Samstag, 13. Juni 2020

Ezechiel (Hesekiel)

Dieses alttestamentliche Buch ist schwer zu ertragen. Es ist eine Zumutung. Es erschüttert mich, wie Gott schrecklich sein kann. Bereits unter dem Blog-Beitrag vom Freitag dem 12. Juni 2020: Schekinah und Gottes Zorn (Ezechiel oder auch Hesekiel) gab ich das zum Ausdruck und fragte mich, wann ist die Gnade Gottes in diesem Buch zu sehen? Tatsächlich geht das Grauen weiter. In Ezechiel 16,49 wird nun das Volk Gottes sogar mit Sodom verglichen. Erstaunlicherweise wird aber damit nicht Sünden mit einem sexuellen Hintergrund angeklagt (wie es viele Bibelleser erwarten würden), sondern Materialismus und die Vernachlässigung der Armen und Bedürftigen! Auch Jesus bringt eine ähnliche Kritik in Kapernaum (Matthäus 11,23 ff):

"Und du, Kapernaum, die du bis zum Himmel erhöht worden bist, du wirst bis zum Totenreich hinabgeworfen werden! Denn wenn in Sodom die Wundertaten geschehen wären, die bei dir geschehen sind, es würde noch heutzutage stehen. Doch ich sage euch: Es wird dem Land Sodom erträglicher gehen am Tag des Gerichts als dir!" (Mt. 11,23+24)

Gott beauftragt Ezechiel nicht nur eine Ortschaft wie Kapernaum, sondern die ganze Kirche seiner Zeit anzuklagen, wenn er in Ezechiel 16,49 ff schreibt:

"Siehe, das war die Sünde deiner Schwester Sodom: Hofart, Sattheit und sorglose Ruhe ward ihr und ihren Töchtern zuteil; aber dem Armen und Dürftigen reichten sie nie die Hand, sondern sie waren stolz und verübten Greuel vor mir; deswegen verwarf ich sie auch, als ich es sah. Auch Samaria hat nicht halb so viel gesündigt wie du; sondern du hast viel mehr Greuel verübt als sie, so dass du deine Schwestern gerecht erscheinen liessest durch alle deine Greuel, welche du begangen hast!"

Es ist also möglich, dass die Kirche schlimmer sündigen kann als die Welt!

Aber hier flackert nun auch im Buch Ezechiel etwas von Gnade auf:

"Ich will aber ihre Gefangenschaft wenden, die Gefangenschaft Sodoms und ihrer Töchter und die Gefangenschaft Samarias und ihrer Töchter; auch deine Gefangenschaft in ihrer Mitte will ich wenden, damit du deine Schande tragest und dich alles dessen schämest, was du getan hast, wodurch du ihnen zum Troste dientest." (Ezechiel 16,53)

Überhaupt gibt es Lichtblicke der Gnade im Buch Ezechiel. Hier einige Beispiele:

"Tötet, vernichtet Greise, Jünglinge und Jungfrauen, Kinder und Frauen! Von denen aber, die das Zeichen tragen, rühret niemand an! Fanget aber bei meinem Heiligtum an! Da fingen sie bei den Ältesten an, die vor dem Tempel waren." (Ezechiel 9,6)

Dieses Gericht Gottes beginnt bei den Ältesten, also den Leitern der Gemeinde Gottes! Gott selber befielt Grauen. Schrecklich. Aber in diesem Schrecken sehen wir auch Gnade! Da gibt es Menschen, die tragen ein Zeichen, die vor diesem Gericht verschont werden. Was ist das für ein Zeichen, dass uns rettet? Es handelt sich um den letzten Buchstaben des hebräischen Alphabets, das Taw: ת))" Zur Zeit Ezechiels wurde das 'Taw' wie das lateinische 'X'  geschrieben. Frühe christliche Exegeten sahen in diesem diagonalen Kreuz eine Vorwegnahme des Kreuzes Christi." schreibt die Genfer Studienbibel Seite 1289.
Es erinnert uns auch an 2. Mose 12,21-23: Das Passamahl. Hier strichen die auf Gott Vertrauenden Blut des Opferlammes an die Oberschwelle und zwei Türpfosten ihres Hauses und blieben hinter diesem Schutz. Dieses dieses Zeichen (das ebenfalls beinahe ein Kreuzzeichen ist), der Ausdruck ihres Glaubens, rettete sie vor dem Unglück und der Strafe Gottes. Und es ist zugleich ein Vorabbild des Opfers, dass Jesus Christus als Opferlamm am Kreuz für uns gebracht hat. Wir gedenken und schmecken dieser Güte Gottes, indem wir heute das Abendmahl feiern. 

14,14: "und es wären die drei Männer Noah, Daniel und Hiob darin, so würden diese durch ihre Gerechtigkeit nur ihre eigene Seele erretten, spricht Gott der HERR."

Dieses Gerichtswort Gottes beinhaltet auch Gnade: Es gibt Gerechte, die Gott verschonen wird. Nun bedeutet gerecht sein in der Bibel immer aus Gnade gerecht sein, d.h. es ist ein Geschenk Gottes, wenn man gerecht ist und in der Gerechtigkeit wandelt. Die Genfer Studienbibel weist darauf hin, dass mit Daniel vermutlich nicht der jüdische Daniel gemeint ist, dessen Leben im Buch Daniel abgebildet wird, sondern ein anderer Daniel. Denn Daniel des Buches Daniels wird als Daniyye'l geschrieben, während dieser Daniel als Dani'el geschrieben wird. Daraus folgern sie: "Es ist wahrscheinlicher, dass dieser Daniel mit einer Heldenfigur gleichzusetzen ist, die in einem alten ugaritischen Text erwähnt wird. Dieser Text handelt von einem König namens Dan'el, der im Umkreis für seine Gerechtigkeit, seine Weisheit (vgl. 28,3) und  Barmherzigkeit bekannt war. 'Noah, Daniel und Hiob' würden dann nicht-israelitische Personen aus ferner Zeit darstellen, die für ihre Gerechtigkeit bekannt waren. Sie könnten die Welt in ihren Tagen nicht retten und könnten sogar gemeinsam die Stadt Jerusalem nicht retten (vgl. V. 20)."
Soweit der Aspekt des Gerichts. ABER obwohl Noah in seiner Zeit die Welt nicht retten konnte, so konnte er sich und seine Familie retten! Sie erlebten in ihrem Glauben an Gott Gnade. Bei Hiob ist es so, dass er seine Familie nicht retten konnte. Hiob 1,1 war untadelig und gerecht und konnte seine Familie nicht retten. (Seine Frau allerdings starb nicht. Aber das Unglück traf seine Kinder. Allerdings ist der physische Tod nicht das  Ende. Aber es geht hier natürlich um einen Vergleich:) Diese nicht-israelitische Männer hätten auch das Strafgericht Gottes an der Kirche nicht abwenden können.

Noch deutlicher wird die Gnade Gottes in Ezechiel 16,60
"Aber ich will meines Bundes gedenken, welchen ich mit dir in den Tagen deiner Jugend geschlossen habe, und ich will einen ewigen Bund mit dir aufrichten."
Die Kirche soll erfahren, dass Gott der Herr ist und sich schämen: "damit du daran denkest und dich schämest und vor Scham den Mund nicht auftun dürfest, wenn ich dir alles verzeihe, was du getan hast, spricht Gott, der HERR." (16,63)

Aus Gnade errettet zu werden, ist nie ein Grund auf sich selber stolz zu sein! 

Wenn ein Kind Gottes sich über die Welt erhöht, hat er die Gnade Gottes noch nicht verstanden, durch die er Kind Gottes sein darf. Zudem deutet jede Erhöhung über andere Menschen auf ein eigenes Minderwertigkeitsgefühl, dass man damit kompensieren will. Er ruht also noch nicht ganz in der Liebe Gottes und ist irgendwo noch im Leistungsdenken  gefangen (die er selber nicht erfüllen kann).

In Ezechiel 33 wird das Thema des Wächteramtes des Propheten umschrieben. Hier bezeugt Gott selber:

"So wahr ich lebe, spricht Gott, der HERR, ich habe kein Gefallen am Tode des Gottlosen, sondern daran, dass der Gottlose sich abwende von seinem Wege und lebe!
Wendet euch ab, wendet euch ab von euren bösen Wegen!
Warum wollt ihr sterben, Haus Israel?"  (Ezechiel 33,11)

Danach erklärt Gott, dass auch Gerechte, die sündigen, nicht gerettet werden. ABER der Gottlose wird gerettet, wenn er sich von seinem gottlosen Wesen abwendet (33,12). Hier beschreibt Gott, wie ein Herz angerührt wird, wenn er zu Gott geht. Er versucht das Unrecht wieder gut zu machen:

"Und wenn ich zum Gottlosen sage: 'Du sollst sterben!' und er wendet sich ab von seiner Sünde und tut, was recht und billig ist, also dass der Gottlose das Pfand wiedergibt, den Raub zurückerstattet und in den Satzungen des Lebens wandelt, also dass er kein Unrecht tut, so soll er gewiss leben und nicht sterben. Auch soll ihm aller seiner Sünden, die er getan hat, nimmermehr gedacht werden; er hat getan, was recht und billig ist, er soll gewiss leben!" (Ezechiel 33,14-16)

Aber was sagt die damalige Kirche dazu?

"Der Weg des Herrn ist nicht richtig!" (33,17b)

Manchmal kann die Kirche wirklich dumm sein. Sie will die Gnade nicht, sondern das Unglück. Gott wiederholt danach sein Prinzip. Da die Kirche das aber nicht will, nimmt er sie auch ernst und sagt:

"Da ihr aber sagt: 'Der Weg des Herrn ist nicht richtig'? so will ich einen jeden von euch nach seinen Wegen richten, Haus Israel!" (Ezechiel 33,20)

Wer die Gnade nicht will, steht unter dem Gesetz und  dessen Flüche! Ich habe gehört, das Gericht beginne immer zuerst beim Volk Gottes. Wir sind das Salz der Erde und wenn wir nicht mehr Salz sind, beginnt das Gericht bei uns! 

Darum sollten wir uns der Gnade Gottes hinwenden, die in Jesus Christus überdeutlich zu Tage kommt: Gott selber trägt unsere Sünde, damit wir sie nicht tragen müssen. Und damit wir bis in alle Ewigkeit in der Liebe Gottes leben dürfen. In dieser Zwischenzeit ist das noch nicht ganz so einfach, aber Gott hilft uns.

In Kapitel 34 geht das Buch Ezechiel auf die schlechten und guten Hirten ein. Für jeden christlichen Leiter ein MUSS zu lesen. Und für jeden, der schon schlechte Leiter erlebt hat, ist es ein Trost. Aber auch für Verantwortliche, die sich ihrer Mankos bewusst werden, dürfen hier Gnade Gottes erkennen, wenn sie ihren Stolz überwinden.

Hier sieht man auch, wie sich das Gericht Gottes und  seine Gnade treffen. Ein Beispiel:

"Wehe den Hirten Israels, die sich selbst weiden! Sollen die Hirten nicht die Herde weiden?
(34,2b)

"Das Schwache stärket ihr nicht, das Kranke heilet ihr nicht, das verwundete verbindet ihr nicht, das Verscheuchte holt ihr nicht zurück, und das Verlorene suchet ihr nicht, sondern streng und hart herrschet ihr über sie! Und so haben sie sich zerstreut, weil sie ohne Hirten waren, und sind allen wilden Tieren des  Feldes zur Speise geworden und haben sich zerstreut." (34,4-5)

"So spricht Gott, der HERR: Siehe, ich will an die Hirten und will meine Schafe von ihren Händen fordern und will ihrem Schafeweiden ein Ende machen, und die Hirten sollen hinfort auch sich selbst nicht mehr weiden; denn ich will meine Schafe aus ihrem Maul erretten, dass sie hinfort nicht ihre Speise sein sollen.
Denn also spricht Gott, der HERR: Siehe, ich selbst will meinen Schafen nachforschen und sie suchen!" (34,10-11) 
Nun beschreibt Gott, wie er sein Volk gut weiden will. Und das gilt sicherlich auch für jene Hirten, die zu Gott umkehren, auch wenn sie nun eventuell nicht mehr Hirten sein dürfen. 

"Ich will ihnen einen einzigen Hirten erwecken, der sie weiden soll, nämlich meinen Knecht David; der soll sie weiden, und der soll ihr Hirte sein." (34,23)

Hier wird Gott sehr konkret. Und doch ist es nicht einfach zu verstehen. Denn David ist zu jener Zeit schon lange beim Herrn. Keiner der Nachfolger von König David erfüllte diese Prophezeiung. Ausser einem: Jesus Christus. Jesus Christus ist DER gute Hirte und in ihm erfüllt sich diese Prophezeiung. Sie ist sogar so gross, dass wir Heiden (= Nicht-Juden) zu Jesus Christus gehen dürfen, damit er unser Hirte wird. So gross ist die Gnade Gottes, sogar gegen uns Heiden!

In Kapitel 36 wird die Wiederherstellung Israels versprochen. 

Und 37 empfinde ich einen Höhepunkt der Gnade Gottes. Es ist zugleich auch sehr "unkonventionell):

"Die Hand des Herrn kam über mich und führte mich im Geiste des Herrn hinaus und liess mich nieder mitten auf der Ebene, und diese war voller Totengebeine.
Er führte mich an derselben vorüber ringsherum; und siehe, der Gebeine waren sehr viele auf der Ebene; und siehe, sie waren sehr dürr.
Da sprach er zu mir: Menschensohn, können diese Gebeine wieder lebendig werden? 
Ich antwortete: O Herr, HERR, du weisst es!
Da sprach er zu mir: Weissage über diese Gebeine und sprich zu ihnen:

Ihr verdorrten Gebeine, hört das Wort des HERRN!

So spricht Gott, der HERR, zu diesen Gebeinen: Seht, ich will einen Geist in euch kommen lassen, dass ihr lebendig werdet!" (37,1-5)

Hier darf ein Mensch (in der Form des Weissagen) - im Gehorsam Gottes - zu neuem Leben aufrufen. Ja noch mehr: Er  erinnert uns, an die Worte Gottes, die unsere Welt aus dem Nichts geschaffen hat. Auf dieselbe Weise schafft Gott aus einer toten Kirche eine neue lebendige Kirche. Das ist Erweckung! Tote Gebeine werden zu erfüllten Leben! In der Bibel waren die Begriffe Tot und Leben schon immer auch Qualitätsbegriffe. Man kann Leben und doch tot sein - und auch umgekehrt.

Auch in diesem Kapitel ist wieder vom guten Hirten David die Rede, die letztendlich nur Jesus Christus erfüllt.

Gebet:
Lieber Heiland
Bitte schenke noch einmal Deine Gnade, dass wir alle alles von Dir erwarten und nicht von unseren Möglichkeiten. Hilf uns, dass wir erkennen, dass jede positive Veränderung zuerst bei uns beginnt und nicht bei den anderen. Hilf, dass wir unsere Mankos, Fehler und Sünden erkennen, damit wir sie Dir bringen. Du bist dafür gestorben und hilf uns mit Deiner Auferstehungskraft jeden Tag zu leben. Erwecke uns, wie diese toten Knochen, die regungslos umherlagen. Gib uns Freude und Frieden ins Herzen in allem. Gib uns das Bewusstsein Deiner Gaben, damit wir uns freuen! Gib uns Ausdauer und mache aus unserem Mist guten Dünger für die Welt!
Lieber Heiland komme in uns wohnen. Du sollst unser gute Hirte und Herr sein. So wird aus dem gerechten Gott unser liebevoller Vater! Danke lieber Vater! Danke Jesus Christus und danke Heiliger Geist für Euer wirken in mir. Wohnt in mir.

Amen









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