Ein interessantes Interview im
Schweizer Fernsehen mit dem (römisch-katholischen) Soziologen Hans Joas in der
Sternstunde Religion vom 9.2.2014 unter dem Titel "Hat das Christentum
eine Zukunft?":
In
einem seiner Bücher glaubt Herr Joas nicht, dass die Säkularisierung durch den
Fortschritt und Wohlstand eintritt. Vielmehr sieht er die Beziehung zwischen
der Kirchenleitung und ihren Gliedern als ausschlaggebend:
Hat
die Kirche ein Ohr für die Probleme ihrer Glieder und hat sie Trost und
Antworten?
So
vergleicht er die USA und Europa: Der erste Eindruck in Europa ist, als ob der Fortschritt
den Säkularismus fördere. Aber in den USA stimmt es schon im ersten Blick nicht.
Auf den zweiten Blick stimmt es auch auf Europa nicht: Nicht jene Länder oder Regionen
sind moderner, weil sie säkularer sind (Bsp.: Ostdeutschland, dass sehr säkularisiert
ist.)
Somit
tragen indirekt die Kirchen selber auf die Stärke der Säkularisierung in einer christlichen
Gesellschaften bei.
Hochinteressant.
Er
möchte das Christentum nicht funktional verstehen, um die Gesellschaft
zusammenhalten zu können. Denn das Christentum sollte wegen seines
Wahrheitsgehaltes geachtet werden und nicht wegen seiner Nützlichkeit. ABER in
einem Punkt hat er echte bedenken: Denn die stärkste Stütze (nicht die einzige)
des moralischen Universalismus, d.h., dass das Wohl über sich selber und der
eigenen religiösen Gesellschaft geht. Das wohl aller Menschen! Dies könnte durch
den Wegfall des Christentums verloren gehen. Er hat Bedenken, ob der säkularisierte
Universalismus dies ersetzen könnte. Denn im Säkularismus ist das nicht so stark
verinnerlicht sein muss. Er verweist hier auch auf das 20. Jahrhundert in Europa,
wo man die Auswirkung des Säkularismus in der DDR und der Sowjetunion als eine
Aufgabe des moralischen Universalismus sieht.
Der
christliche Liebes-Ethos ist etwas anderes als der moralische Universalismus.
Der Liebes-Ethos geht darüber hinaus. Er geht dann auch auf nicht-christliche
universalen Moralismus ein (religiöse und nicht religiösen Universalismus.
Wobei er Plato nicht als nicht-religiös versteht.)..Letztendlich fordert er ein
Bündnis der moralischen Universalisten.
Dann geht er auf auch Soldaten (zum Beispiel in Vietnam) ein, die gegen nicht offizielle Soldaten kämpfen mussten, die Zivilisten massakrierten, aus Angst vor möglichen Feinden UND aus Lust an Gewalt. Dann verknüpft er diese Erfahrung mit religiösen Gefühlen, die unheimlich sind.
Er lehnt aber die These ab, das religiöse Menschen zu mehr Gewalt neigen als säkular geprägten Menschen. Eigentlich sei es erstaunlich, dass nach dem 20. Jahrhundert eine solche Idee aufkommen konnte. Säkular geprägte Menschen haben im 20. Jahrhundert mehr Gewalt angewandt.
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