Erstaunlich: Menschen, die zutiefst von der Deutschen Gesellschaft enttäuscht sind, wählen sich einen König. Vermutlich haben sie Angst vor Enteignung und Freiheitsverlust und geben nun alles an ihren neuen König. Ist er ihr neuer Gott?
Verwirklichen sie so das, wovor sie flüchten möchten?
In diesem Sinne ist das alles ein tiefer Ausdruck der Verunsicherung in der Gesellschaft. Mir fällt auf, dass es auch bei uns diese Reaktion gibt.
Letztendlich ist es wohl eine denkerische Entwicklung: Auf der einen Seite die antiintellektuelle Postmoderne (Es gibt keine Wahrheit.), die zur Zunahme von Manipulation und Schamgesellschaft anstelle verantwortliches Handeln führt. Die Reduktion des Menschen auf die Materie oder zu einer Maschine führt zur Entleerung unserer Würde. Doch der Mensch braucht mehr.
Ich habe in meinem Buch "Menschen der Reformation" die These aufgestellt, dass die klassische reformierte Theologie in der säkularisierten Form zum Liberalismus führte. Die reformierte Theologie betonte - im Gegensatz zur realexistierenden lutherischen Theologie - dass nicht nur das Volk aus Sünder besteht, sondern auch die Mächtigen. Darum muss macht kontrolliert werden, egal in welcher Staatsform. Gerade dieses Wissen vernachlässigen die Anhänger dieses neuen "Deutschen" Königs. Sie machen sich von einem Menschen abhängig. Und damit sind sie auch Kinder unserer Zeit.
"Lex Rex" war darum ein Buch eines schottischen reformierten Pfarrers: Das Gesetz herrscht und nicht der König oder irgendwelche mächtigen Menschen. Oder anders ausgedrückt: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Die praktisch höhere Wertschätzung des Gesetzes in der reformierten Theologie führte zu Freiheit! Luther hätte wohl nie wie Zwingli sagen können, dass auch das Gesetz eine Art Evangelium, eine frohe Botschaft ist. Denn nun weiss ich, was recht ist. Ich kenne meine Rechte. Das ich Gottes Gesetz nicht einhalten kann, ist dramatisch, aber treibt mich zu Jesus Christus, denn wir sind zu 200% auf Christus und seine Gnade geworfen (das betonte natürlich auch Luther). Aber dennoch ist das Gesetz auch wichtig. Dieses Notgesetz in unserer Gesellschaft, damit wir vernünftig zusammenleben können, was auch Luther betonte. Aber was er nicht so gut ausdrücken konnte, wie die reformierte Theologie: Es hilft auch als Hausordnung für uns wahre Christen im Zusammenleben: Auch wenn es nur eine Notordnung ist, bis JEsus Christus wiederkommt, ist es in unserer Realität wichtig. Eine Richtschnur, damit wir leben können und unter einander auskommen können UND es hilft uns auch, richtig Busse zu tun.
In diesem Spannungsfeld des Unvollkommenen kann es natürlich zu einer Rebellion kommen. Aber immer im Bewusstsein des Unvollkommenen und das Rebellion eigentlich Sünde ist. Denn das Evangelium arbeitet von Ihnen und nicht wie das Gesetz mit Druck von Aussen. Das Evangelium schafft das Wunder einer neuen Gesinnung. Da es ein Wunder ist, haben wir Menschen es aber nicht unter Kontrolle. Und das wiederum ist auch unsere Freiheit: Gott muss es tun und Menschen haben es nicht in Händen. Hier beginnt auch das Thema des Unterschiedes zwischen Fleisch und Geist. Fleisch ist alles menschliche mögliche. Geist sind Gottes Möglichkeit und Freiheit. Hier gibt es auch ein Unterschied zum biblischen und zum humanistisch-christlichen Verständnis von Geist und Fleisch, zumindest wenn unter Humanismus gemeint ist, dass in unseren menschlichen Möglichkeiten, in unserem menschlichen Geist, die Macht bestände, uns aus der Sünde zu erretten. Das war ja auch der Streit zwischen Luther und Erasmus. Erasmus glaubte an die 99,9% Errettung des Evangeliums und 0,1% von uns Menschen, wie es heute viele Evangelikale tun. Luther glaubte an die 200% Errettung durch Christus. Darum wird Luther so unangenehm gegenüber Erasmus in seiner Schrift vom unfreien Willen: Denn darin hängt alles: Entweder wir sind 200% aus Gott gerettet und in Christus gesichert oder aber wir haben keine Heilsgewissheit, weil wir sie uns selber erarbeiten müssen und dies ist immer unsicher. Da aber Gott allmächtig ist und er uns erwählt hat, sind wir in Christus sicher. Das wirft uns auf Menschen anstelle auf Christus. Was wiederum an unser Thema erinnert.
Auch unter Christen merke ich diesen Hang, sich auf ein perfektes System anstelle auf Jesus verlassen zu wollen. Jemand sagte mir sogar mal, unser Staat kann sie nicht mehr ernst nehmen, weil er Fehler hat. Was für ein Wahn! Natürlich ist unser Staat unvollkommen. Das ist ja der Witz der Notstandsordnung in dieser Zwischenzeit. Darum braucht es Gebet und gesunde Kritik. ABER wenn man dann hinget und glaubt es perfekt besser machen zu können, dann wird es nur noch schlimmer. Eigentlich ist das der altbekannte Streit. Schon Zwingli stritt mit den Täufern über dieses Thema. Zwingli betonte dabei den Unterschied zwischen menschlicher und göttlicher Gerechtigkeit. In dieser Zwischenzeit herrscht in der Welt die gleiche Spannung wie in unserem HErzen als echte Christen:
Wir sind geistlich schon im Himmelreich. Alles ist schon da. Zugleich ist es auch noch nicht da. Das ist der eschatologische "Schon-jetzt-und-noch-nicht-Aspekt". Oder Luther sagte dem: Sünder und Gerechte zugleich. Gott heuchelt mit uns, als ob wir Heilige wären.
Und wir sind es auch, wenn wir in Christus sind. Aber der alte Adam kann schwimmen und auch Luther konnte ihn nicht ersäufen, das Biest kann schwimmen. Aber in Christus sind wir eine neue Kreatur.
Unser Erbe in voller Weise werden wir aber erst antreten, wenn Jesus zum zweiten Mal kommt. Dann werden wir nicht mehr sündigen können und alles wird gut sein. Dann werden wir sehen, was wir nun hoffen.
Ich kenne auch Christen, die wollen sich in eine heilige und sichere Gemeinschaft zurückziehen. Und auch in mir verspüre ich dies. Vielleicht würde hier eine Diskussion mit einer Diakonissin helfen, wie ich es tat. Diese hat mir gesagt, dass jede in ihrer Gemeinschaft jederzeit austreten kann, damit die Gemeinschaft wirklich freiwillig ist. Bei einem Austritt würde auch ein gewisser Geldbetrag ausbezahlt, damit man sich eine neue Existenz aufbauen kann. Sie erzählte mir, dass es nicht immer einfach sei so zusammen zu leben.
Luther war mal ein Mönch und meinte, dass er in der Ehe effizienter vorankam als als Mönch. Er erkannte durch seine Ehe (die er zuerst nicht gewollt hattet, dafür umso mehr seine Frau), dass er wohl nicht für das Mönchsein berufen war. Gott führt natürlich unterschiedlich. Aber Ehe zu leben, ist eine ebenso hohe gemeinschaftliche Übung, die nicht jeder durchhalten kann, wie die Scheidungsraten zeigen. Dazu braucht es natürlich auch Gnade, Hilfe von Gott.
Und wie muss es erst in einer Gemeinschaft mit anderen sein. Eigentlich sollte unserer Familie und unser Arbeitsplatz sowie die Dorfgemeinschaft oder die Stadtgemeinschaft unser Übungsfeld sein. Wenn wir als Christen Salz sein wollen, haben wir hier genügend Betätigungsfeld, Gottes Ehre und Liebe auszudrücken. Dazu gehört auch, das sich Aufregen Jesus hinzulegen.
Der Idealismus führt zu Perfektionismus. Und dies zu einem grossen Gefängnis der Selbstgerechtigkeit, die nur mit Druck durchgesetzt werden kann. Dahinter liegt natürlich unsere Ursünde: Wir wollen der Massstab sein. wir wollen Gott sein und uns selber erlösen. Unsere Freiheit liegt aber in der Demütigung unserer Selbsterlösungsstolzes. Denn dieser führt regelmässig zu irrationalen Verhalten. Wir suchen Sicherheit und begeben uns in menschliche Abhängigkeiten.
Dies gilt für uns alle.
Ich empfehle daher nicht über diese Reichsbürger zu lachen, denn so lächerlich sind wir auch: Weil wir uns oft nicht selbst erkennen, machen wir das Gegenteil, von dem, was wir wirklich wollen und brauchen und sind dann erstaunt, dass wir es nicht erlangen.
Zugleich ist es für uns alle ein Warnzeichen: Bitte liebe Journalisten und Politiker geht in Euch, tut Busse, damit ihr diesen Schaden heilen könnt und nicht noch mehr vergrösssert. Achtet darauf, dass ihr nicht Meinung und Fakten vermischt und manipuliert. Steht zu Euren Fehlern und erlebt VErgebung und werdet so zu respektierten und glaubwürdigen Quellen unserer Gesellschaft: In all Eurer Unvollkommenheit werdet Ihr so zu stützten der Gesellschaft.
Hoffen und beten wir, dass wir noch keine Schamgesellschaft sind, welche ihre Probleme nicht mehr aufdecken können, um sie zu lösen.
Hier der interessante Spiegelbericht.
PS: Interessant ist, das Johannes Calvin Knox keine Antwort geben konnte, ob eine Revolution möglich ist. Calvin wahr sehr gehorsam. Gerade dieser Gehorsam gegenüber Gott kann dazu führen, dass man als Christ einfach leiden muss. Aber man muss Gott mehr gehorchen und dass kann zu zivilem Ungehorsam führen. Aber nicht, um den Staat zu zerstören, sondern um ihn zu stärken. Das Ende seiner Instituo geht darauf ein. Vielleicht, ist es das Ende seines Buches, weil es führ ihn wichtig wahr?
Zwingli wie Knox hatten mit offenen Rebellion weniger Mühe. Bei Zwingli klingen die Beispiele der Richter an, die an Wilhelm Tell erinnert.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen