Sonntag, 12. Januar 2020

Martin Luthers letzten Worte

Ich bin gerade am Durcharbeiten des Anhanges meines Buches über die Reformation. Da fand ich wieder viele Perlen. Hier die vermutlich letzten Worte, die Luther vor seinem Tode notiert hat. Man fand die Notizen, als Luther gestorben war:

"Vergil in seinem Bucolica und Georgica kann niemand verstehen, wenn er nicht fünf Jahre Hirte oder Bauer gewesen ist. Cicero in seinen Briefen, denke ich, versteht niemand, wenn er nicht zwanzig Jahre lang sich in seinem hervorragenden Staatswesen betätigt hat. Die Heiligen Schriften meine niemand genügend geschmeckt zu  haben, wenn er nicht hundert Jahre lang mit den Propheten die Kirche regiert hat. Deshalb ist es ein ungeheures Wunder um erstens Johannes den Täufer, zweitens Christus, drittens die Apostel. Du versuche diese göttliche Aeneis nicht, sondern verehre gebeugt ihre Spuren. Wir sind Bettler. Das ist wahr."

Martin Luther hatte die Bibel nicht im Griff. Er verehrte sie und war sich im Klaren, dass er noch lange nicht alles verstanden hatte. 

Wer hätte das Gedacht von Luther.

Und wie ist es heute? Glauben wir, indem wir in unserer postmodernen Oberflächlichkeit einen Bibelvers suchen, um unsere eigenen Gedanken damit untermauern zu können, dass wir damit die Bibel verstanden haben? Hier schreibt Martin Luther, der in  11 Wochen (!!!!) das neue Testament übersetzt hat. Dabei hat er aus der sächsichen Kanzleisprache eine wirklich Sprache geformt, d.h. neue Begriffe "erfunden", Worte zusammengefügt und den Menschen aufs Maul geschaut, wie der korrekte Fachbericht im Haushalt, beim Schreiner usw. lautet. Und dieses Genie gibt freimütig zu, wie komplex sie ist.

Es mag stimmen: Das wichtigste i.S. Gnade und im Glauben kann als Kleinkind "verstanden" werden. Wer aber älter wird, d.h. im Leben reift und mehr Verstand und Weisheit dabei gewinnt, der merkt, wieviel tiefer die Bibel doch geht, als man selber zu verstehen vermag. Selbst im reiferen Zusand, ist sie immer wieder neu und überraschend. (Das zeichnet ja jedes gute Buch aus. Da die Bibel das Buch der Bücher ist, können wir dies auch in ihr erleben.)

Beten wir dafür, dass wir wirklich die Bibel lesen und Exegese anstelle Aisegese vornehmen.

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