Frau Ruth Merckle ist am 30. April 2018 nach ihrem 81. Geburtstag verstorben.
Ihre Familie gehörte laut den Medien zu den 10 reichsten Familien Deutschlands. Ihr Mann Adolf Merckle gründete aus kleinen Anfängen einen Weltkonzern (u.a. gehörte dazu Ratiopharm). Zuletzt hatten sie 100'000 Mitarbeiter.
Bei dem allem blieben sie bescheiden. So fuhr Adolf Merckle, der Ehemann von Frau Ruth Merckle, zum Beispiel einen alten Mercedes. In ihren Betrieben herrschte eine vorbildliche Betriebskultur. Dazu ein Beispiel: Mütter mit ihrem ersten Kind konnten bis 6 Jahre sich ihrem Kind ganz widmen. Für Problemfälle gab es Betriebsseelsorger.
Was war ihr Gehemnis? IdeaSpektur, 19.2018, schreibt dazu, dass sie eine Pietistin wie im Bilderbuch gewesen sei . Wer den Nachruf liest, spürt, dass hier christliche Werte ganz konkret in einem Weltkonzern umgesetzt wurden. Es ist das Gegenteil, was wir sonst in unserer Kultur spüren: Der Rückgang der jüdisch-christlichen Werte. Die Reduktion des Menschen auf eine Maschine, auf ein Produktionsfaktor und die Kundschaft auf eine Reduktion auf eine Statistik. Und selbst unter vielen Christen spüre ich diese "Materialisierung" der Weltsicht. Gerade letzten Sonntag sprach ich mit einem Aeltesten - also einem Leiter einer kleinen Freikirche - darüber, wie die Wirtschaft immer härter wird. Es soll ja sogar Manager geben, die nehmen Drogen, damit sie noch mithalten können. Früher war es in der Schweiz üblich, dass grosse Betriebe einen gewissen Prozentsatz an schwachen Mitarbeiter anstellten. In meinen jüngeren Jahren erlebte ich, wie die Banken diese schwächeren Mitarbeiter ganz bewusst entliessen, um die Rendite zu erhöhen. Auch andere grosse Konzerne taten es ihnen gleich. Interessanterweise verloren sie dann später viel mehr durch Spekulationen - und vielleicht auch durch überhöhte Boni und Löhne? Bescheidenheit und verantwortliches Handeln wird immer mehr mit materialistischer Gewinnorientierung gewechselt. Ich kenne jemand, der wurde in diesem Jahr 2018 angedroht, dass sie nach ihrer Kur entlassen würde, wenn sie noch einmal krank würde, weil sie seit 2017 immer wieder krank wurde. Kann man sich vorstellen, was für ein Druck auf ihr lastete, als sie in die dringend benötigte Kur ging? Und kaum zurück, bekam sie wieder sehr hohes Fieber - und der Arbeit geber kündigten ihr. Mittlerweilen war sie nicht mehr krank geworden. Vermutlich hat die Kur ihr wirklich geholfen und vielleicht ist nun auch dieser unmenschliche Druck des "Ich darf ja nicht noch mal krank werden" weg. Aber der Arbeitgeber - übrigens ein Betrieb der Sozial-Industrie - bekam eine neue Leitung, die viel härter leitete. Meine Mutter meinte dazu: "Sie werden ihre Strafe von Gott erhalten."
Ich weiss, es gibt auch das Gegenteil. Ich kenne einen überzeugten Christen, deren Mitarbeiter haben seine Gutmütigkeit auch ausgenutzt. Und ich kann mir vorstellen, dass er auch strenger sein hätte dürfen: Dies hätte den Mitarbeiter auch gut getan. Er erzählte mir, wie er hörte, als einer aus seiner Krankheitszeit zurückkam und einem anderen Mitarbeiter sagte: "Nun kannst Du auch krank machen." Machtmissbrauch, Sünde und Vertrauensbruch gibt es natürlich auf beiden Seiten. Dennoch war früher das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern viel grösser. Doch ein gewisses postmodernes "Gelabere", d.h. ein liebliches Gerede, wo aber nichts dahinter steht, ausser Lieblosigkeit, nimmt eindeutig zu. Und um auf den Aeltesten zurückzukommen, er verstand diese Problematik gar nicht. Er, der selber in verantwortlicher Stellung in einem Betrieb ist, sagt mir nur: Das muss man verstehen. Mit anderen Worten, die materialistische Gewinnmaximimerung ist die oberste Maxime für ihn. Nun hätte ich ihn fragen sollen, wie er denn die Gemeinde, d.h. die Kirche sieht? Jay E. Adams sagte treffend: Eigentlich müsste die Gemeinde nicht nur Seelsorge betreiben, sondern auch diakonisch so aktiv sein, dass kein Mitglied, wenn es arbeitslos wird, stempeln muss. Mir öffnete dies die Augen: Selbst Kaiser Iulianus Apostata (331/332 - 363), der die Christen hasste, war von der Caritas, d.h. der tätigen Liebe, gegenüber ihren Leuten und den Heiden tief beeindruckt. Er versuchte sogar - ganz im Gegensatz zum klassischen Heidentum - nicht mehr die "Lieberalitas", sondern die Caritas in seinem Heidentum durchzusetzen. Caristas bedeutet Nächstenliebe, d.h. das beste für den Nächsten erstreben, ohne eine Gegenleistung dafür zu erwarten, während die Liberalitas eine Freigiebigkeit meint, für die man eine Gegenleistung erwaretet.
Es stellt sich die Frage, ob wir heute noch den Unterschied wissen und wie weit die christliche Gemeinschaft dies überhaupt noch weiss und vorallem auslebt.
Könnte es sein, dass manche Kirchenleiter ihre Positionen mit einem materialistisch gesinnten Managerdasein verwechseln? Es ist mir klar, dass dies nicht einfach ist. Aber am Budget einer Gemeinde erkennt man sehr schnell, wie wir die Nächstenliebe umsetzen wollen. Wieviel Geld wird für die Caritas, die Nächstenliebe eingesetzt? Und Nächstenliebe ist keine Gefühlsduselei, sondern wie Paulus und Jakobus festhalten, die sichtbare Mannifestation unseres Glaubens. Ohne Liebe (Paulus), hat alles keinen Sinn. Ohne Werke der Liebe (Jakobus) ist unser Glaube tot. Das wir das aus uns nicht können und auch dafür Busse tun müssen, d.h. zu Jesus gehen müssen, versteht sich von selbst. Aber diese Manifestation müsste sich auch in unserem Gemeinde-/Kirchenbudget zeigen.
Bisher stellte ich fest, dass die Seelsorge stiefmütterlich behandelt wurde. Seelsorge müsste ein Kernterma einer jeder Kirche/Gemeinde. Man kann Johannes Calvin viel vorwerfen, aber seine Predigten waren sehr seelsorgerlich. Er konnte vom Glauben verfolgte trösten und ermutigen. Er wusste, wie man Christen tröstete, die erlebten, wie sie alles verloren. Auch sein Umgang mit seinen Finanzen waren vorbildlich: Er förderte die Bildung und Diakonie ganz konkret, so dass er trotz gutem Gehalt kein Vermögen an seinem Lebensende hatte. (Letzteres muss nicht sein, denn aus der Rendite von Vermögen können wir dauerhaft Gutes tun. Doch die Bibel warnt uns, dann unser Vertrauen auf das Vermögen zu verwerfen, anstelle auf Jesus Christus. Denn dann würde das Geld zum Mammon, zu einem schlimmen Götzen, der uns versklavt. Dann bestimmen nicht mehr wir, was mir mit dem Geld machen, sondern das Geld, was wir zu tun haben. Jesu Botschaft war hier klar: Tut Gutes mit Euren Gaben. Wuchert mit Euren Talenten: 1. Petrus 4,10: Und dienet einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der manherlei Gnade Gottes." Dazu gehören auch alle anderen Gaben Gottes: Wie Zeit, Singen, Kunst, Mitgefühl, Gabe des Dienens, Tröstens, Heilens usw.)
Frau Ruht Merckle und ihr Mann Adolf Merckle taten dies sogar als "Kapitalisten". Wieviel mehr sollten es christliche Gemeinschaften tun? Sie verstanden ihren Reichtum als Gabe Gottes, dass von Gott geliehen war, um damit Gutes zu tun.
Das bewahrte sie nicht vor Problemen und Ueberforderungen. So hat Adolf Merckle mit 74 Jahren einen strategischen Fehler begannen - oder vielmehr Bankinstitute und Politik liessen ihn fallen. So konnte er sein Versprechen "Keiner wird entlassen!" nicht halten. Da Herr Merckle kein gewissensloser Arbeitgeber war, war das für ihn schwer. So schwer, dass er einen noch grösseren Fehler begann und sich am 5. Januar 2009 vor einen Zug warf. Der Teufel, der unseren Tod will, scheint gesiegt zu haben. Aber der Teufel hat sich auch beim Tod von Jesus Christus geirrt! Jesus kann unsere tiefste Niederlage zu einem Sieg umwandeln. Was wir sicher wissen und was dieses Leben zeigt: Manchmal können auch wir tiefgläubigen Christen in tiefe Versuchungen fallen. Martin Luther meinte dazu, man wird zu einem wirklich guten Theologen, indem man diese erlebt und mit der Hilfe der Gnade Gottes durchgestanden hat. So kann man als Theologe die Gemeinde nachhaltig ermutigen.
Für seine Frau muss dies schlimm gewesen sein. Herr Helmut Matthies schreibt in ideaspektrum, 19.2018, dazu:
"Nachdem ich es im Radio gehört hatte, rief ich aus Mitgefühl siene Frau an. Ohne Drumherum-Gerde brachte sie den Beweggrund ihres Mannes auf den Punkt:
'Er hat halt nimmer können, obwohl das Gebet für ihn stets eine Stütze war.'
und auch dies war wahr:
"Plötzlich stand die Milliardärsfamilie vor dem Nichts."
Dazu Frau Ruht Merckle:
"Es hat mich tief gerührt, dass Nachbarn mir Kuchen vor die Tür stellten." Jahre später sollten drei ihrer Söhne Schulden zurückzahlen und Betriebe erfolgreich weiterführen. Es ist traurig, dass Herr Merckle dies nicht erleben konnte. Aber vielleicht erlebte er es ja doch in einer ganz anderen Welt.
Gott bewahre uns in den Versuchungen und lasse sie uns als Chancen zum Besseren erleben. Zum "Glück" ist Jesus gnädig und bei ihm kommt alles Gut. Darum: lasst uns alleine auf Christus hoffen und nicht auf uns Menschen. Denn niemand von uns kann aus sich aus, so gut leben und dies alles meistern, dass er aus eigener Kraft so gut leben kann, dass wir in den Himmel kommen. Es ist immer nur 100% Geschenk und 0% unsere Leistung. Es ist immer 100% Leistung von Jesus Christus und 0% Leistung von uns. Es ist immer 100% die Liebe Gott des Vaters und 0% unser Vermögen.
Das Gott in seiner Grosszügigkeit dann auch noch unsere guten Werke, unsere Caritas, belohnt, obwohl er uns die guten Werke vorbereitet und geschenkt hat, ist typisch für Gott: Gott ist überschwenglich grosszügig. Und manchmal kann man dies auch an seinen Kindern erleben. Nämlich dann, wenn sie in Christus sind. Frau Ruth Merckle war davon tief beeindruckt. Daher konnte sie diese schweren Prüfungen in Christus durchstehen. Wir wissen nicht, was sie alles durchmachte. 2015 erlitt sie eine Schlaganfall und war ab dann halbseitig gelähmt. Ich zitiere wieder:
"Sie nahm auch diesen Tiefschlag ganz aus Gottes Hand. Sie schrieb:
'Ich habe keine Angst vor dem Sterben. Denn wir Christen sterben ins Zentrum des Lebens. Der Tod beendet nur unsere Zwischenstation auf Erden.'
Nach einem Abschiedsgottesdienst in der Familie starb sie in tiefem Frieden am 30. April in ihrer Wohnung in Ulm. Sie empfanddenTod als Erlösung."
Es wird interessant sein - nach meiner Auferstehung von den Toten - mit diesem Ehepaar zu reden. (Sollte Gott im Warteraum auf die Auferstehung eine Möglichkeit schon dort dazu schaffen, wäre das natürlich auch interessant. Man wird sehen, wie sich das Gott ausgedacht hat.)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen