Samstag, 9. April 2016

Kinder oder Erwachsenentaufe? Pädobaptisten und Credobaptisten?

Ich habe eine interessante Differenzierung gelesen, innerhalb der Vertreter der Bundestheologie.
Beide seien sich einige, dass der Abrahamsbund ein Gnadenbund war. Einig sind sie sich auch, dass im Alten Bund zwischen äusserer Bundeszugehörigkeit (symbolisiert durch die Beschneidung und tatsächlichem Glauben, d.h. der Beschneidung des Herzens besteht.
Bsp.: Römer 9,6: "Nicht alle, die von Israel sind, sind Israel."
Die äusserliche Zugehörigkeit zum Bund bedeutet also nicht, dass man auch im Herzen errettet ist. Nur wer auch im Herzen beschnitten ist, ist errettet.
Pädobaptisten und Credobaptisten glauben dies. Uebringes zwei interessante Begriffe.

Credobaptisten glauben nun, dass es diesen Unterschied im Neuen Testament nicht mehr gibt. Es gäbe nur noch solche die im Gnadenbund stehen (die Gläubigen) und solche, die nicht dazu gehören, die Ungläubigen. Obwohl sie keine Dispenstionalisten sind, sehen sie an diesem Punkt eine starke Diskontinuität zwischen Abrahamsbund und neuem Bund. Für sie stehen nur die wahrhaft bekehrten im Bund mit Gott. Die wahre Kirche ist somit unsichtbar, denn selbst unter den nur als Erwachsene getaufte, gibt es sicherlich einige, die aus anderen Gründen, als ihrer geistlichen Wiedergeburt sich taufen liessen.

Pädobaptisten sehen diese Unterscheidung zwischen äusserlichem Bundesvolk und Erretteten auch im Neuen Bund weiterhin als gegeben an. Damit besteht für sie auch in diesem Punkt eine Kontinuität zwischen Abrahamsbund und neuem Bund. Wie im alten Bund gibt es also ein Bundesvolk, dass aus erretteten, wahrhaft Beschnittenen (oder wahrhaft Getauften) im Herzen und solche, die es noch nicht sind. Und es gibt natürlich dann auch noch solche, die ganz offiziell nicht im Bund mit Gott stehen. Daher erklärt sich, dass Pädobaptistent kein Problem haben, Baby's zu taufen.

Demnach besteht für Pädobaptisten die Kirche, das Bundesvolk, aus Glaubenden und noch nicht Glaubenden. Und eigentlich auch bei den Credobaptisten ist das so.
Allerdings habe ich auch schon Taufgesinnte gehört, wo ich den Eindruck bekam, dass bei ihnen nur Wiedergeborene sind, weil sie ja nur jene Taufen, die Wiedergeboren sind. Eine solche Gemeinschaft der Heiligen wäre schön. Doch erstens, sind selbst die Wiedergeborenen aus sich selber immer noch Sünder, wie alle anderen Menschen, nur in Christus sind sie geheiligt. Und zweitens ist die Menschheit im Sündenfall so gefallen, dass wir dazu neigen das Gute zu pervertieren. Also wird auch ein solches System pervertiert. Darum sollen wir als Wiedergeborene auch den guten Kampf kämpfen. Reformiert geprägte Baptisten kommen wahrscheinlich weniger auf diese Idee. Darum unterscheiden sie zwischen Erwachsenen Getauften, die errettet sind und solche, die nicht errettet sind. Wissen tut es ja jeder selber. Und längerfristig kann man es vielleicht am Leben erkennen: Nimmt die Barmherzigkeit, die Liebe und das Verständnis für andere zu?

Persönlich glaube ich, dass es noch andere Gründe für die unterschiedlichen Standpunkte gibt. Ich habe mal eine sehr gute Erklärung eines calvinistischen Baptisten gegen die Kindertaufe gelesen. Sie war absolut logisch. Und ich fragte mich, ob ich meine Meinung ändert müsste. Sie ging einiges Tiefer, als die eher oberflächlich romantischen Argumente, die man ansonsten hört. Doch dann fragte ich mich, was mit jenen geschieht, die nie eine Entscheidung fällen können, weil sie in ihrer Entwicklung in einem frühkindlichen Stadium verbleiben? Sei es, weil sie früh sterben oder weil sie behindert sind? Laut den Credobaptisten dürfte man diese nie taufen - und es gibt extreme Meinungen, die glauben, dass solche Menschen nicht in den Himmel kommen können, weil sie sich nicht für Jesus entscheiden können.

Ist das aber biblisch?

Erretten wir uns selber, durch unsere Entscheidung für Jesus?

Johannes Calvin denkt: Nein!

Kann es sein, dass das neue Testament weniger gnädig ist, als das alte?

Nein!

Das neue ist gnädiger. Wenn ein gläubiger Elternteil ein Kind bekommt, so ist es geheiligt. Also Gott zuzurechnen. So steht es im 1. Korinther 7,14. Es ist selbstverständlich, dass mit zunehmender Reife, auch die  persönliche Entscheidung massgebend wird. (Darum ist es für den ungläubigen Ehepartner, der ebenfalls durch den gläubigen Partner geheiligt wird, kein Persilschein, um in den Himmel zu kommen, dass er eine gläubige Partnerin hat.) So wurde auch im alten Bund beim männlichen Baby, dass 8 Tage alt war, die Beschneidung (= Bundeszeichen) vorgenommen. Aber im reiferen Alter musste sich dann das Kind selber entscheiden, ob es zum Bund Gottes gehören wollte oder nicht.

Also gehört ein Kind eines Bundespartners Gottes prinzipiell zum Bund mit Gott. Darum kann Calvin fragen. Warum soll man dem Kind dann das Bundeszeichen nicht auch geben, wenn es zum Bundesvolk gehört? Beim neuen Bund ist das Bundeszeichen die Taufe. Natürlich macht die Taufe keinen Unterschied, ob das Kind zum Bund dazu gehört oder nicht. Wesentlich ist die geistliche Wahrheit, die hinter dem Zeichen steht. Aber konkret hat dies schon eine Auswirkung auf unsere Praxis.

Die Schwester meiner Frau wurde nie getauft, weil sie behindert war und sich rein vernunftmässig nie für oder gegen Jesus entscheiden konnte. Als ich fragte, ob man dies nicht nachholen konnte, wollte die Familie dies nicht tun, da sie täuferisch geprägt waren. Allerdings bestätigten mir alle in ihrem Umfeld, inklusive täuferisch gesinnte Prediger, dass sie in den Himmel komme. Aber eben, warum kann man sie dann nicht auch taufen und ihr die Ehre geben, als getauftes Mitglied des Bundes mit Gott zu gelten? Es klingt so grosszügig, dass man Kinder ihren freien Willen lassen möchte. Es klingt beinahe wie in der ehemaligen DDR, dass man sie nicht indoktronieren möchte. Leider können wir auf dieser Welt nicht neutral leben. Auch nicht in der DDR, wo dann einfach der Staat die Indoktrination vornahm. Luther sagte es ja auch sehr salop: Entweder werden wir vom Teufel geritten oder von Gott." Sie haben die Wahl. Leider bei jeder unserer Handlungen...

Ich weiss, um die Angst, dass man glaubt, wenn man Kinder taufe, dass man dann glauben könnte, dass sie dadurch gerettet werden. Allerdings war ich auch schon an einer Erwachsenen Taufe, wo der Täufling bekannte, er lasse sich taufen, damit er errettet werde. Das scheint mir so ziemlich das Gleiche zu sein. Und es gibt tatsächlich grosse Kirchen, die glauben, mit der Taufe werde nicht nur eine geistliche Wahrheit sichtbar, sondern da geschehe wirklich etwas. Thema: Dazu gehören Kirchen wie die römisch-katholische Kirche, lutherische Kirchen und anglikanische Kirchen. Aber traditionell reformierte, die wirklich glauben, lernen das nicht. Ich erlebte einige solche Kindertaufen. Da wurde öffentlich die Eltern und Gotte und Götti gefragt, ob sie bereit seien für das Kind zu beten und ihm ein gutes Vorbild zu sein, damit es sich dann einst auch für Christus entscheiden kann. Die Taufe ist die offene Hand Gottes zu diesem Kind. Später darf das Kind einschlagen.
Zudem gingen auch entsprechende Gespräche im Vorfeld zwischen Pfarrer und Eltern einher. Das dünkt mich eine sauber Handhabung.

Darum gibt es ja auch die Konfirmation. Hier sollte der Teenager als reifere Person Stellung zu seiner Taufe einnehmen, nämlich die Taufe konfirmieren, also bestätigen! (Confirmation = Bestätigung)

Martin Bucer, der elsässer Reformator, verstand die Bedenken der Täufer. Daher versuchte er Tauf-Aufschübe für täuferisch gesinnte zu gewähren. Er brachte auch als erster die Idee auf, Kinder, welche als Kleinkinder getauft wurden, später zu Konfirmieren. Heute haben wir in den schweizerischen reformierten Kirchen beides: Die Möglichkeit das Kind nur einzusegnen, damit es sich selber später taufen lassen kann. Und natürlich die Konfirmation, als Bestätigung der Kleinkindertaufe. (Martin Bucer ist ein erstaunlicher Theologe: Er ist in einer Zeit des Konfessionalismus ein Oekomeniker im guten Sinne. Er hat feste Glaubensüberzeugungen. Seine Theologie ist reformiert. Aber er gilt trotzdem als "Kirchenvater" der Reformierten, wie den Lutheranern und den Anglikanern. Er war tief überzeugt, dass Heiligung bedeutet, dass man herzlicher, barmherziger und grosszügiger wird. Daher lehnte er in der Anglikanischen Kirche ab, über priesterliche Gewänder zu streiten. Als Reformiert Gesinnter fand er sicherlich mehr Freude an Schlichtheit und Klarheit, aber darüber zu streiten, war für ihn noch schlimmer.)

Ich finde die erwähnten Möglichkeiten cool. Nun muss das Gefäss nur noch mit Geist gefüllt werden...

Das einzige Problem besteht natürlich, wenn jemand ein schlechtes Gewissen hat, dass er "nur" als Baby getauft ist. Calvin würde wohl Seelsorge empfehlen. Aber wenn es nicht zu heilen ist, wäre dann eine doppelte Taufe möglich? Ich wäre pragmatisch.Wichtiger als solche Aeusserlichkeiten ist die Motivation dahinter. Wenn jemand glaubt, dass er durch die Taufe gerettet wird, dann hat er ein Problem, weil er sich nicht alleine auf das Opfer von Jesus Christus verlässt. Wenn er aber glaubt, es gehöre zum Glaubensgehorsam, dass er sich nun aus Dankbarkeit unbedingt als Erwachsener auch noch taufen lassen solle, dann ist das ja verständlich und man sollte barmherzig sein. Nur muss man klar machen, dass dies rein theologisch schon problematisch ist. Denn man braucht sich nicht zwei Mal zu taufen. Es gibt nur eine Taufe. Man brauchte sich im alten Bund ja auch nicht zweimal Beschneiden zu lassen. Und sollte er dereinst nach seiner Erwachsenentaufe abstürzen und weit weg von seinem Glauben leben und durch ein Wunder wieder tiefer zum Glauben finden (oder seinen Umweg beendet haben), so muss er auch dann sich nicht nochmals taufen lassen. Denn dann wäre er ja 3 x getauft. Denn auch wenn er sich 100 x taufen lässt, dadurch kommt er eben nicht in den Himmel, sondern alleine durch das Vertrauen, was Jesus für ihn getan hat. Und dieser Wille zu Jesus zu gehen, bekommt er nur durch die geistliche Wiedergeburt, die der Heilige Geist schafft.

Manchmal machen wir uns Menschen schon Probleme, wo nicht unbedingt Probleme sein müssten.

Auf der anderen Seite muss man auch Rücksicht auf das Gewissen der Gläubige nehmen. Das umgekehrte habe ich übrigens auch schon gesehen: Ein lutherisch Gesinnter, für den die Taufe eben mehr als nur ein Zeichen für die geistliche Realität ist, lässt sich als Erwachsener zum zweiten Mal taufen, damit er mit täuferisch Gesinnten zusammenarbeiten kann. Eigentlich entsprach das überhaupt nicht seinen Ueberzeugungen. Das empfinde ich als problematisch. Wir sollten doch nach unserem Gewissen handeln...
(ausser das Gewissen ist überempfindlich oder zu wenig empfindlich, dann muss man es richtig an der Bibel eichen.)

Christus ist unser Heil. Er wascht uns von allem übel. Er schenkt uns eine geistliche Neugeburt. Alles wird neu! Leider gilt auch hier das schon jetzt und noch nicht Prinzip. Die Ueberlappung von Gottes Reich und der alten Zeit. Die neue Zeit, die nicht mehr zeitlich befristet sein wird, wird anbrechen mit dem zweiten Kommen von Jesus. Dann wird von der geistlichen Wahrheit alles erfüllt. Es wird wie ein wirkliches Leben sein, im Vergleich zu diesem. Dann wird unsere Taufe wirklich vollständig erfüllt sein, weil wir als verherrlichte nur noch das Gute wollen und tun. Weil wir dann zu unserer tiefsten Bestimmung gekommen sind: IN EWEIGKEIT GLUECKICH KREATIV UND WERTSCHÄTZEND GELIEBT ZU WERDEN UND ZU LIEBEN.


1 Kommentar:

  1. Kannst du die Erwachsenen-Taufe-Calvinisten-Meinung noch irgendwo finden? Die, die dich so beeindruckt hat ;) Würde mich über einen Link oder einen Suchtipp freuen.

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