Freitag, 12. Juni 2020

Schekinah und Gottes Zorn (Ezechiel oder auch Hesekiel)

Ich habe bis zu Kapitel 8 des Buches Ezechiel gelesen und bin erschüttert.

"Da sprach er zu mir: Hast du das gesehen, Menschensohn? Ist es dem Hause Juda zu gering, die Greuel zu tun, welche sie hier verüben, dass sie auch das Land mit Frevel erfüllen und mich immer wieder zum Zorn reizen? Und siehe, sie halten grüne Zweige an ihre Nase!
So will denn auch ich in meinem grimmigen Zorn handeln; mein Auge soll ihrer nicht schonen, und ich will mich ihrer nicht erbarmen; und wenn sie mir gleich mit lauter Stimme in die Ohren schreien, so werde ich sie doch nicht erhören." (Ezechiel 9,17+18)

Schrecklich. Davor las ich sogar von Kannibalismus. Schon Mose warnte vor einem solchen schlimmen Gericht für die Kirche, wenn sie untreu wird und sich der Ungerechtigkeit hingibt. In Kapitel 9 deckt nun Gott die heimlichen Sünden des Volkes Gottes auf.

Wo ist hier die Gnade Gottes? Lieber Vater, wie ist das möglich? Schrecken. 

Versuchen wir das einzuordnen. Zuerst einen Überblick über das Buch Ezechiel (oder Hesekiel):

Über Ezechiel selber wissen wir nicht viel. Er gehörte zu den Priestern des alten Bundes. Normalerweise wurde dieses Amt im Bund des Sinais mit 30 Jahren auch voll ausgeübt. Das konnte Ezechiel nicht, da er zu den ersten Deportierten aus Juda gehörte und damals noch unter 30 Jahre alt war. Dadurch war es ihm unmöglich den priesterlichen Dienst im Tempel von Jerusalem auszuüben: Dieser Tempel in Jerusalem war 1'200 km von Babylon entfernt. Ezechiel wurde 597 vor Christus durch König Nebukadnezar mit König Jojachin uns seiner königlichen Familie und den führenden Bürger und Handwerker nach Babylon gezwungen. 

Seine Frau starb 586 vor Christus. Das war kurz bevor Babylon Jerusalem zerstörte.

Hierzu die Genfer Studienbibel:

"Wenn der Prophet, als er mit seinem prophetischen Dienst begann (1,1), 30 Jahre alt war und dieses Datum dem fünften Jahr des Exils von Jojachin entspricht (1,2 f.), dann war Ezechiel ungefähr 26 Jahre alt, als er in die Gefangenschaft geführt wurde. Das späteste Datum, das in dem Buch angegeben wird (26. April 571 v. Chr.; 29,17), zeigt, dass sein Dienst sich über mindestens 23 Jahre erstreckte, bis er ungefähr 50 Jahre alt war. Die Umstände seines Todes sind unbekannt."

"Ezechiel" bedeutet: "Gott stärkt" oder "Gott macht hart". 

Ezechiel prophezeit nicht nur Schlimmes, er erlebte auch einen grossen Teil des Niedergangs und Falls des assyrischen Reiches. Er sieht wie an deren Stelle das babylonische Reich unter König Nebukadnezar zur beherrschenden Macht wird. Babylonier und Chaldäer werden von der Bibel als austauschbare Begriffe verwendet. Babylon setzt sich dabei auch gegen Aegypten durch, auf das sich Juda verlassen hatte.

Das Buch kann man in drei Abschnitte aufteilen:

1. Abschnitt: Gericht über Juda und Jerusalem (1 bis 24) (Ich mit Kapitel 8 mitten in diesem schlimmen Gericht)

2. Abschnitt: Gericht über fremde Völker (25 bis 32)

3. Abschnitt: Segen für Juda und Jerusalem (33 bis 48)

Im Jul 593 vor Christus wird Ezechiel von Gott zum Propheten berufen. Ezechiel erlebte eine Theophanie, d.h. eine Erscheinung Gottes, die extrem erstaunlich war. In Ezechiel Kapitel 10 wird diese Erscheinung als Cherubim angesprochen. Die Herrlichkeit Gottes verwirrt mich. Sie wird oft Schekinah oder die Herrlichkeit der Schekinah genannt. Gott ist herrlich. Mir scheint aber auch: Gott ist nicht fassbar. Laut Genfer Studienbibel ist das Ziel Gottes seine Herrlichkeit. Aber wir können dies schnell missverstehen, denn wir vergessen oft, dass es dabei auch um die Göttliche Liebe geht. 

Wer kann dies begreifen? Hier nur ein Beispiel:

"Wo der Geist hingehen wollte, da gingen sie hin, wohin der Geist zu gehen willens war, und die Räder erhoben sich im Verein mit ihnen; denn der Geist des lebendigen Wesens war in den Rädern.
Wenn jene gingen, so gingen auch sie, und wenn jene stillstanden, standen auch sie still, und wenn jene sich von der Erde erhoben, so erhoben sich auch diese Räder vereint mit ihnen; denn der Geist des lebendigen Wesens war in den Rädern.
Und über den Häuptern des lebendigen Wesens war etwas dem Himmelsgewölbe gleich, wie der Anblick eines leuchtenden Kristalls, ausgebreitet oben über ihren Häuptern.
Und unter dem Himmelsgewölbe waren ihre Flügel ausgestreckt, einer zum andern hin; ein jedes hatte zwei Flügel, womit sie ihre Leiber auf der einen Seite, und zwei, womit sie sie auf der anderen Seite bedeckten.
Und ich hörte das Rauchen ihrer Flügel wie das Rauschen grosser Wasser und wie die Stimme des Allmächtigen. Wenn sie gingen, ..." (Ezechiel 1, 20 bis 24a)

oder

"Und über dem Himmelsgewölbe, das über ihren Häuptern war, sah es aus wie ein Saphirstein, wie die Gestalt eines Thrones. Auf dem Gebilde des Thrones aber sass eine Gestalt, anzusehen wie ein Mensch, oben darauf.
Ich sah auch wie den Schimmer von Golderz, wie das Aussehen eines Feuers inwendig ringsum; von der Gestalt seiner Lenden nach oben hin und von der Gestalt seiner Lenden nach unten hin sah ich wie die Gestalt des Feuers, und ein Glanz war rings um ihn her.
Wie der Bogen aussieht, der an einem Regentag in den Wolken erscheint, also war auch der Glanz ringsum anzusehen. So war das Aussehen der Erscheinung der Herrlichkeit des HERRN. Als ich sie sah, fiel ich auf mein Angesicht und hörte eine Stimme reden."  (Ezechiel 1,26 bis 28)

Hier wird auch der Auftrag von Ezechiel umschrieben. Zuerst ist es noch eine Botschaft der Warnung:

"Und du sollst hingehen zu den Gefangen, zu den Kindern deines Volkes, und sollst mit ihnen reden und zu ihnen sagen: So spricht Gott, der HERR! - sie mögen hören oder es bleiben lassen."    (Ezechiel 3,11)

Hilft das weiter? Wie kann Gott so wütend auf sein Volk sein, dass er es so straffen muss? 

Das Gesetz ist gut. Aber wir Menschen, die in Sünde gefallen sind, können es nicht erfüllen. Im Gegenteil: Paulus schreibt im Römerbrief: Das gute Gesetz Gottes reizt uns sogar zu noch mehr Sünde (s. Römer 7,7 bis 13).

"So ist nun das Gesetz heilig, und das Gebot ist heilig, gerecht und gut.
Hat nun das Gute mir den Tod gebracht? Das sei ferne! Sondern die Sünde hat, damit sie als Sünde offenbar werde, durch das Gute meinen Tod bewirkt, damit die Sünde überaus sündig würde durch das Gebot." (Römer 7,12 + 13)

In diesem Sinne treibt und das Gesetz auch zu Jesus Christus! Er ist die Lösung dieses Problems! 

"Ich elender Mensch! Wer wir mich erlösen von diesem Todesleib?
Ich danke Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn! So diene nun ich selbst mit der Gesinnung dem Gesetz Gottes, mit dem Fleisch aber dem Gesetz der Sünde." (Römer 7,24 und 25)    

Also sogar als Wiedergeborener ist der alte Adam immer noch da (wie es Luther sagte: Er kann den alten Adam nicht ersäufen: Er kann schwimmen.). 

Paulus umschreibt es so (besser ist es natürlich die ganzen Kapitel zu lesen):

"Denn das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes. Denn was dem Gesetz unmöglich war - weil es durch das Fleisch kraftlos war -, das tat Gott , indem er seinen Sohn sandte in der Ähnlichkeit des sündigen Fleisches und um der Sünde willen und die Sünde im Fleisch verdammte, damit die vom Gesetz geforderte Gerechtigkeit in uns erfüllt würde, die wir nicht nach dem Fleisch wandeln, sondern nach dem Geist."      (Römer 8,2 bis 4)

Das Fleisch, d.h. unsere menschlichen Möglichkeiten, können das Gesetz Gottes nicht erfüllen. Das konnte nur Jesus Christus, weil er Gott ist und nicht unter die Sünde verkauft, d.h. nicht unter der Erbsünde steht. Oder anders gesagt: Gott selber erfüllt die Bundeserfüllung, indem er den Fluch (die Strafe) für unseren Bundesbruch gegenüber Gott auf sich nimmt. Das Grandiose ist nun: Dass diese Gnade nicht nur für Israel/Juda gilt, sondern auch für uns Nicht-Juden! 

Und dieser Geist ist ein Geist der Freiheit und nicht der Knechtschaft! (Römer 8,15). Es ist schwer dies zu erklären, weil ich es selber kaum fassen kann. Bis Jesus zum zweiten Mal wiederkommt, besteht noch ein geistlicher Kampf in uns. Christus hat diesen schon lange für uns gewonnen und darum haben wir in Christus auch alles. Bedingungen ist aber für uns Wiedergeborenen: Das wir nicht nach dem Fleisch, d.h. nach unseren menschlichen Möglichkeiten (d.h. auch: nicht im Leistungsdenken), sondern im Geist, d.h. in Christus, in der Gnade, im Geschenk von Jesus Christus leben!

"Wenn aber der Geist dessen, der Jesus von den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird derselbe, der Christus von den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen durch seinen Geist, der in euch wohnt." (Römer 8,11)

In Christus wirkt die Auferstehungskraft von Jesus Christus!

Noch hoffen wir darauf und sehen es noch nicht. (Römer 8,24 bis 25)
"Ebenso  kommt aber auch der Geist unseren Schwachheiten zu Hilfe,. Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich's gebührt; aber der Geist selbst tritt für uns ein mit unaussprechlichen Seufzern.
Der aber die Herzen erforscht, weiss, was der Sinn des Geistes ist; denn er tritt für die Heiligen so ein, wie es Gott angemessen ist." (Römer 8,26 bis 27)

Gebet:
Lieber Heiland: Es ist so erschreckend, wie Du mit Deinem Volk, Deiner Kirche handeln musstest. In Dir Jesus Christus sehen wir die Gnade, die Barmherzigkeit und Liebe der Dreieinigkeit. Im Buch Ezechiel sehen wir, wie gerecht und heilig Dein Zorn ist. Wecke uns damit auf, dass wir sehen, dass es kein Kinderspiel mit der Sünde ist, sondern eine ewig tödliche Gefahr, die unser ewiges Unglück will. 
Lieber Heiland, gib jedem, der Dich noch nicht kennt, Deinen Geist, damit er innerlich neu werden darf und zu Dir Jesus Christus will, damit er bis in alle Ewigkeit glücklich in der Perichorese, der Liebe der Dreieinigkeit wird.
Hilf Ihnen und mir und uns allen, dass wir uns treu auf Dich verlassen. Denn bei Dir kommt alles gut. Täglich kommen wir als Sünder zu Dir, Jesus Christus und Du macht aus allem Unvollkommenen: schlechte wie gute Werke, etwas ewig Heiliges. Danke für diese Wunder! Danke für Deine Liebe zu mir, die ich nicht verdient habe. Danke hast Du mich geliebt und erwählt vor aller Zeit, vor Erschaffung der Welt. Und danke wirst Du mir auch die Kraft geben, dass ich bei Dir bleiben will. In Dir sind wir sicher, auch wenn die Welt um uns toben sollte. In Dir komme ich zur Ruhe, weil das Leistungsdenken obsolet wird. Und weil Du alles gut machst, lieber Heiland.

Amen.

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