Nehemia
Ueberblick
1. Gedanken zu Nehemia
2. Zum Buch Nehemia: Hintergründe
3. Anhang
Gedanken zu Nehemia
Ein beeindruckender Mann. Er war Mundschenk (1,11 und 2,1)
des Königs Artasasta (1). Er hört, wie die Juden in Jerusalem leben mussten. „Die
Uebriggebliebenen, welche nach der Gefangenschaft übriggeblieben sind, befinden
sich dort im Lande in grossem Unglück und in Schmach; und die Mauern der Stadt
Jerusalem sind zerbrochen und die Tore mit –Feuer verbrannt.“ (Nehemia 1,3b)
Dies traf Nehemia so sehr, dass er mehrere Tage vor Gott weinte,
betete und fastete. (Nehemia 1,4). In den folgenden Versen hört man, wie er
betete: Er ruft Gottes Allmacht an, seien Macht und Schrecklichkeit und seine
Barmherzigkeit, denen die ihn lieben und seine Gebote halten.“ Dabei schreckt
er nicht vor dem Thema der Sünde zurück, sondern stellt sich ihr, indem er sie
nennt und um Vergebung für sich und sein Volk, dass Gottes Volk ist, bittet.
Dabei vergisst er nicht, Gott an seine Versprechen zu erinnern (Nehemia
1,8-10). Zu seiner Bitte gehört auch, dass Nehemia vor dem König Artasasta Barmherzigkeit
für die Juden erhält.
Als nun Nehemia dem König den Wein reichte, merkte dieser,
dass Nehemia traurig war. Es war das erste Mal, dass Nehemia vor den König in
Trauer erschien. Daraus ergibt sich ein Gespräch, indem der König Nehemia
erlaubt als Stadthalter nach Jerusalem zu gehen und die Mauern von Jerusalem
wieder aufzubauen. Damals waren Mauern wichtig: Sie schützten eine Stadt vor
Dieben und Ueberfällen. Ohne diesen Schutz war man den Anfechtungen dieser Zeit
ohnmächtig ausgeliefert.
Nun liest man, wie Nehemia nach Jerusalem kommt und sich
eine Uebersicht macht. Er plante und begann den Plan umzusetzen. Von Anfang an,
gab es Widerstand. Es begann mit Verhöhnung (Nehemia 2,19).
Als weitere Fortschritte im Mauerbau erzielt wurden, wurde
Sanballat „zornig und sehr entrüstet und spottete über die Juden“ (Nehemia 4,1b). Interessant ist, dass hier jemand
zornig wird, weil ihm der Erfolg der Juden missfällt. Er scheint den Erfolg so
zunichte machen zu wollen, indem er ihn verhöhnt. Das ist ein Bild, das wir
Christen auch für unser Leben anwenden können: Wenn wir mit Gott leben und
unser Leben aufbauen und unseren Schutz durch Gott erhalten, wird es Stimmen
geben, die uns verhöhnen, weil sie uns diesen Erfolg und diesen Schutz nicht
gönnen wollen. Dies geschieht vermutlich unbewusst. Vielleicht war es auch die
Furcht, Gotte Volk nicht mehr einfach manipulieren zu können. Eine geistliche
Macht – eine andere als jene von Gott – scheint sie dazu anzutreiben. Dabei
sind diese Menschen keine Feinde, sondern nur arme Opfer eines widergöttlichen
Geistes, der sie nicht in die Freiheit der Kinder Gottes entlassen möchte. Denn
in der Zeit des Neuen Bundes, indem wir leben, wäre es ja jedem möglich, sich
Gott anzuschliessen, wenn er denn möchte. (Allerdings war dies ja auch im Alten
Testament möglich…) Dafür braucht es allerdings eine Befreiung des Willens
durch den Heiligen Geist. Darum müssten wir Christen für solche Menschen beten.
Im alten Testament betet Nehemia noch etwas anders:
„Höre, unser Gott , wie verachtet wir sind, und lass ihre
Schmähungen auf ihren Kopf fallen und gib sie der Plünderung preis im Lande der
Gefangenschaft; und decke ihre Schuld nicht zu und lass ihre Sünde vor dir
nicht ausgetilgt werden; denn sie haben die Bauleute geärgert!“ (Nehemia 4,4+5)
Nehemia spricht einen Fluch aus. Das sollten wir als
Christen nicht machen. Im neuen Testament wird ein Fluch nur sehr zurückhaltend
ausgeübt (zum Beispiel als Paulus auf Zypern einen Zauberer zum Schweigen
brachte, der ihm andauernd drein redete.).
Warum diese Zurückhaltung vor Verfluchungen? Jesus Christus
wurde am Kreuz ein Fluch, damit wir von unseren Verfluchungen frei werden. Wir
sind als wiedergeborene Christen von aller Schuld befreit wurden. Nun sollen
wir diese gewonnene Freiheit weitertragen. Paulus drückt es ja dann auch so
aus, dass wir als Christen nicht gegen Menschen, sondern die dahinter liegenden
Mächte kämpfen. Daraus ergibt sich der einfache Slogan: Gott hasst die Sünde,
liebt aber den Sünder. Denn auch wir Christen sind wie alle anderen nur Sünder
und alleine die Gnade Gottes macht der Unterschied. Dass weiss wohl auch schon
Nehemia. Denn schon im alten Testament wird bezeugt, dass Gott nicht den Tod
des Sünders möchte, sondern dass er umkehrt und lebe. Darum betet Nehemia – gar
nicht liebevoll – dass Gott ihre Sünden nicht zudecken soll…. Aber das ist,
seitdem Jesus am Kreuz gestorben ist, nicht mehr unser Amt.
Unser Amt ist zu
segnen und für die Menschen das Beste zu bitten. Das Amt des Verfluchens gehört
einem anderem: Dem grossen Ankläger: Satan. (Wobei natürlich Gottes Gesetz
Segen oder Fluch verheisst. Gottes gute Gebote schaffen leben. Sich dagegen zu
wenden schafft Leid, einen Fluch. (Was aber nicht heissen soll, dass jedes Leid ein Fluch ist.) Und es ist Satan, der Gott an diese Flüche
gerne erinnert. Jesus macht das Gegenteil, indem er den Fluch auf sich nahm und
als ein gerechtes Opfer den Fluch auf sich nahm und so die Forderung des
Gesetzes Gottes erfüllte. Gott selber trägt so unseren Fluch, wenn wir das
wollen. Wenn wir dies nicht wollen, bleiben wir im gerechten Fluch des
Gesetztes. Im tieferen Sinn betet also Nehemia, dass diese Menschen in diesem
Fluch verharren sollen, damit sie ihre gerechte Strafe erlangen. Ich schlage
vor, dass wir die Rache Gott überlassen sollen und wenn immer möglich darum
bitten, dass Gott uns und die anderen Menschen vom Bösen befreit, wie im Vater
unser.)
Nun Nehemia setzt sich also 100% für das Gottesvolk ein. Da
er weiss, dass der Wiederaufbau die Menschen viel kostet, verzichtet er auf ein
Gehalt für sich als Stadthalter von Jerusalem. (Nehemia 5,14). Zudem hat er 150
Mann an seinem Tisch aus seinen privaten Finanzen mit Essen und Wein versorgt
(Nehemia 5,17-18).
Was mich beeindruckte, waren die vielen Probleme, die
Nehemia überwinden musste. Sie kamen von Menschen, die dem Gottesvolk feindlich
gesinnt waren UND aus dem eigenen Gottes Volk. So mussten sie ab einer gewissen
Zeit mit Waffen an der Mauer bauen (Nehemia 5,18). Es wird auch mit
Verleumdungen gegen Nehemia operiert (Nehemia 6,5-8). Aber sogar die eigenen
Propheten Gottes wurden bestochen und wollten Nehemia Angst einjagen (Nehemia
6,9-14).
Im Kapitel 5 wird noch eine schwere Anfechtung beschrieben:
Die Reicheren des Volkes Gottes bedrückten die Armen des Volkes Gottes. War es
möglich, dass die Perversion des Bösen so weit geht, dass sich sogar Gottes
Kirche zu soviel unrecht herunterlässt? Es war möglich. Nehemia sprach es an
und legte seinen Finger auf den wunden Punkt. Vorher wird beschrieben, wie
dieses Unrecht auf Nehemia wirkte:
„Als ich aber ihr Geschrei und diese Worte hörte, war dich sehr zornig.“ (Nehemia 5,6)
Nun reagiert Nehemia aber nicht mit einem Fluch, da er sein
Volk, auch die Sünder liebte. Sondern er „schallte“ sie:
„Und mein Herz überlegte in mir, und ich schalt die
Vornehmsten und Vorsteher und sprach zu ihnen: Treibet ihr Wucher an euren
Brüdern? Und ich brachte eine grosse Gemeinde wider sie zusammen und sprach zu
ihnen:
Wir haben nach unserem Vermögen unsere Brüder, die Juden,
welche an die Heiden verkauft waren losgekaut; ihr aber wollt sogar eure Brüder
verkaufen, so dass sie sich an uns verkaufen müssen?
Da schweigen sie und fanden keine Antwort.
Und ich sprach: Was ihr da tut, ist nicht gut. Solltet ihr
nicht in der Furcht unseres Gotts wandeln wegen der Schmähungen der Heiden,
unserer Feinde?“ (Nehemia 5,7-9)
Dann geht Nehemia mit gutem Beispiel voran und erlässt
seinen Schuldnern die Forderungen (Nehemia 5,10) und fordert die Reichen auf:
„Gebet ihnen heute noch ihre Aecker, ihre Weinberge, ihre
Oelbäume und ihre Häuser zurück, dazu …“
(Nehemia 5,11)
Und ein Wunder geschah: Sie stimmten zu. Nehemia holte die
Priester und lies dies noch beeidigen. Er wusste wohl, wie wankelmütig wir
Menschen manchmal sein können. Zudem „
schüttelte ich den Bausch meines Gewandes aus und sprach:
Also schüttle Gott jedermann von seinem hause und von seinem Besitztum ab, der
solches versprochen hat und nicht ausführt; ja, so werde er ausgeschüttelt und
leer! Und die ganze Gemeinde sprach: Amen (= so sei es)! Und sie lobten den HERRN.
Und das Volk tat also.“ (Nehemia 5,13b)
Das beeindruckt mich.
Zugleich lässt es mich auch ernüchtern: Wir leben noch nicht
im Himmel. Widerstand und Anfechtungen sind normal. Luther sagte sogar, dass
ein guter Theologe, nach Studium der Bibel und Gebet immer auch mit Anfechtung
rechnen muss. Denn diese Anfechtung treibt ihn wieder ins Wort Gottes und damit
zu Gott. Und dies wird aus ihm einen guten Theologen machen. Er wird im eigenen
Leben erleben, wie Gott wirkt und ihm aus seinen Anfechtungen hilft. Wie er als
ein Schwacher in Christus ein starkes Werkzeug Gottes sein kann. So kommt eine
gute und orthodoxe Lehre mit Liebe und unendlicher Barmherzigkeit zusammen.
Ein bisschen sieht man dies auch an Nehemia und seinem
Leben. Dabei handelt er ähnlich wie einst David vor Goliath: Goliath fühlte
sich durch David, einen ungerüsteten Jungen provoziert. Da stand er Goliat, als
einer der grössten und mächtigsten Kämpfer, der tagelang Gottes Volk beleidigte
vor einem Jüngling, der mit nichts als seinem Gott und einer Steinschleuder
gegen ihn antrat.
Ich weiss nicht, ob ich einen solchen Lebensmut und ein
solches Gottvertrauen in meinem Alltag habe: Ich stehe fest begründet im
Glauben an meinen lieben Gott. Was sollen mir die Pappkarton-Gefahren auch
ausrichten. Sie können mir weh tun, sie können mich beleidigen, sie können mich
bestehlen, sie können mich töten, aber meiner Seele können sie nichts antun. „Wer
will gegen die Auserwählten Gottes Anklage erheben? Gott ist es doch, der
rechtfertigt?“ (Römer 8,33) „Wer will uns scheiden von d er Liebe des Christus?
Drangsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blösse oder Gefahr oder
Schwert?“ (Römer 8,35)
Bei David ging der Kampf kurz. Er schlug der Anfechtung mit
der Steinschleuder an die Stirn. Der bricht ohnmächtig zusammen. David nimmt
das Schwert von Goliath und haut ihm damit den Kopf ab. Die Schlacht war
entschieden. (David hatte natürlich noch andere Herausforderungen im Leben. Dazu gehörte auch, dass er den Tempel nicht erbauen durfte, weil soviel Blut an seinen Händen klebte: 1. Chronik 28,3: Aber Gottt sprach zu mir: Du sollst meinem Namen kein Haus bauen; denn du bist ein Kriegsmann und hast Blut vergossen!.)
Nehemia erlitt immer wieder Anfechtungen. Er hielt aber am
Kurs mit seinem Gott fest und vertraute Gott mehr als Menschen. Und die Mauern
Jerusalems wurden wieder errichtet und die Ungerechtigkeit im Volk Gottes wurde
beseitigt.
Gott möge uns segnen. Lasst uns alles in ihm suchen, der in
Christus uns alles ist.
Wenn wir uns gross und stark fühlen, so lasst uns vor ihm
demütigen, weil er uns ohne Leistung liebt.
Und auch wenn wir uns schwach und ohnmächtig fühlen, lasst
uns auf ihn trauen.
AMEN
2. Zum Buch Nehemia:
Hintergründe
Es ist ein alttestamentliches Buch, dass auch zur Bibel, dem
Tenach der Juden gehört. Es handelt in jener Zeit, wo Gottes Volk, die Juden,
aus Israel verbannt worden waren und wenige wieder zurückkehren durften oder
wenige Ueberiggebliebene in Jerusalem noch lebten.
Laut der Genfer Studienbibel gehörten
früher die Bücher Nehemia und Esra zu einem Buch. Origenes (185-253 nach Christus)
war der erste, der sie in diese zwei Bücher aufteilte.
Genfer Studienbibel, Seite 779:
„In der hebräischen Bibel, im Talmut, bei Josephus (ca.
37-100 n. Chr.) und in den ältesten Schriften der LXX werden sie als ein
einziges Schriftstück behandelt.“
„Die Bücher Esra und Nehemia sind eine historische
Erzählung, die sich aus zahlreichen ,ursprünglichen einzelnen Schriftstücken
zusammensetzt. Diese bilden ein literarisch wertvolles und aussagekräftiges
Ganzes. Eine wesentliche Rolle spielen in diesen beiden Büchern Verzeichnisse….
.. In diesen beiden Büchern (Nehemia und Esra) ist auch viel
offizielle Korrespondenz enthalten. Diese Briefe wurden nicht einmal übersetzt,
sondern in der Sprache, in der sie ursprünglich verfasst wurden, abgeschrieben,
in Aramäisch, der damals in diesen Ländern üblichen Sprache der internationalen
Diplomatie. (Ansonsten ist das alte Testament ja üblicherweise in Hebräisch
geschrieben.)“ (Beispiele dafür: Briefe Rehums an Artasasta, Briefe Tatnais an
Darius, Memorandum über den Erlass des Kores usw.)
Laut Genfer Studienbibel glaubte man früher, dass ein
Chronist die Bücher Esra und Nehemia verfasst habe. Heute gebe es einen Konsens
unter den Auslegern, dass der Chronist
aller Wahrscheinlichkeit nach nicht die Bücher Esra und Nehemia
verfasste. „Esra schrieb ein Tagebuch oder seine ‚Memoiren‘ …; ähnlich verhält
es sich bei Nehemia…..
… so wäre es möglich, dass Esra die Bücher Esra und Nehemia
zusammengestellt hat, wie es ja in der jüdischen Tradition üblich war.“
Aus „Kurze Einführung in die Bibel“ von E. Aebi:
„Diese Bücher (Esra und Nehemia) sind von grosser historischer
Bedeutung. Sie stellen das einzige geschichtliche Dokument dar, das wenigstens
teilweise Aufschluss gibt über die Geschichte Palästinas während der Zeit, die
zwischen der Zerstörung Jerusalems und den Makkabäerkriegen liegt.“ (Seite 58)
In diesem Buch gibt es auch eine Uebersicht der wichtigsten
Ereignisse zur Zeit Esras und Nehemias.
„Die Bücher umfassen einen Zeitabschnitt von gut 100 Jahren
beginnend mit der Heimkehr der ersten Gefangenen unter der Leitung von
Serubabels im Jahr 538 (vor Christus*) (Esra Kapitel 1-2) und endend mit dem
zweiten Aufenthalt Nehemias in Jerusalem
im Jahr 433 (Neh. 13,6-7). (Seite 58)
* mein Zusatz
3. Anhang
(1) „Artasastas“:
Artasastas ist Artaxerxes I, der Nachfolger von Ahasveros und König Perisiens
464 – 424 vor Christus.“ (Genfer Studienbibel Seite 786 zu Esra 4,7) (Ahasveros
= Xerxes I.)
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