja noch nicht. Anmerkung von mir)
Dann seien alle ihre Unebenheiten ausgeschliffen und sie zur ihrer vollkommensten Höhe gebracht. Whitefield arbeitete selbst unausgesetzt an der Verbesserung seiner Rede und Darbietung. Natur, Kultur und Geist vereinigten sich hier zu einer höchsten Kunstleistung – kein Wunder, dass ihm der Adel anhing und Menschen mit bestem Geschmack befriedigt wurden. Und doch hatte er ein lauteres Kinderherz. Gerade dies machte ihn zum Redner von höchstem Grade.
Die gedruckten Predigten geben nicht den ganzen  Begriff von dieser unmittelbaren und genialen Redeweise.“ (Seite 148)

„Mit der Grund dieser Auswirkung auf ein ganzes Zeitalter ist die gewaltige Redegabe Whitefields. Sie ist der menschliche Träger eines letztlich unerklärlichen geistlichen Geschehens ganz allein von Gott. Diesem Mann standen alle Register des Ausdrucks und der Betonung zu Gebote. Der Schauspieler Garrick äusserte, er gäbe hundert Guineen darum, wenn er auch nur ein einziges ‚Oh!‘ so sagen könnte wie Whitefield. Je nachdem dieser das Wort ‚Mesopotamien‘ ausspreche, könne er seine Hörerschaft zum Zittern oder zum Weinen bringen. Whitefield verfügte so sehr über die Gefühle seiner Zuhörer, dass sich diese manchmal selbst vergassen und die von ihm geschilderten Szenen für bare Wirklichkeit nahmen und mit ihren Ausrufen in sie einfielen. Die Seeleute von New York redete er einmal im Seemannston an und rief:

‚Well, my boys, wir haben klaren Himmel und machen vor einer leichten Brise gute Fahrt über ruhige See und haben bald das Land aus der Sicht verloren. Aber was bedeutet diese plötzliche Verfinsterung am Himmel, und die dunkle Wolke, die vom westlichen Horizont aufsteigt? Horcht! Hört, ihr nicht fernen Donner? Seht ihr nicht die Strahlen der Blitze? Da zieht sich ein Wetter zusammen! Jeder auf seinen Posten! Wie die Wogen schwellen und gegen das Schiff klatschen! Die Luft ist finster! Der Sturm rast! Unsere Masten sind fort! Das Schiff ist soweit, dass es nur noch die Stümpfe hat! Was sollen wir tun!‘
Dieser Ruf liess die Seeleute unwillkürlich aufspringen:
‚Das Grossboot! Nehmt das Grossboot!‘

Vor die Augen seiner aristokratischen Hörer malte er als Bild des Sünders das eines blinden Bettlers, der sich verirrt hat. Langsam tastet er sich ohne seinen Hund dem Abgrund zu. Am Felsenabsturz such sein Fuss. Noch ein Schritt, und er wird ein Opfer der Tiefe.
‚Mein Gott, er ist hinabgestürzt!‘ rief da Lord Chesterfield, ganz seine Würde vergessen.!

Als der geborene Dramatiker konnte Whitefield ohne Schwierigkeit das Geschehen um sich herum in seine Rede einbeziehen, wie wir es bei der Regenbogenpredigt gesehen haben.“ (Seite 146 – 147)

So eine Redegewandtheit könnte auch missbraucht werden.  Augustinus (4. Jahrhundert) hat dies wohl zuerst als Jurist getan, damals als er noch dem offiziellen römischen Heidentum angehörte. Nachdem er vom Heidentum in eine Irrlehre eintauchte, wurde er noch Christ und vielleicht einer der einflussreichsten Persönlichkeiten für Westeuropa – bis heute. Paulus sagt, er rede einfach und überrede nicht. Vielleicht hat Paulus einfacher gepredigt, als er geschrieben hat (denn seine Briefe im Neuen Testament sind ziemlich kompakt und tiefsinnig.). Sicherlich ist mit unserer Intelligenz nichts getan: Denn was bei den Menschen unmöglich ist, ist bei Gott möglich. Eine geistliche Wiedergeburt gehört sicherlich ganz konkret dazu. Und der Heilige Geist benützt das Wort Gottes – auch in der Form der Predigt. Wie war dies bei Whitefield? Otto Riecken berichtet von etwas merkwürdigen. Er selber schreibt dazu: „Hier steht die Beurteilung van Grenzen, die wir nicht überschreiten wollen.“ (Seite 148) Sicherlich hatte Whitefield sehr unterschiedliche Predigten und wir wollen etwas hineinlesen (leider nicht hineinhören, dass wäre interessant). Beginnen will ich zuerst mit Bemerkungen zu diesem „merkwürdigen“ Geschehen an einer Predigt von Whitefield:

„‘Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht.‘ Dann hielt er inne, und während er so dastand, erscholl ein Schreckensschrei aus der Menge. Grimshaw drängte sich bis dorthin durch, wo die Unruhe entstanden war, kehrte zurück und sagte zu dem Redner: ‚Bruder Whitefield, du stehst zwischen Toten und Sterbenden; eine unsterbliche Seele wurde in die Ewigkeit abgerufen; der Würgeengel geht durch die Versammlung; rufe laut und schone nicht!‘
Whitefield gab der Versammlung weiter, dass eben ein Hörer gestorben sei. Dann wiederholte er den Text: ‚Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht.‘ Und wieder erscholl ein Schrei, diesmal nicht weit vom Platz, an dem Lady Huntingdon und Lady Ingham standen. Heilige Furchtfiel auf jedes Herz, als bekannt wurde, ass eine zweite Person gestorben war. Whitefield erkannte, dass ein unsichtbarer Helfer auf sein Gebet hin eingegriffen hatte und warnte die Unbussfertigen in der atemlos lauschenden Versammlung eindringlich vor der Gefährlichkeit ihrer Lage. – Hier steht die Beurteilung an Grenzen, die wir nicht überschreiten wollen.“ (Seite 147-148)
Es ist die einzige „merkwürdige“ Geschichte in diesem Buch. Und in einem anderen Buch über das Leben von Whitefield findet man diesen Bericht nicht. Ich hätte wohl aufgehört zu predigen. Aber vielleicht wurde es doch auch vielen zum Segen… Das entspricht natürlich überhaupt nicht unserem heutigen Denken. Und auch damals hatte dies im durchschnittlichen Deismus nicht wirklich Platz. Sehen wir, wie Whitefield kurz vor seinem Tod über seinen Tod predigte:

„Sein Thema war: ‚Glaube und Werke‘. Satz um Satz wurde in rauhen, unzusammenhängenden  Reihen heraugeschleudert. (Whitefield war sehr vom Nahen Tode erschöpft. Meine Anmerkung) Langsam wurde Whitefield über dem Reden warm, seine Stimme erhob sich noch einmal zu ihrer alten, löwengleichen Stärke. Sie rollte über die Menge hin und erreichte den äussersten Hörer.

‚Werke, Werke?‘ rief er mit Donnerstimme, ‚kommt ein Mensch in den Himmel durch Werke? Geradeso könnte ich daran denken, auf einem Seil von Sand zu dem Mond zu klettern. ‘

Zwei Stunden dauerte diese Ansprache. Am Schluss rief er:

‚Ich gehe zu der für mich bereiten Ruhe; meine Sonne ist emporgestiegen und hat mit Hilfe des Himmels vielen Licht gebracht; sie neigt sich nun zum Untergang, nein, nein, zu dem Zenith unsterblicher Herrlichkeit. Ich habe auf Erden viele überlebt, aber sie können mich nicht im Himmel überleben. O, göttlicher Gedanke! Ich werde bald in einer Welt sein, die Zeit, Alter, Schmerz und Sorge nicht kennt. Mein Leib schrumpft, mein Geist weitet sich. Gerne würde ich ewig leben, um Christus zu verkündigen! Abe ich sterbe, um bei ihm zu sein!‘“ (Seite 167)

Leider verfüge ich nicht mehr über diese Predigt. Aber so kurz vor seinem Tode ist es ihm wichtig die Gnade Gottes zu betonen: Jesus Christus alleine und sein Wirken rettet uns. Wir können es aus eigener Kraft niemals.

Gott erfüllte ihm sein Wunsch und er konnte in der presbyterianischen Kirche in Newbury Ports beerdigt werden. Der Trauerzug sei eine halbe Meile, als weit über einen halben Kilometer gewesen. Als Benjamin Randall vom Tod von Whitefield hörte, bekehrte er sich und sollte später die „Free Will Baptist Church“ gründen. (Der Name der Kirche könnte dahin deuten, dass er nicht mit allen theologischen Details mit Whitefield übereinstimmte.)

Aber zurück zu unserem Thema: Wie predigte Whitefield. Obwohl vielleicht sogar sein Sterben und seine Predigt auch etwas darüber sagte . Wollen wir hören wie John Wesley ihn erlebte:

„‘1750, Freitag, 19. Januar. Abends las ich in der Kapelle in West Street die Gebete, und Mr. Whitefield hielt eine offene herzliche Ansprache. Sonntag, 21. Er las die Gebete und ich hielt die Predigt: So ist aus Gottes Sache ein Stein des Anstosses mehr beseitigt. Wie weise ist Gott darin, dass er verschiedenen Predigern verschiedene Gaben gibt! Selbst die kleinen Unausgeglichenheiten der Sprache und des Auftretens mussten hier ein Mittel dazu sein, vielen zu nützen, die durch eine korrektere Predigt und ein gleichmässigeres Auftreten beim Predigen nicht berührt worden wären.‘“ (Seite 137)

Wenn ich John Wesley richtig verstehe, findet er George Whitefield keinen perfekten Prediger: „die kleinen Unausgeglichenheiten der Sprache und des Auftretens…“ Otto Ricken meint: „Der logische Geist Wesleys, der auch aus diesen Sätzen spricht, bedurfte der Ergänzung durch den phantasievollen Whitefield.“ (Seite 137)

Wir wollen aber noch mehr direkt von Whitefield hören – oder besser lesen (leider nur lesen).

„… Kommt, ihr toten, christuslosen, unbekehrten Sünder, kommt und seht die Stelle, wo sie den Leichnam des dahingeschiedenen Lazarus hingelegt haben. Seht , wie er daliegt, an Händen und Füssen gebunden mit Grabtüchern, eingeschlossen und stinkend in einer finsteren Höhle, vor deren Ausgang ein grosser Stein liegt! Schau hin! O, wie er stinkt!
Halte hier nun inne, verweile ein wenig. Und während du auf die Leiche des Lazarus starrst, erlaube mir, dir mit grosser Offenheit und noch grösserer Liebe zu sagen, dass dieser tote, gebundene, im Grab liegende, stinkende Kadaver nichts ist als ein schwaches Abbild deiner armen Seele in ihrem natürlichen Zustand. Denn ob du’s nun glaubst oder nicht, der Geist, den du mit dir herumträgst, in Fleisch und Blut begraben, liegt ebenso buchstäblich tot für Gott, gerade so tot in Uebertretungen und Sünden wie Lazarus‘ Leib im Grab. Er war gebunden an Händen und Füssen mit Grabtüchern? So bist du an Händen und Füssen gebunden durch deine Sünden. Und so wie ein Stein vor das Grab gelegt ward, so liegt ein Stein des Unglaubens vor deinem blöden Herzen. Vielleicht hast du in diesem Zustand dagelegen, nicht nur vier Tage, sondern viele Jahre, und stankst Gott in der Nase. Und, was einen noch mehr ergrieft: Du bist ebenso unfähig, dich selbst aus diesem ekelhaften, toten Zustand zu einem Leben der Gerechtigkeit und wahrer Heiligkeit zu erheben, wie jemals Lazarus imstande war, sich aus dem Grab zu erheben, indem er so lange lag. Du magst die Kraft deines eigenen, vielgepriesenen freien Willens erproben wie die Stärke und Wirkung moralischer Ueberredung und verstandesmässiger Gründe, welche ohne Zweifel ihren bestimmten Platz in der Religion haben; aber alle diene Anstrengungen, auch wenn du noch so viel Kraft daran wendest, werden sich als fruchtlos und unnütz erweisen, bevor nicht dieser selbe Jesus der sprach: ‚Nehmt den Stein hinweg!‘ und danach rief: ‚Lazarus, komm heraus!‘, in seiner mächtigen Kraft kommt, den Stein des Unglaubens entfernt, deine tote Seele leben heisst, dich von den Banden deiner Sünden und Laster löst und durch die Einflüsse seines gesegneten Geistes befähigt, aufzustehen und auf dem Weg seiner heiligen Gebote zu wandlen.
Und ach, dass er nun den Himmel zerrisse und in eure Mitte herabkäme! O, dass sich doch heute die verdorrten Gebeine rühreten! O, dass doch, während ich jetzt rede und sage: Ihr toten Sünder, kommt heraus!, eine Kraft, eine allmächtige Kraft das Wort begleiten und euch veranlassen möchte, euch in eine neues Leben zu erheben! …
Wenn der Her mir die Gnade zuteil werden lassen wollte und nur eine einzige Seele in dieser grossen Versammlung aufstünde und den Staub ihres natürlichen Zustandes abschüttelte, so wäre es mir gleichgültig, wenn meine Predigt auf den Feldern hier Anlass zur Beschleunigung meines Todes wäre, so wie Lazarus‘ Auferstehung dem Tod meines geliebten Meisters beschleunigte. Denn mich dünkt, der Tod ist; in gewisser Hinsicht eher zu ertragen, als es Tag für Tag mit ansehen zu müssen, wie arme Sünder tot und stinkend in Sünden begraben liegen.  O, dass ihr sähet, wie ekelerregend ihr in den Augen Gottes seid, solange ihr in eurem natürlichen Zustand verharrt! Ich glaube, ihr würdet dann nicht so zufrieden an euren Fesseln festhalten und euch weigern, in Freiheit gesetzt zu werden.“
(Seite 201 -202 Anmerkung 19)

Whitefield hat oft bei solchen Predigten auch Tränen in den Augen. Manchmal hinter seinem Gewand versteckt. Und dies war nicht gespielt, sondern seine tiefste Ueberzeugng. Und schlussendlich ist er ja auch in gewisserweise wegen zuviel predigen so früh gestorben: 55 Jahre 16.12.1714 – 30.9.1770). Wir wollen nun auch etwas von seinen seelsorgerlichen Briefen hören. Hier sieht man auch, wie er Menschen ermutigt, gut zu sein. Bei Mächtigen Menschen, wie es sich hier bei diesem Earl der Fall ist, hatte dies auch konkrete Auswirkungen auf die soziale Gestaltung der Gesellschaft (und hier schliesst sich wieder ein Thema, dass ich unter „George Whitefield und Benjamin Franklin – die Grosse Erweckung“ aufgenommen habe: Der Einfluss der Bibel verändert die Herzen und das Denken. Das löst eine gesunder Hunger nach Wissen, dass sich u.a. in Lesefreude äussert, wissenschaftliche, wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt aus. Hören wir in diese zwei Briefe herein:

„An den Earl of Leven and Meville, den Vertreter des Königs in der schottischen Generalsynode:
‚O Mylord, ich wünschte mir tausend Zungen, das Lob de s Erlösers anzustimmen. Ich besitze nichts; aber wenn ich ihn habe, besitze ich alles. Ich habe Eure Lordschaft nicht vergessen, seit ich Ihnen das letzte Mal schrieb. Sie liegen mir jetzt und weiterhin sehr am Herzen. Ich hörte von der Frömmigkeit der Vorfahren Eurer Lordschaft. Fassen Sie Mut und scheuen Sie sich nicht, einem gekreuzigten Christus aus dem Lager hinauszufolgen und seine Schmach zu tragen. Hüten Sie sich vor der fälschlich sogenannten Ehre. Wagen Sie es, ‚ungewöhnlich gut‘ zu sein, und schämen Sie sich Jesu und seines Evangeliums nicht. Schauen Sie im Glauben auf Christus, und Eurer Lordschaft grosse Besitztümer werden keine Rückgang, sondern eine Förderung erfahren, nämlich Ihren Fortschritt im göttlichen Leben. Welch süsser Gemeinschaft mit Gott werden Sie sich dann erfreuen, wenn Sie sich auf Ihren Wegen und in Ihren Gärten ergehen! Diese werden dann zu einem kleinen Paradies für Ihre Seele werden.‘

Drei Wochen später, am 26. Oktober 1741, an den gleichen Feund:

‚Mylord, es ist elf Uhr nachts vorüber. Alles liegt in feierlichem Schweigen. Meine Seele befindet sich in einer stillen, ruhigen Verfassung. Ich habe soeben Eurer Lordschaft Schreiben zum zweiten Male durchgelesen. Der Heilige Geist arbeitet sichtbar an Ihrer Seele, und ich hoffe zuversichtlich, Sie werden nun für eine neue Welt erwachen und erfahren, was es heisst, durch Glauben zu leben. Ach, möchte doch der Steins des Unglaubens, der noch vor Ihrer Herzenstüre liegt, hinweggerollt werden! Ach, möchten Sie doch auferstehen, von den Banden Ihrer Sünden gelöst werden und weitergehen, um Gutes zu tun! Mylord, wenn Sie dazu gebracht werden könnten, das verborgene Gebet zu lieben und mit eigener Empfindung mit Gott in seinem Wort zu verkehren, würde für Sie der Himmel auf Erden beginnen: Sie würden dann mehr Freude empfinden als über jede andere Art von Reichtum. Was nützen Ihnen diese Reichtümer, wenn Sie nicht reich in Gott sind?
Was das Beten im Familienkreis anbelangt, so bitte ich Sie, es nicht zu versäumen. Sie sind verpflichtet, es zu tun. Wenden Sie sich an Christus, er möge Ihnen helfen, Ihre gegenwärtigen Befürchtungen zu überwinden. Diese sind die Auswirkungen von Stolz oder Unglauben oder von beiden. Nach einem oder zweimal werden sie vergehen.
Welch eine Freude macht es mir, wenn ich daran denke, dass ich vielleicht eines Tages in ‚Melville-House‘ eine Kirche sehen soll.
Glücklich, glücklich sind Sie, mein Lord, dass Sie solch eine Gemahlin haben; sie wird Sie bei jedem guten Wort und Werk fördern. Gott möge mir die Kraft geben, Sie alle beide auf meinem Herzen zu tragen. Wenn ich auf dem von Ihnen geschenkten Pferde reite, werde ich oft dadurch erinnert werden, für den Geber zu beten. Es wird mich sehr freuen, von Zeit zu Zeit zu hören, was der Herr an Ihrer Seele tut. Seit Sie mich darum gebeten haben, werde ich Ihnen so oft wie möglich schreiben.
Es ist spät geworden; die Uhr hat zwölf geschlagen. Mich dünkt, ich könnte mir wünschen den Ruf zu hören: ‚Steh auf, der Bräutigam kommt!‘ Meine Seele verlangt danach, ihm zu begegnen. Es war mir eine Erquickung, diesen Abend über die Worte zu predigen: ‚Dieser ist mein Geliebter und dieser mein Freund, ihr Töchter von Jerusalem.‘ Wann werde ich ihn sehen, wie er ist? Mit Recht können Eure Lordschaft sagen: ‚Alles an ihm ist lieblich.‘ Die Ewigkeit reicht nicht aus, sein Lob zu sagen.“ (Seite 200-201, Anmerkung 18)

Es ist nur schon historisch interessant zu hören, wie Whitefield mit diesem Lord spricht. Er soll aber gegenüber allen Menschen im persönlichen Umgang sehr lieb gewesen sein. Auf der anderen Seite hielt Whitefield mit der Wahrheit nicht zurück. Auch bei diesem Lord. Aber er sagt die Wahrheit in Liebe. Und auch bei seinen strengen Predigten war dies anzumerken. Manchmal kamen ihm auch die Tränen, weil es ihm wirklich um eine gute Zukunft bis in die Ewigkeit der Hörer ging. Auf Seite 178 bis 189 gäbe es eine Predigt über die 10 Jungfrauen. Leider sprengte dies der Platz hier. Wenn man denkt, dass er solche Predigten draussen hielt, vor 20‘000 und mehr Zuhörer (es wird bis 50‘ und ich glaube 60‘ berichtet. In einem anderen Buch kann das nicht geglaubt werden, daher gehen sie nur von 20‘ aus. Allerdings hat Benjamin Franklin anlässlich einer Predigt selber berechnet, dass ihn gut 30‘000 Menschen hören können, s. vorangehender Blogbeitrag unter Anhang.) dann ist das aussergewöhnlich. Zum Abschluss möchte ich einen Ausschnitt aus einer anderen Predigt von ihm wiedergeben. Sie zeigt was für eine offene Sprache Whitefield hatte:

„… Ich will nicht in der Weise missverstanden werden, als meinte ich mit dem allem nur die öffentlichen Lustbarkeiten, welche offensichtlich zu nichts anderem dienen als zu Lärmen und Schmausen, Unzucht und Geilheit. Ueber sie müsste heute auch ein Heide erröten. Nein, ich meine auch jene scheinbar so unschuldigen Unterhaltungen und Zusammenkünfte, bei denen der anständigere Teil der Menschheit so oft anzutreffen ist und mit denen er so viel Zeit verliert. Sie halten aber trotz allem so viele Menschen ebenso von einem wirklichen Gefühl für Religion ab wie Unmässigkeit, Ausschweifung und Laster in jeglicher Form. Allerdings brauchen wir, solange wir in dieser Welt sind, saubere Erholung, die uns für unsere Berufsarbeit und für das Glaubensleben stärkt. Aber für Leute, die sich Christen nennen, die bei ihrer Taufe feierlich gelobt haben, auf die Nichtigkeiten dieser sündigen Welt zu verzichten, und denen in der Schrift befohlen ist, jeden bösen Schein zu meiden und ihren Wandel im Himmel zu haben, im Blick auf solche Menschen ist es ebenso absurd wie lächerlich und sündig, Zusammenkünfte zu verteidigen, die – um nichts Schlimmeres zu sagen – hohl und läppisch sind und eine natürliche Neigung dazu besitzen, unser Gemüt von Gott abzuziehen.
Bemüht euch, ihr meine geliebten Brüder, dass euer Benehmen mit eurer Berufung zusammenstimmt. Denkt nicht im Stillen, es genüge, sich am Jüngsten Tage mit den Worten zu rechtfertigen: Herr, haben wir uns nicht in deinem Namen versammelt und uns gegenseitig mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern angefeuert? Denn wahrlich, ich sage euch, wenn ihr sonst nichts habt, wird unser Herr auch von sich weisen, ja, ihr sollt eine desto grössere Verdammnis empfangen, wenn ihr bei grossen Ansprüchen als Täter der Ungerechtigkeit erfunden werdet.
Ich hoffe, ihr seid gewillt, als wahre Christen nicht nur zu erschienen, sondern es zu sein und euch einst am letzten Tage als aufrichtige Jünger des gekreuzigten Erlösers zu erweisen.“ (Seite 176, Anmerkung 2)

Eine erstaunlich harte Rede. Whitefield geht es hier wohl um die Scheinheiligkeit: Man tut und feiert fromm, aber in Tat und Wahrheit lebt man lieblos und unbarmherzig. Schon Jesaja beginnt mit diesem Buch das Buch Jesaja, ab dem 2 Vers:

„Höret ihr Himmel und Erde, nimm zu Ohren, denn der HERR redet! Ich habe Kinder grossgezogen und hochgebracht, und sie sind von mir abgefallen!
Ein Ochse kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Herrn; aber Israel (und damit die Kirche, meine Anmerkung) kennt’s nicht, und mein Volk versteht’s nicht.
Wehe dem sündigen Volk, dem Volk mit Schuld beladen, dem boshaften Geschlecht, den verderbten Kindern, die den HERRN verlassen, dem Heiligen Israels lästern, die abgefallen sind!.. (Jesaja 1,2-4)
Bei den späteren Versen merkt man, dass diese Kirche immer noch Gottesdienste feiert und betet! Damals gehörten Tieropfer zum Gottesdienst. Trotzdem ist Gott der Meinung, dass sie abgefallen sind und es – pardon für den Ausdruck – es kotzt ihn an:
„Was soll mir die Menge eurer Opfer? Spricht der HERR. Ich bin satt der Brandopfer von Widdern und des Fettes von Mastkälbern und habe kein Gefallen am Blut der Stiere, der Lämmer und Böcke.
Wenn ihr kommt, zu erschienen vor mir – wer fordert denn von euch, dass ihr meinen Vorhof zertretet?
Bringt nicht mehr dar so vergebliche Speisopfer! Das Räucherwerk ist mir ein Greuel! Neumonde und Sabbate, wenn ihr zusammenkommt, Frevel und Festversammlung mag ich nicht!
Meine Seele ist feind euren Neumonden und Jahresfesten; sie sind mir ein Last , ich bin’s müde, sie zu tragen.

Und wenn ihr auch eure Hände ausbreitet, verberge ich doch meine Augen vor euch; und wenn ihr auch viel betet, höre ich euch doch nicht; denn eure Hände sind voll Blut.
Wascht euch, reinigt euch, tut eure bösen Taten aus meinen Augen, lasst ab vom Bösen!
Lernet Gutes tun, trachtet nach Recht, helft den Unterdrückten, schaffet den Waisen Recht, führet der Witwen Sache!

So kommt denn und lasst uns miteinander rechten, spricht der HERR. Wenn eure Sünde auch blutrot ist, soll sie doch schneeweiss werden, und wenn sie rot ist wie Scharlach, soll sie doch wie Wolle werden.                         (Jesaja1,11-18)

Ein Paukenschlag gegen Heuchelei. Und Jesaja zeigt, was man mit unserer Schuld tun soll: Zu Gott gehen und von ihm vergeben lassen UND dann lernen Gutes zu tun. Die alttestamentlichen Tieropfer waren ein Bild für das Opfer von Jesus Christus, der dies alles erfüllt. Sein Blut, das Bild des Lebens, vergoss er für unsere Sünden, damit unsere Scharlach rote Sünde so weiss wie Wolle wird. Dies haben wir täglich nötig und täglich dürfen wir wissen, dass uns vergeben ist. Denn Jesus starb, damit wir Zugang zu Gott haben. Durch Vergebung, Versöhnung wird Gott der Vater zu unserem Vater und wir seine Kinder: Adoptiert und vom Gericht Gottes für gerecht gesprochen: Weiss wie schneeweisse Wolle. Natürlich werden wir erst verherrlicht, wenn Jesus zum zweiten Mal kommt, aber schon jetzt ist das in einer geistlichen Weise war: Gott sieht uns in Christus so rein an, darum haben wir jederzeit Zutritt zu ihm, wenn wir in Christus sind.
In einem gewissen Sinn beginnt die geistliche Wiedergeburt in einem Moment. In einer anderen Weise ist es ein Prozess, indem wir lernen in Christus zu verharren und mit unseren Unmöglichkeiten zu Jesus gehen, der das Unmögliche möglich macht.

„Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben, die Juden zuerst und ebenso die Griechen. (Mit Griechen sind hier alle Nicht-Juden gemeint, meine Anmerkung)
Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben; wie geschrieben steht (Anmerkung: Zitat von Habakuk 2,4): ‚Der Gerechte wird aus Glauben leben.“
(Das war Luther Uebersetzung: Wörtlich: „Denn die Gerechtigkeit Gottes wird in ihm offenbart aus Glauben zum Glauben.“)
Denn Gottes Zorn wird vom Himmel her offenbart über alles gottlose Wesen und alle Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten.“ (Römer 1,16-18, dies ist aus dem Brief des Apostel Paulus an die Römer.)


Gott segne Sie: In Christus kommt alles gut. 

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