Wilhelm Busch lebte vom 27. März 1897 in Elberfeld, heute Wuppertal bis am 20.Juni 1966 in Lübeck.
Am 20. Juni 2022
wäre Wilhelm Busch 125 Jahre geworden. Dieser Pfarrer ist nicht mit dem
humoristischen Dichter und Zeichner zu verwechseln, obwohl auch dieser Pfarrer
Witz hatte.
1931 hat eine „Universität
für Erwerbslose“ gegründet. 500 junge Arbeitslose kamen täglich in die Räume
des grossen Jugendhauses. Hier bekamen sie einen strukturieren Tag, konnten
Fremdsprachen und Mathematik lernen. Es gab Lehrgänge in Landwirtschaft, Architektur
und Stenografie und auch Musik- und Sport-Angebote. Zudem gab es jeden Morgen
ein Frühstück, „das sich Busch erfolgreich zusammenzubetteln wusste.“ (aus Idea,
13.2022 Seite 24).
Es waren sehr
unterschiedliche Männer, die hier zusammentragen: Kommunisten, SA-leute,
Atheisten und überzeugte Jesus-Jünger. „Manchmal ging es hoch her. nicht
zuletzt in der wöchentlichen „Weltanschauungsstunde“. In ihr verkündigte Busch
in einer kurzen Ansprache das Evangelium wobei Gelegenheit zu anschliessender
Diskussion gegeben war.“ Hier wurde unter Gottes Wort Toleranz und Freiheit
gelebt.
Aber dieser Ort
war mit zunehmender Ideologisierung des Staates gefährdet. Schon zwei Jahre
später kamen die Nationalsozialisten an die Macht und wollten die Jugend als
Hitler-Jugend unter ihre Kontrolle bringen. Wilhelm Busch und seine
Jugendarbeit stand hier von Anfang an dagegen. Aber der Versuch sie in die HJ
(= Hitlerjugend) einzugliedern sollte misslingen. Aber es gab vielerlei
Konflikte.
„Anfang 1934 war
es in Essen Mode geworden, dass die HJ nachts irgendein katholisches oder
evangelisches Jugendheim überfielen und besetzte. Das war zwar illegal, doch
die Polizei stellte sich blind und die Justiz taub. Der ehemalige Frontoffizier
und Freikorpsangehörige Busch wollte aber auf keinen Fall sein Jugendheim
kampflos der Hitler-Jugend überlassen. Er beschloss mit seinen Mitarbeitern, es
im Notfall zu verteidigen, und richtet bis zu 50 Personen starke Nachwachen
ein.“
Und tatsächlich
in einer Nacht versuchten Angehörige der HJ das Haus gewaltsam zu erobern. Sie
waren überrascht, auf erbitterten Widerstand zu stossen. Mit zum Teil aus
Gummischläuchen bewaffneten Wiegle-Haus-Verteidiger waren sie nicht gewachsen. Sie
mussten Hals über Kopf flüchten.
„Busch: ‚Ich
hatte meinen Jungs gesagt: ‚Wenn schon, denn schon.‘“
Bald nun stiess
Busch auf ein Buch des reformierten Pfarrers Joesph Chambon über die Geschichte
der im 17. Und 18. Jahrhundert so grausam verfolgten Hugenotten (= so wurden Reformierte
in Frankreich bis zur französischen Revolution genannt, da offiziell ihr Reformiertsein
vom franz. Staat abgesprochen wurde.). Die Hugenotten mussten die Erfahrung
machen, dass Gott nicht den Weg des gewalttätigen Widerstandes segnet. Idea
schreibt:
„Wilhelm Busch: ‚In
unserem Jugendkreis wurde das Buch studiert. (…) Wir begriffen plötzlich, was
das heisst im Neuen Testament: ‚Wir sind geachtet wie Schlachtschafe. Hier ist
Geduld und Glaube der Heiligen.‘
(…) Wir begriffen
auf einmal, was es heisst: Ich stell mich in und lass mich schlagen und
beschimpfen. Das ist der Weg Jesu, wie er nach Golgatha ging. (…) Das waren
schmerzhafte Erkenntnisse.“
Hier wird
sicherlich etwas ganz wichtiges festgehalten: Der Unterschied zwischen Held und
Heiliger!
Gerade die biblische
Prädestinationslehre zeigt uns die Gnade
Gottes als reines Geschenk Gottes, dass wir Menschen nicht unter Kontrolle
haben. Und gerade das bedeutet: Im Glauben müssen wir Freiheit geben! Wir dürfen
und sollen beten, dass der Heilige Geist ein Wunder tut und Bekehrung schenkt.
Aber erzwingen können wir es nicht. Und auch, wenn wir aus humanistischer
Denkweise nicht an die biblische Prädestinationslehre glauben wollen oder
können, so wissen wir doch um die Kraft des Gebetes und dass wir nichts ohne Christus
machen können, was geistlich ewig gut ist.
Nur in Christus
sind wir sicher. Und nur in Christus werden wir siegen. Dazu müssen wir aber
auch in Glaubenssachen mit den Waffen des Geistes kämpfen und dazu müssen wir
erkennen, dass wir nicht gegen Menschen, sondern gegen geistliche Mächte
kämpfen! Aber das ist natürlich nicht einfach. Paul Schneider hat dies unter
der nationalsozialistischen Ideologie bis aufs Äusserte durchgezogen:
Unpolitisch ganz treu in Christus bis zum Tode in einem KZ. Wenn man sein Leben
liest, denkt man, für was macht er das? Warum gibt er nicht ein wenig nach? Er
müsste nur sagen, ich bin nicht mehr Pfarrer in dieser Gemeinde und er wäre aus
den KZ gekommen. Aber er konnte nicht schweigen. Selbst im KZ prangerte er das
Unrecht an und wurde dafür geschlagen und misshandelt. Und genau mit dem riss
er den Schleier über diese Ideologie weg: Es war kein Fortschritt. Die Herrenrasse
war menschlicher Wahn. Ihre ganze Unmenschlichkeit wurde entblöst und sogar die
nationalsozialistischen Täter konnten nur unter Scham den Leichnahm in einem
versiegelten Sarg seiner Frau und Kinder übergeben. Eine Frau schrieb später
der Wittwe von Schneider, dass das Beispiel von ihrem Mann sie bewahrt hat, selber Nationalsozialistin zu
werden. Wie leicht wäre es doch gewesen, nachzugeben und zu glauben, ein Herrenmensch
zu sein, der sich aus „Selbstvertreidigungsründen“ die schlimmsten Gräuel an
anderen Menschen zu machen zu dürfen. Diese Super-Mobbing Ideologie war durch
die einfache Ehrlichkeit besiegt worden und ihre Selbstlügen ins Licht der
Wahrheit gestellt.
Aber zurück zu Wilhelm
Busch. Mit der Zeit wurde die kirchliche Jugendarbeit in Deutschland verboten. Busch
verstand es aber fintenreich zu umgehen. Das entging der NSDAP-Kreisleiter
nicht. So schrieb er im Mai 1936 ein Gutachten:
„Busch ist unverbesserlich. Es ist höchste Zeit, dass ihm der Einfluss auf die
Jugend genommen wird. (…) Die politische Zuverlässigkeit wird unbedingt
verneint.“ Idea schreibt weiter, dass er mehrmals im Verlauf der Nazizeit zu Verhören
gezwungen wurde. Er war auch mehrmals vorübergehend inhaftiert.
In der
Idea-Ausgabe sieht man Busch als Prediger vor uniformierten Nazis. Dazu steht
geschrieben: „Busch widersetzte sich den Nationalsozialisten. Am 1. Mai 1933
fand ein Weigle-Haus-Aufmarsch auf dem Essener Burgplatz statt.“
Nach dem zweiten
Weltkrieg war Wilhelm Busch ein überzeugter Pazifist. Mit Gustav Heinemann setzte
er sich in der Adenauer-Ära gegen eine Wiederbewaffnung der Bundesrepublik und
gegen die atomare Aufrüstung ein. Sein „Licht und Leben“-Ausgaben zeugen immer
wieder von dieser seiner Haltung. Allerdings erkannte er auch an, das liebe
Brüder im Glauben, dass auch anders sahen. So schreibt er u.a.:
„Ich habe wirklich
Brüder im Glauben, die meine Ausführungen empörend finden. Sie werden trotzdem meine Brüder sein und ich
der ihrige. Ich sehe also an ihnen, dass man als Christ über die
Aufrüstungsfrage auch anders denken kann. Aber wir wollen uns alle im Folgenden
einig sein: – Dass man in der Gemeinde Jesu über die Fragen sprechen muss; –
dass wir unser Urteil bilden müssen vor Gott, frei von (…) rechthaberischem
Wesen; – dass die Einheit der Gemeinde
Jesu im Glauben gegeben ist.“ Idea stellt dazu fest:
„Und dass Busch
in seinen Predigten oder in seiner Jugendarbeit nicht politisierte, sondern stets
die christliche Heilsbotschaft in den Mittelpunkt stellte, auch das kann als
durchaus nachahmenswert empfohlen werden.“
Dem kann ich nur
zustimmen: Denn auch das ist der Unterschied zwischen Held und Heilig. Um mit
Zwingli zu sagen: Menschliche Gerechtigkeit verdient im Angesicht der
göttlichen Gerechtigkeit nicht einmal das Wort Gerechtigkeit. Aber in dieser
Zwischenzeit leben wir in einer solchen Welt. Und zum Denken gehört die
Unterscheidung. Gott schuf die Welt und danach schied er Licht und Dunkel usw.
In dieser Art Denken sind wir Gott ähnlich (= nicht Gott, aber ähnlich), als
seine Ebenbilder.
Gerade in Corona-Zeiten scheint mir das auch
sehr wichtig.
Wilhelm Busch
fand in den Schrecken des ersten Weltkrieges zu einem lebendigen Glauben an
Jesus Christus. 1920 war er Gemeindepfarrer in einem Bergarbeiterbezirk in
Essen. Ab 1930 war er Jugendpfarrer und Leiter des Essener Jugendhauses, dass
später Weigle-Haus genannt wurde. Während des Nationalsozialismus war er
Anhänger der Bekennenden Kirche. 1967, nach seinem Tode, erschien sein
berühmtes Buch „Jesus uns Schicksal“ mit 17 evangelistischen Vorträgen von ihm.
Als Vater hatte
er mit seiner Frau vier Töchter und zwei Söhne. Ein Kind starb im Kleinkindalter
und ein anderes starb als Soldat in Russland.
Dieser Beitrag
stammt von Herrn Matthias Hilbert, Idea 13.2022, Seite 24 und 25. Herr Matthias
Hilbert ist Lehrer und 2021 ein Buch „Unvergessene Pastoren und Evangelisten.
Sechs Lebensbilder“ im Adlerstein-Verlag veröffentlicht:
BoD 132 Seiten
ISBN 978-3-7534-4223-5, Euro 9,90
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